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28.06.2010 |
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Ein Schritt in die richtige Richtung
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aber leider zu kurz |
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Kommentar zum geänderten Glaubens- |
bekenntnis der Neuapostolischen Kirche |
aus evangelischer Sicht, |
von Dr. Harald Lamprecht, Beauftragter |
für Weltanschauungs- und Sektenfragen |
der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens |
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D |
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ie Neuapostolische Kirche (NAK) befindet sich im Umbruch. So konnte
man es mancherorts hören. Aber dieser Ausdruck passt wohl nicht ganz,
denn die |
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verantwortlichen Amtsträger achten offenbar sehr – zu sehr? –
darauf, dass es eben kein Umbruch wird, der auch mit Abbruch und großen
inneren Rissen einhergehen würde. |
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Um das große Gebäude zu erhalten, kann es nur mühsam
und um kleine Strecken verschoben werden. Die bewältigten Entfernungen
sind daher nur kurz und es bleibt noch ein Stück Weg bis zur Ankunft
in der Gemeinschaft der christlichen Kirchen. Immerhin, die Richtung stimmt:
Die Bewegung erfolgt auf die übrigen christlichen Kirchen zu. Das
ist bei der Veröffentlichung des neuen Glaubensbekenntnisses der Neuapostolischen
Kirche am 6. Juni 2010 deutlich geworden. |
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Vorab-Katechismus |
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Diese Veröffentlichung ist gewissermaßen als Auszug aus
dem noch in Arbeit befindlichen neuen Katechismus der NAK zu verstehen.
Seit etlichen Jahren ist die NAK lehrmäßig etwas in der Schwebe:
Vom alten Text »Fragen und Antworten zum Neuapostolischen Glauben«
heißt es seit längerem, er sei nicht mehr aktuell. Neue offizielle
Lehraussagen sind zu einzelnen Punkten immer mal wieder verkündet
und auf der Internetseite der NAK International dokumentiert worden. Eine
Neufassung des Katechismus gestaltete sich aber schwieriger und dessen
Erscheinungstermin wurde immer wieder verschoben. |
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Darum stand das theologische Gespräch mit der NAK vor der Schwierigkeit,
dass niemand (auch nicht die Amtsträger der NAK) zu manchen Fragen
mit Sicherheit sagen konnten, was dazu in der NAK gilt. Diese Unsicherheit
ist nun etwas reduziert. Jetzt weiß man wieder, woran man ist – für
die einen zur Freude und für die anderen zum Ärgernis. Die Vorabveröffentlichung
des Glaubensbekenntnisses lässt zugleich eine Ahnung davon gewinnen,
was von dem neuen Katechismus zu erwarten ist und was auch nicht. |
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Freude und Enttäuschung |
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Das erneuerte Glaubensbekenntnis weist eine Reihe von Änderungen
auf. Die meisten substanziellen Änderungen – das sei zunächst
ausdrücklich festgestellt – bewegen die NAK ein Stück auf die
anderen Kirchen zu. Im Verhältnis zu den früheren offiziellen
Lehraussagen stellt das neue Glaubensbekenntnis also durchaus eine spürbare
Verbesserung dar. |
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Das gilt allerdings nicht im Verhältnis zu manchem, was bereits
in einigen neuapostolischen Gemeinden geglaubt und gelebt wird. Die empfundene
und praktizierte Ökumene ist mitunter viel weiter gediehen, als es
das nun verkündete Glaubensbekenntnis wahr haben will. Von daher wird
verständlich, dass es nicht wenige enttäuschte Stimmen gibt,
die das neue Glaubensbekenntnis als Rückschritt erleben und als Rückfall
in eine bereits überwunden geglaubte Selbstisolation betrachten. |
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Artikel und Kommentar |
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In der eigenen Vorstellung hat die NAK darauf verzichtet, der Neufassung
die bisher geltende Version gegenüberzustellen. Statt dessen ist der
veröffentlichten Version der neuen Glaubensartikel ein wohlüberlegt
gestalteter 14seitiger Kommentar beigefügt, der die Artikel interpretiert
und erläutert. Daraus entsteht die an manchen Stellen interessante
Frage, ob dem Kommentar eine ähnliche Verbindlichkeit wie den Glaubensartikeln
zukommt oder wie groß das Autoritätsgefälle zwischen beiden
Texten ist. Das ist immer dann von Interesse, wenn der Artikeltext auch
ein anderes Verständnis zulässt, als es der Kommentar vorgibt. |
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Dem Kommentar vorangestellt ist eine Vorbemerkung, welche die bedeutsame
Aussage enthält, dass die 10 Glaubensartikel »die altkirchlichen
Bekenntnisse [d.i. Apostolicum und Nizänum] nicht ersetzen oder abmindern«
sollen. Aufmerksame Leser können auch eine sprachliche Nuance entdecken,
die eine Vorrangstellung der ersten drei Artikel zeigt: Bei diesen heißt
es »Ich glaube an…«, bei den weiteren Artikeln »Ich glaube,
dass…«. |
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Eine Veröffentlichung aus
der Zeitschrift »Confessio«, Ausgabe 03/2010, herausgegeben
vom Evangelischen Bund Sachsen |
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confessio.de |
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Apostolnicänum |
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Die ersten drei Artikel entsprechen jetzt noch etwas weiter als früher
dem in allen Kirchen des Westens gesprochenen Apostolicum. Es fehlt lediglich
die eschatologische Aussage, dass Christus wiederkommt »zu richten
die Lebenden und die Toten«. Diese fehlt bereits seit 1971, denn
dafür hat die NAK ja einen eigenen detaillierteren Endzeitfahrplan
in Artikel 9 entworfen. |
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Im dritten Artikel galt in der Bezeichnung der Kirche bislang die Ersetzung
von »christlich« bzw. »katholisch« durch »apostolisch«,
was der Aussage einen deutlich exklusiven Zug gab. Dafür wurde jetzt
die Formulierung aus dem Glaubensbekenntnis von Nizäa verwendet: »die
eine, heilige, allgemeine und apostolische Kirche«. Dies ist positiv
zu werten, denn es könnte eine Öffnung für das Verständnis
bedeuten, wie es z.B. in der Evangelischen Kirche gepflegt wird, die sich
auch als in der Lehre der Apostel stehend versteht. |
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Leider grenzt der Kommentar an dieser Stelle – neben dem Verweis |
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auf die Lehrtradition – wieder zu sehr auf das erneuerte Apostelamt
ein, ohne einen Gedanken darüber zu verlieren, wie die Kirche 1800
Jahre ohne dieses Amt bestanden hat. Noch problematischer ist im Kommentar
die Gleichsetzung der »Gemeinschaft der Heiligen« mit der Brautgemeinde
und anderen Bildworten aus der Johannesapokalypse, die in neuapostolischer
Interpretation stets von einem exklusiven Verständnis geprägt
sind. |
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Nur Apostel |
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Ökumenische Sperrschilder stehen mit unverminderter Deutlichkeit
in den Artikeln 4 und 5. Artikel 4 handelt von der Sendung der Apostel
und hat außer einer Wortumstellung keine Änderung erfahren.
Der 5. Artikel ist gegenüber früher nur leicht gemildert. Hieß
es früher, dass »sämtliche Ämter in der Kirche Christi
nur von Aposteln erwählt und in ihr Amt eingesetzt werden«,
so wird jetzt immerhin Gott zugestanden, dass er Menschen für bestimmte
Ämter erwählt. An der Praxis ändert das aber nichts, da
es dabei bleibt, dass die von Gott erwählten »nur von Aposteln
eingesetzt werden« und alle Ämter und Dienste aus diesem Apostelamt
hergeleitet werden. |
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Das kleine Wörtchen »nur« ist es, welches in der Außenwirkung
allen anderen Kirchen von Gott legitimierte Ämter abspricht. Da ist
es nur ein schwacher Trost, wenn Apostel im Gespräch betonen, diese
Artikel seien mehr nach innen gemeint und wollten die interne Amtsgliederung
beschreiben. Das wäre auch ohne das Wörtchen »nur«
ausreichend möglich gewesen. |
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Sakramente |
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Artikel 6 bis 8 behandeln die drei neuapostolischen Sakramente, wobei
Taufe (6) und Versiegelung (8) in einen engeren Verhältnis zueinander
stehen. |
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Positiv zu bewerten ist, dass die Aufnahme in die Gemeinschaft der
Christen nicht mehr erst mit der Versiegelung, sondern bereits mit der
Taufe erfolgt. Auch wenn die alte Formulierung »Leib Christi«
in »die Gemeinschaft derer, die an Jesus Christus glauben und ihn
als ihren Herrn bekennen« sprachlich aufgelöst wurde, bleibt
der Sinngehalt eindeutig: Christ wird man mit der Taufe – in allen Kirchen.
Problematisch ist nach wie vor die Entwertung der Taufe, indem die Gabe
des Heiligen Geistes ohne biblische Rechtfertigung an die nachfolgende
Versiegelung durch einen Apostel gebunden bleibt. Erst diese bewirke die
»Gotteskindschaft« und – so ein im Glaubensbekenntnis neu eingeführter
Begriff – die Voraussetzungen zur »Erstlingsschaft«. Hier bleibt
die NAK auf sich fixiert. |
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Unverständlich bleibt auch, warum im Artikel 7 über das Abendmahl
die Erlaubnis zur Leitung der Abendmahlsfeier von »einem priesterlichen
Amt der Kirche« zu »einem vom Apostel bevollmächtigten
Amtsträger« übergegangen ist. Dies stellt eine neue Hürde
dar. Priesterliche Ämter gibt es auch in anderen Kirchen, die nach
der offeneren nicaenischen Kirchendefinition in Artikel 3 mit im Blick
sein könnten, »vom Apostel« (Singular!) bevollmächtigte
Amtsträger aber nur in der NAK. Die neuapostolische Akzeptanz einer
evangelischen Abendmahlsfeier als Mahl Christi ist mit dieser Formulierung
ausgeschlossen. (Es sei denn, der Apostel erklärt offiziell die ordinierten
Amtsträger der evangelischen Kirche auch für bevollmächtigt…) |
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Weitere substanzielle Änderungen sind nicht erfolgt, sieht man
davon ab, dass im Artikel 9 die »lebenden Brautseelen« durch
die »Erstlinge« ersetzt und die Erwartung eines neuen Himmels
und einer neuen Erde angefügt wurden. |
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Fazit |
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Das veränderte neuapostolische Glaubensbekenntnis hat nicht das
Tor zur Ökumene aufgestoßen. Darum wird das wohl auch von dem
neuen Katechismus realistischerweise nicht zu erwarten sein. Es wurde der
Schlüssel bewegt und die Tür einen Spalt geöffnet. Damit
kann schon etwas Luft ausgetauscht werden. Man kann sich auch dadurch unterhalten.
Aber die Kette bleibt vorgelegt. |
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Für diejenigen, die lieber in einem offenen Haus des Glaubens
wohnen, als in einer Trutzburg, bleibt die Situation unbefriedigend. Die
ökumenischen Gespräche, die Öffnung der letzten Jahre, die
neue Atmosphäre hatten Hoffnung darauf gemacht, dass auch in den oberen
Ebenen dieser streng hierarchisch organisierten Kirche echter Reformwille
vorhanden wäre. Offenbar sind aber die Beharrungskräfte deutlich
stärker, als es die Befürworter einer Öffnung erhofft hatten.
Die immer neue Verschiebung des Katechismus deutet darauf hin, dass unter
den leitenden Aposteln offenbar keine Einigkeit besteht. Solange in den
wohl noch nicht ganz abgeschlossenen Diskussionen nicht nur im Blick auf
die über viele Jahrzehnte von der übrigen Christenheit isolierte
neuapostolische Tradition, sondern im Blick auf die Bibel gestritten wird,
besteht noch Hoffnung. |
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Eine Grundlage ist gelegt, indem die Kirchendefinition die Gemeinschaft
der an Christus Glaubenden im Blick hat und nicht mehr zwingend auf die
NAK enggeführt wird. Vielleicht kann durch den geöffneten Türspalt
noch etwas mehr Frühlingsluft in die Neuapostolische Kirche einströmen,
damit irgendwann auch noch die Kette zurückgelegt werden kann. Es
lohnt sich jedenfalls, dafür zu beten und den Kontakt mit Neuapostolischen
Christen zu suchen. Denn auch das kennt jeder aus der Nachbarschaft: Besuche
können helfen, Isolation zu überwinden. |
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Dr. Harald Lamprecht, 28.06.2010 |
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Eine Veröffentlichung
aus der Zeitschrift »Confessio«, Ausgabe 03/2010, herausgegeben
vom Evangelischen Bund Sachsen (www.confessio.de).
Übernahme mit freundlicher Genehmigung des Autors. |
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