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22.03.2007
Der Kardinal und die geheimnisvolle Suche
nach Gott
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Friedberg (naktuell.de). Karl Kardinal Lehmann, der Bischof von Mainz, hat sich am Donnerstagabend, 15. März 2007, in der mit rund 500 Zuhörern überfüllten katholischen Heilig-Geist-Kirche im hessischen Friedberg als ein glaubensstarker und geheimnisvoller Spurenleser vorgestellt. Auch neuapostolische Christen hatten den Weg in das Gotteshaus gefunden, um dem katholischen Oberhirten zuzuhören.
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Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz sprach im Rahmen einer von mehreren katholischen und evangelischen Gemeinden veranstalteten Vortragsreihe über die Frage »Wer ist Gott?«. Seinen Vortrag hatte der Bischof um den Zusatz »Die Suche der Menschen und die Antwort des Glaubens« ergänzt. Der örtliche Pfarrer Michael Ritzert begrüßte Lehmann mit der Bemerkung, er sei wahrscheinlich einer der populärsten Katholiken in Deutschland.
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Gott hat seine eigene Sphäre
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Das Wort »Gott« sei eigentlich »ein gewöhnliches Wort, eins unter vielen Wörtern«, äußerte Lehmann gleich zu Beginn seiner Ausführungen. Es sage zunächst gar nichts Besonderes über das Gemeinte aus und sei auch nicht wie ein Zeigefinger, der auf bekannte Dinge wie einen Baum, Tisch oder auf die Sonne hinweisen könne. Darum, so Lehmann, sei das Wort »Gott« »immer auch ein bisschen leer«. Und im alltäglichen Leben habe es manchmal sogar einen sehr abgenutzten Sinn. »Mein Gott« könne jeder sagen, auch wenn er gar keinen Bezug zu Gott habe. Erst wenn man genauer hinter die Bedeutung des Wortes blicke, so fülle es sich mit jener Ganzheitlichkeit, die den Menschen zeige, wo sie herkämen und wohin sie gingen. Selbst jene, die Existenz Gottes ablehnten, müssten seinen Namen in der Verneinung gebrauchen. Das Wort »Gott« bleibe also sprachlich präsent, man könne es also nicht einfach eliminieren, meinte Lehmann.
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Gott sei für die Menschen unbegreiflich, voller unendlicher Geheimnisse, der »seine eigene Sphäre« und in der Geschichte sehr oft verborgen gewirkt habe, erläuterte der katholische Oberhirte. Die göttliche Sphäre, so Lehmann weiter, könne man auch als »das Heilige« bezeichnen, das den Menschen entzogen sei und das sie nicht beherrschen könnten. Gott sei auch »das Unverfügbare, oder (…) das ganz Andere, der ganze Andere, den wir nicht einfach verrechnen können mit dem, was wir aus unserem Alltag kennen, der immer wieder für Überraschungen gut ist.«
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Dürfen wir zu Gott einfach »Vater« sagen?
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Lehmann äußerte, es gebe zudem in der Heiligen Schrift viele Beispiele für eine »Ambivalenz der Rede über Gott« und er fragte: »Dürfen wir zu Gott einfach ›Vater‹ sagen?« Oftmals werde dieser Vater aus dem Blickwinkel und nach dem Muster von menschlichen Erfahrungen betrachtet und gedacht, wo es auch Despoten, schlimme Patriarchen und Willkür gebe. So dürfe Gott als Vater nicht gedacht werden. »Vater heißt aber auch, dass wir im Ursprung von ihm herkommen, dass wir immer wieder seine Güte und seinen Schutz erfahren, dass wir uns ihm verdanken«, sagte Lehmann.
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Genauer betrachtet habe dieser Gott-Vater »auch in der Heiligen Schrift schon Züge des Mütterlichen in sich aufgenommen«. Und mit Verweis auf den Weltkatechismus der katholischen Kirche äußerte der Kardinal, dort werde in einem eigenen kleinen Absatz über Gott als Vater gesagt, »dass Gott auch mütterliche, frauliche Züge hat, dass weder dass Mannsein noch das Frausein einfach ausreichen, um zu sagen, wer Gott ist und wie er ist; sondern dass wir immer wieder an diesen Krücken menschlicher Worte entlang gehen müssen, um uns mit ihnen aufzuschwingen, um einzelne oft blitzartige Einblicke zu haben in das, was Gott ist, noch mehr, wer er ist.«
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»Gott bleibt nicht einfach der Schweigende«
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Unter dem Aspekt »Geheimnis und Offenbarung« schilderte Lehmann dann, dass es zwar Millionen Menschen gebe, für die sich Gott dadurch auszeichne, dass er immer schweige. Gott bleibe aber »nicht einfach der Schweigende«. Götter, so Lehmann, müssten nicht immer reden, sie könnten auch schweigen und bräuchten keine Worte. In der Bibel werde auch das Schweigen Gottes thematisiert. Aber Gott könne das Schweigen brechen und trete aus seiner Herrlichkeit heraus, indem er spreche.
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»Indem er spricht, teilt er sich selbst mit, offenbart sich, gibt uns von dem, was in ihm selber ist. Und dies nennen wir dann ganz wörtlich Offenbarung«. Ohne Geheimnis gebe es keine Offenbarung. Darum habe Gott auch »eine letzte Freiheit«, ob und wie er sich in der Offenbarung der Welt zuwende. »Dass Gott spricht, dass Gott aus seinem seligen Geheimnis heraus sich uns Menschen überhaupt zuwendet, dass das heilige Geheimnis in die Nähe von uns Menschen kommt: das ist das Wunder der Offenbarung. Das ist eigentlich Gnade«, so Lehmann.
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»Jesus offenbart das wahre Antlitz Gottes«
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Im weiteren Verlauf sprach Lehmann von drei »Grundgeheimnissen«, die die Theologie kenne: die Dreifaltigkeit Gottes, die Menschwerdung Jesu Christi und die Nähe seiner Gnade. Trinität, Inkarnation und Gnade, das sei »eine ganze besondere Verdichtung des Geheimnisses in den Geheimnissen«. »Das heilige Geheimnis ist uns in Gott gegeben«, sagte Lehmann. Wenn es so in die Nähe der Menschen komme, wie es der Glaube sage, dann sei dies stets ein Wunder. Dieses Geheimnis Gottes sei in der Erfahrung der Menschwerdung Jesu Christi, der Gnade, der Sakramente in einer besonderen Weise anschaulich. Das Wunder bestehe immer darin, »dass der unbegreifliche Gott sich uns in die Nähe schenkt«. So führe die Anschauung Gottes immer tiefer hinein in das Geheimnis Gottes, und dies sei »nichts anderes als Seligkeit«.
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In allen Funktionen und Aufgaben komme es letztlich doch vor allem immer wieder darauf an, »dass wir zu diesem Geheimnis Gottes führen«. Je tiefer man Gott verstehe, umso mehr wisse man, dass man ihn im Nichtbegreifen mehr verstanden habe, sagte Lehmann. Geheimnisse müsse man hüten und pflegen, was der Bischof als Gegenteil zum Entdecken, Entlarven, Zergliedern und Zerstückeln verstanden wissen wollte. »Das Geheimnis hütet das Gottsein Gottes. Gott bleibt nur er selber im Geheimnis«, äußerte Lehmann selbst geheimnisvoll.
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In seinem Vortrag sprach der Kardinal auch über Jesus, der in seinem Tun und Predigen das wahre Antlitz Gottes offenbare, weil er »die unter den Menschen aufgerichteten Zäune zwischen den Fernen und den Nächsten, den Freunden und den Feinden, den Schwarzen und den Weißen, den Armen und den Reichen« einreißen wolle. Im Unterschied zu den Jüngern habe nur Jesus allein Gott mit »Abba, Vater« angesprochen, eine Bezeichnung, die von Vertrautheit und Nähe, von einem vertrauensvollen »Sichgeborgenwissen« sowie von einer solchen Intimität und Innigkeit der Beziehung zeuge. Bei aller Nähe bekunde Jesus damit aber auch Abstand, Respekt, Gehorsam und Gehorsam.
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Die Allmacht Gottes
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Auf die Bedeutung des Begriffs vom allmächtigen Gott ging Kardinal Lehmann ebenfalls ein. Man dürfe Gottes Allmacht »nicht als Steigerung weltlicher Herrschaft denken«. Die menschlichen Erfahrungen mit Unterdrückung und Überwältigung dürften nicht Ausgangspunkt und Maß für das Denken von Gottes Allmacht sein. Er stehe über den Gegensätzen von Macht und Ohnmacht. Allmacht, so Lehmann, habe nichts mit Beliebigkeit und Willkür zu tun. Allmacht dürfe man »nur von der Einzigartigkeit Gottes her denken«.
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»Seine Allmacht erdrückt uns nicht, sondern gewährt uns Raum, Selbständigkeit und Freiheit.« Gottes Allmacht, so der Mainzer Bischof, sei »die Macht seiner Liebe«. Und die Menschwerdung Jesu sei »der höchste Ausdruck solcher Macht«. Jesus habe in seinem Leben und Sterben diese grenzenlose Kraft der Liebe leibhaftig erwiesen. Eine solche Liebe erleide und ertrage alles. Eine Liebe, die selbst den Tod nicht scheue, sei auch stärker als dieser selbst. »Am Ende ist nur die frei geschenkte Liebe allmächtig.« Darum, so Lehmann, gebe es auch die inständige Bitte, Gott möge alles wenden. Daher bete Jesus in äußerster Bedrängnis: »Vater, alles ist dir möglich« (Markus 14,36).
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Auf die Frage einer Zuhörerin, wie man Menschen erklären könne, dass es Gott gebe, sagte Lehmann, es sei keine Selbstverständlichkeit, dass man Gott erfahre. Er rate jedoch dazu, nach Gott immer wieder zu suchen. Wer nichts suche, der könne auch nichts überraschendes Neues finden. Mit einem an den allmächtigen Gott gerichteten, innigen Gebet und Segensworten beendete Lehmann den Vortragsabend über die geheimnisvolle Frage »Wer ist Gott?«.
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Jens Joachim, 22.03.2007
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Hintergrund
Lebenslauf von Karl Kardinal Lehmann, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz
www.dbk.de/… (PDF-Datei)
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