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04.03.2011 |
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»Entschlafenenwesen
zeigt
die
enorme |
Autorität des Apostelamts« |
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Dr. Andreas Fincke, langjähriger
Referent der Evangelischen Zentralstelle
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für Weltanschauungsfragen (EZW), berichtet von Eindrücken als
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Beobachter
bei
einem Entschlafenengottesdienst mit Stammapostel Leber
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Bild: NAK
Berlin/Brandenburg .
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GAST-BEITRAG
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VON DR.
ANDREAS FINCKE |
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I
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m November 2010 besuchte das Oberhaupt der
Neuapostolischen Kirche (NAK), Stammapostel Wilhelm Leber, die
Hauptstadt. In Berlin-Charlottenburg hielt er mit |
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zahlreichen weiteren Amtsträgern den sogenannten
»Gottesdienst für die Entschlafenen«. Dreimal
jährlich feiert die NAK einen solchen Gottesdienst, in dem nicht
nur der Verstorbenen gedacht wird, sondern ihnen auch stellvertretend
die Sakramente gespendet werden. |
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Bereits eine halbe Stunde
vor Beginn des Gottesdienstes hatte die Gemeinde die Plätze
eingenommen. Es herrschte eine erwartungsvolle Stimmung. Um 10 Uhr
begann der Gottesdienst mit dem Einzug der Amtsträger. Die
Gemeinde sang begleitend das Lied »Sei uns gegrüßet Du
Fürst des Lebens / Jesus erstandener Siegesheld / … Du brichst auf
ewig des Todes Ketten / willst auch als Fürst des Lebens heut /
Menschen von Sünden und Tod erretten / in der Apostel
Wirksamkeit«. Diese kleine Szene, der Einzug der Amtsträger
in Verbindung mit dem Lied, fasst das Selbstverständnis der NAK
sehr schön zusammen. Das Amt der Apostel genießt
höchstes Ansehen. Im 5. Glaubensartikel heiß es: »Ich
glaube, dass die von Gott für ein Amt Ausersehenen nur von
Aposteln eingesetzt werden und dass aus dem Apostelamt Vollmacht,
Segnung und Heiligung zu ihrem Dienst hervorgehen.« Ein
Gottesdienst wird üblicherweise als segensreich empfunden – ein
Gottesdienst mit dem Stammapostel gilt als besonders segensreiches
Ereignis. |
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Nebenstehender
Text
ist eine Veröffentlichung aus
der Zeitschrift »Materialdienst« der Evangelischen
Zentralstelle für Weltanschauungs-
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fragen
(EZW),
Ausgabe
02/2011,
dort
erschienen unter der Über-
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schrift
»Ein
Gottes- |
dienst
mit
dem Stammapostel«. |
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ezw-berlin.de |
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In den
Mittelpunkt seiner Predigt stellte Leber einen Vers aus dem ersten
Petrusbrief, bei dem es sich um eines der Bibelworte handelt, mit denen
die NAK ihr Entschlafenenwesen begründet: »Denn dazu ist
auch den Toten das Evangelium verkündigt, dass sie zwar nach
Menschenweise gerichtet werden im Fleisch, aber nach Gottes Weise das
Leben haben im Geist« (1. Petrus 4,6). Indem das Wort sage, dass
den Toten das Evangelium verkündigt werde, weise es über den
Tod hinaus: »Wo eine Verkündigung ist, da muss auch die
Änderung eines Zustandes möglich sein, sonst hat das
Verkündigen keinen Zweck«, so der Stammapostel. Diese
Änderung, hin zum ewigen Leben, führe über Jesus
Christus: »Das muss alles über den Sohn Gottes gehen, ohne
ihn kommt niemand zum ewigen, zum wahren Leben. Sein Opfer, sein
Verdienst, das ist das Lebenselixier.« Daher liege der Gedanke
nahe, dass auch die Sakramente der jenseitigen Welt zugute kommen
sollten. Leber räumte in seiner Predigt jedoch ein, dass diese
Konsequenz im biblischen Text nicht explizit gezogen wird;
wörtlich sagte er: »Das ist alles in dem Wort angelegt,
nicht ausgeführt, aber in Ansätzen erkennbar.« |
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Im weiteren Verlauf seiner Predigt warb
Leber darum, den »unerlösten Seelen in der Ewigkeit«
mit bedingungsloser Liebe entgegenzutreten und fürbittend für
sie einzutreten. Er nannte unter anderem Menschen, die in den
vergangenen Monaten bei Naturkatastrophen ums Leben gekommen sind. Auf
die Frage,
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warum Gott solche Unglücke
zulasse, habe auch er keine Antwort. »Aber unser Vertrauen in den
Herrn sagt uns, dass er letztlich doch Gedanken des Friedens
hat.« Dies zu erkennen sei im Blick auf jene, die so aus dem
Leben gerissen würden, aber sehr schwer. Weiter sah er unter den
unerlösten Seelen Menschen, die sich das Leben genommen haben,
sowie Konfessionslose, die er als »im Jenseits
orientierungslos« bezeichnete. Ausdrücklich sei darauf
hingewiesen, dass Stammapostel Leber nicht gesagt hat, es seien die
Seelen all jener orientierungslos, die zu Lebzeiten nicht
neuapostolisch waren. Es mag sein, dass mancher Neuapostolischer so
denkt und zweifellos hat die NAK das viele Jahrzehnte so gemeint; in
dem von mir besuchten Gottesdienst wurde dieser Heilsexklusivismus
expressis verbis jedenfalls nicht ausgesprochen.
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Höhepunkt des
Gottesdienstes war die stellvertretende Spendung der drei Sakramente
(Taufe, Versiegelung, Abendmahl) für die Entschlafenen. Dazu
heißt es in dem Grundsatzpapier »Der Jenseitsglaube der
neuapostolischen Christen« (2005): »Zu den Höhepunkten
im neuapostolischen Gemeindeleben zählen die Gottesdienste
für Entschlafene … Der Stammapostel, der Bezirksapostel oder der
dazu beauftragte Apostel spenden an diesen Tagen Heilsverlangenden je
nach deren Glauben die Sakramente: einigen die Heilige Wassertaufe,
einigen die Heilige Versiegelung und allen das Heilige Abendmahl. Die
Handlungen werden stellvertretend an zwei Amtsträgern
vollzogen.« |
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Theologische und seelsorgerliche Aspekte
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Eine solche stellvertretende Sakramentsspendung ist in
der Christenheit
unüblich. Daher ist der Entschlafenendienst der NAK
erklärungsbedürftig. In dem bereits erwähnten Papier
wird 1. Korinther 15,29
bemüht, wo es heißt: »Was machen sonst, die sich
taufen lassen für die
Toten, wenn die Toten überhaupt nicht auferstehen? Was lassen sie
sich
taufen für die Toten?« Aus dieser Stelle leitet die NAK den
Auftrag ab,
»nicht nur die Heilige Wassertaufe, sondern konsequenterweise
auch die
Sakramente der Heiligen Versiegelung und des Heiligen Abendmahls den
Entschlafenen zu spenden«. Die Bibelstelle ist sicher nicht
leicht zu
verstehen. Wir erfahren aber viel zu wenig über den fremden
Brauch, um
von dieser einen Stelle eine Taufe für die Verstorbenen herleiten
zu
können. Zwar wurde das in der alten Kirche gelegentlich so
verstanden
(»Vikariatstaufe«), aber der Kontext unserer Stelle zeigt,
dass über
die Frage der Totenauferstehung diskutiert wird (1. Korinther 15,12).
Paulus
argumentiert: Gäbe es keine Auferstehung der Toten, dann
hätte die von
manchen geübte |
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Über den
Autor
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Dr. Andreas Fincke ist
evangelischer
Pfarrer und promo- |
vierter Theologe.
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Von 1992 bis 2007
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war er als wissen-
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schaftlicher Referent bei der Evangelischen
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Zentralstelle für
Weltanschauungs-
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fragen (EZW) für die
christlichen Sondergemein-
|
schaften zuständig. |
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Vikariatstaufe gar keinen Sinn, da sie das
Fortleben nach dem Tode voraussetzt. Die Intention der Bibelstelle ist
also nicht
eine Aussage über die Taufe für die Verstorbenen, sondern die
Erläuterung der Auferstehung. Es erscheint nicht
sachgemäß, aus dieser
Stelle die Zustimmung des Apostels Paulus zur stellvertretenden Taufe
abzuleiten. (Übrigens begründet auch die »Kirche Jesu
Christi der
Heiligen der Letzten Tage« – Mormonen – ihre stellvertretende
Taufe mit
dieser Bibelstelle.) |
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Selbst wenn
man die biblische Begründung und die Praxis der stellvertretenden
Sakramentsspendung kritisch sieht, kann man versuchen, das Ritual zu
verstehen. Dabei sind die seelsorgerliche und die theologische Ebene
auseinanderzuhalten. Unter seelsorgerlichem Aspekt könnte man
versuchen, die Handlung im weiteren Sinn als eine Segenshandlung
für die Verstorbenen zu interpretieren.
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Solche
Segenshandlungen wie Fürbitten für Verstorbene, aber auch
Messen für Verstorbene (sog. »Messen für die armen
Seelen«) kennt auch die römisch-katholische Kirche. Die
Lehre vom Fegefeuer impliziert schließlich die Vorstellung, dass
Lebende etwas für die Verstorbenen tun können. Im Katechismus
der katholischen Kirche (1997) heißt es: »Schon seit
frühester Zeit hat die Kirche das Andenken an die Verstorbenen in
Ehren gehalten und für sie Fürbitten und insbesondere das
eucharistische Opfer dargebracht, damit sie geläutert werden und
zur beseligenden Gottesschau gelangen können.« |
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Auch die orthodoxen Kirchen kennen Beistandshandlungen
für die Verstorbenen. So sind Fürbitten für Verstorbene
wichtige Elemente der Gebetspraxis. Wenn der Priester im Gottesdienst
die eucharistischen Gaben vorbereitet, ordnet er um das große
Brotstück, das später konsekriert wird, kleine Brot-Partikel,
die er aus den von den Gläubigen erworbenen
»Prosphoren« schneidet, auf dem goldenen Teller an. Sie
sind gedacht zum Gedenken an Heilige und die von den Gläubigen
genannten Lebenden und Verstorbenen als Zeichen der Gemeinschaft der
Kirche über Raum und Zeit hinweg. Auch der orthodoxe
Beerdigungsgottesdienst ist keine tröstliche
»Trauerfeier« für die »Hinterbliebenen«,
sondern eine einzige große Fürbitte für die
Verstorbenen, denen die Lebenden in zahlreichen Gebeten ihre Stimme
leihen. |
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Weltanschauliche Einordnung
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Zweifellos sind die
beschriebenen Elemente aus der katholischen und der orthodoxen
Tradition nicht mit einer stellvertretenden Sakramentsspendung zu
vergleichen. Sie erhellen jedoch den Hintergrund des NAK-Rituals. Wenn
Gott ein Gott der Lebenden und der Toten ist, dann geht es (auch)
darum, dass die Lebenden für die Toten eintreten. |
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Im Gottesdienst für die Entschlafenen werden
dessen ungeachtet auch die theologischen Sonderlehren der NAK deutlich.
Dass nur der Stammapostel und die Apostel die Vollmacht zum
Erlösungsdienst an den Toten haben, unterstreicht ihre
herausragende Stellung. In dem bereits erwähnten Text der NAK
heißt es: »Durch die Apostel, die nicht nur in
urchristlicher Zeit, sondern auch in unserer Zeit wirken, verschafft
Christus den Lebenden und den Toten den Zugang zur Gnade Gottes.«
Damit bedarf Christus in seinem Erlösungshandeln der Mithilfe
durch die (neuapostolischen) Apostel. Dazu der Vorsitzende der
Projektgruppe Ökumene der NAK, Volker Kühnle, in einem
Arbeitspapier: »Die Apostel sind die Gesandten Christi, die wie
er in die Bereiche der Toten hineinzuwirken vermögen. Mit seiner
Vollmacht ausgestattet, vermitteln sie den Zugang zu den Verdiensten
Christi zum Wohl für die gesamte Menschheit – also für
Lebende und Tote.« An der Praxis des Entschlafenenwesens wird
also die enorme Autorität des Apostelamts erneut sichtbar. |
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Bei allen Fragen und
Anmerkungen, die man zweifellos formulieren muss, ist festzuhalten: Die
NAK befindet sich in einem Wandlungsprozess. Der Reformprozess
führt zu einem neuen Nachdenken über theologische Fragen. Er
könnte auch zu einem neuen Nachdenken über die Sakramente
für die Verstorbenen und deren Begründung aus dem Apostelamt
führen. |
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Dr.
Andreas Fincke, 04.03.2011
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Ein
Beitrag aus dem
»Materialdienst« der EZW, Ausgabe 02/2011 (Quelle: ezw-berlin.de).
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Übernahme mit
freundlicher Genehmigung. |
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