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11.08.2011 |
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Wie ökumenefähig? – Zur
Situation der |
Neuapostolischen Kirche |
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In den vergangenen Jahren hat sich die
Neuapostolische Kirche der
ökumenischen Zusammenarbeit geöffnet. Diese Haltung ist
allerdings innerhalb
der Neuapostolischen Kirche umstritten und stößt zunehmend
an Grenzen.
Klärungen im Selbstverständnis sind jedenfalls
unumgänglich.
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Ein Kommentar von Dr. Christian Ruch,
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Mitglied der
katholischen Arbeitsgruppe
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»Neue religiöse
Bewegungen« der Schweizer
Bischofskonferenz, publiziert in
der Zeitschrift
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»Herder-Korrespondenz« (Nr. 07/2011) |
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GAST-BEITRAG |
VON DR. CHRISTIAN RUCH |
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eit rund
zwölf Jahren ist in der Neuapostolischen
Kirche (NAK) – immerhin eine der größten
Glaubensgemeinschaften Deutschlands –
ein erstaunlicher, bisweilen aber |
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auch
widersprüchlicher und von Rückschlägen
gekennzeichneter Reform- und Öffnungsprozess zu beobachten.
Veranlasst
wurde die NAK dazu aus eigenem Verdruss am »Sektenimage«,
aber auch unter dem
Druck unzufriedener junger NAK-Mitglieder sowie des Trommelfeuers der
im
Internet sehr gut vernetzten Aussteiger. Möglicherweise haben auch
die
sinkenden Mitgliederzahlen in Europa zum Umdenken beigetragen. Ein
wesentlicher
Bestandteil des Öffnungsprozesses ist das Gespräch mit den
beiden großen
Kirchen bzw. der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (ACK). |
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Stammapostel Richard
Fehr, bis 2005 Leiter der NAK, rief 1999 eine »Projektgruppe
Ökumene« ins
Leben. Ihr Auftrag: »Die PG Ökumene soll sich mit den
wesentlichen Lehraussagen
der Neuapostolischen Kirche im Hinblick auf ihre Verträglichkeit
mit der
Ökumene beschäftigen«. Hatte die NAK zu Beginn der
neunziger Jahre noch
erklärt: »Die Neuapostolische Kirche distanziert sich von
der Ökumene. Sie
sieht in ihr keinen geeigneten Weg zum Einssein in Christo«, geht
es ihr nun
darum, nach dem Vorbild der Siebenten-Tags-Adventisten langfristig
Gaststatus
in der ACK zu erhalten. Doch ist sie diesem Ziel unter Fehrs
Nachfolger,
Stammapostel Wilhelm Leber,
inzwischen nähergekommen? |
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Zieht man
eine Art Zwischenbilanz der bisherigen
Kontakte zwischen der NAK und den beiden großen Kirchen, die sich
bisher auf
Deutschland und die Schweiz fokussiert haben, kommt man wohl nicht
umhin
festzustellen, dass sich zumindest auf ACK-Seite mittlerweile eine
gewisse
Ernüchterung bemerkbar macht. Dabei hatte es seitens der NAK
durchaus Signale
gegeben, die hoffnungsfroh stimmten. Anfangs 2006 verkündete sie
eine wichtige
Lehränderung, der zufolge zukünftig jene »Taufen, die
in anderen christlichen
Kirchen formgerecht vollzogen wurden, vollgültig anerkannt«
würden. Zuvor
mussten nicht-neuapostolische Taufen durch einen Apostel der NAK
bestätigt
werden. |
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In
Baden-Württemberg führten die Gespräche zwischen
ACK und NAK zu einer von der Landes-ACK im April 2008 herausgegebenen
»Orientierungshilfe«, die praktische Ratschläge
für den Umgang mit der
NAK vor
Ort geben wollte. Auf ACK-Seite war man über diese Handreichung
jedoch
nicht
nur glücklich. Kritisiert wurde besonders die Aussage, dass es in
der
NAK »bemerkenswerte Lehränderungen etwa im Hinblick auf das
(…) Amt des
Stammapostels und die bis 2006 sehr exklusiv formulierte Heilslehre
gegeben«
habe. Diese wohlwollende Einschätzung wurde von einigen
kirchlichen
Weltanschauungsbeauftragten
dezidiert nicht geteilt. |
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Trotzdem
gelang es der NAK seitdem mehrfach, auf
lokaler Ebene bereits den Gaststatus in der ACK zu erlangen, so etwa in
Memmingen, Aschaffenburg, Hameln, Halle/Saale und Göttingen. Dies
ebenfalls
nicht zur Freude vieler kirchlicher Weltanschauungsbeauftragter, die
darin ein
unüberlegtes Vorpreschen und problematische
Präzedenzfälle sehen. |
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Ein Spagat zwischen Reform und Bewahrung
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Parallel zu
den Gesprächen in Baden-Württemberg kam
es auch in der Schweiz zum Dialog zwischen der Arbeitsgemeinschaft
Christlicher
Kirchen (AGCK) und der NAK, dies zunächst auf informeller Ebene,
ab 2007 dann
auch offiziell. Dabei sollte geprüft werden, »ob und in
welcher Form eine
zwischenkirchliche Zusammenarbeit zwischen der NAK Schweiz und den in
der AGCK
organisierten Kirchen sinnvoll und möglich ist« und
»ob die NAK bereit wäre,
die Selbstverpflichtungen der Charta Oecumenica zu unterzeichnen«
bzw. zu
begründen, »wo das allenfalls und warum nicht der Fall sein
könnte«. |
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Über den
Autor
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Dr.
phil. Christian Ruch (Foto), geb. 1968, Historiker und Soziologe,
Mitglied der katholischen Arbeitsgruppe »Neue religiöse
Bewegungen« der
Schweizer Bischofskonferenz, lebt in Chur.
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Im Laufe der
Gespräche machten die Vertreter der AGCK die
Erfahrung, dass »die Gesprächspartner [auf NAK-Seite] immer
wieder eine größere
Offenheit« zu erkennen gaben »als offizielle Texte der NAK
erwarten ließen«,
wie es im Zwischenbericht heißt. »Zum einen ist dies gewiss
Ausdruck von
Entwicklungen innerhalb der NAK, insbesondere des
Öffnungsprozesses, in dem sie
sich seit einigen Jahren befindet. Zum andern bleibt weiterhin zu
fragen, ob
diese Öffnung, diese Annäherung an die Kirchen der
Ökumene, die von den Gesprächspartnern
vertreten wird, von der NAK auch offiziell unterstützt wird. Zudem
bleibt die
Frage, ob die Sonderlehren der NAK nachhaltig so dem gemeinsamen
christlichen
Bekenntnis untergeordnet werden können, dass sie nicht mehr
absondern, sondern
nur noch das Profil einer besonderen Kirche innerhalb der weltweiten
ökumenischen Gemeinschaft der Kirchen ausmachen.« |
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Da die
NAK-Vertreter immer wieder auf den für 2010
angekündigten, aber wohl erst 2012 erscheinenden Katechismus ihrer
Kirche
hinwiesen, sah man in der Schweiz keine andere Möglichkeit, als
die Gespräche
zu vertagen und erst auf Grundlage dieses angeblich 600 Seiten starken
Dokuments fortzuführen. |
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Die
Erfahrungen der Schweizer Gespräche lassen sich
durchaus auf Deutschland übertragen: Es kommt, z.B. Im Rahmen von
Kirchentagsveranstaltungen oder Tagungen der Evangelischen
Zentralstelle für
Weltanschauungsfragen (EZW), seit einigen Jahren immer wieder zu
Gesprächen
zwischen Landeskirchen und NAK, deren Atmosphäre kaum anders als
offen,
ja fast
freundschaftlich und herzlich bezeichnet werden kann. Doch dürfen
solche »Schönwetterbegegnungen« nicht darüber
hinweg täuschen, dass die
NAK in ihren
nach innen gerichteten Verlautbarungen bisweilen ganz andere Töne
anschlägt und
eine ökumenisch gesinnte Offenheit schmerzlich vermissen
lässt. |
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Ganz offenbar
steckt sie in dem Dilemma, nach außen
Reformen und Öffnung demonstrieren zu wollen, im Inneren aber auf
die
neuapostolische Identität und die Befindlichkeiten eher
konservativer
Kirchenkreise Rücksicht nehmen zu müssen. Dies führt
wiederum dazu, dass
sich
die Leitung der NAK oft genug der Kritik jener reformorientierten
Mitglieder
ausgesetzt sieht, denen der Veränderungsprozess nicht schnell
genug geht. Zudem
führt der offensichtliche Spagat zwischen Reform und Bewahrung auf
landeskirchlicher Seite regelmäßig zu Irritationen, weil
nicht klar ist, was
denn nun eigentlich gilt. |
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Jüngsten
Anlass zu recht großer Irritation bot die
revidierte Ekklesiologie der NAK. Im vergangenen Februar
veröffentlichte sie in
einer Sonderausgabe der »Leitgedanken zum Gottesdienst«,
dem Mitteilungsblatt
für die Amtsträger der Kirche, eine Stellungnahme mit dem
Titel »Die Kirche
Jesu Christi«. Unklar ist dabei, ob sie das vorwegnimmt, was man
auch im neuen
Katechismus der NAK zu lesen bekommen wird. Die Stellungnahme beginnt
eigentlich ganz harmlos: Der Glaubensüberzeugung »Jesus
Christus hat seine
Kirche gestiftet, um dem Menschen zu seinem Heil die Gemeinschaft mit
sich, dem
Vater und dem Heiligen Geist zu schenken«, wird man als Mitglied
einer anderen
Kirche gern zustimmen. Bezug nehmend auf das Glaubensbekenntnis von
Nizäa-Konstantinopel wird anschließend definiert, was unter
der einen,
heiligen, allgemeinen und apostolischen Kirche zu verstehen ist, der
sich
selbstverständlich auch die NAK zugehörig fühlt. |
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Eine problematische
kirchengeschichtliche Selbsteinschätzung
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Was zu den
ersten drei Attributen ausgeführt wird,
ist wiederum relativ unproblematisch und damit wohl auch in einem
ökumenischen
Gespräch anschluss- und konsensfähig – was allerdings zum
Begriff »apostolisch«
erklärt wird, ist aus einer Perspektive jenseits der NAK
dafür umso
fragwürdiger. Es heißt, die Kirche sei apostolisch »in
zweierlei Hinsicht: In
ihr wird apostolische Lehre verkündigt und in ihr wirkt das
apostolische Amt.
Die apostolische Lehre ist die unverfälschte Botschaft von Tod,
Auferstehung
und Wiederkunft Christi. Das apostolische Amt ist das von Christus
gegebene und
vom Heiligen Geist gelenkte Apostelamt mit seinen Vollmachten. Die
Apostolizität der Kirche besteht also darin, dass sie die
Verkündigung der
apostolischen Lehre fortsetzt und darin, dass sich das Apostelamt in
gegenwärtig wirkenden Aposteln geschichtlich verwirklicht.« |
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Demgegenüber hat Reinhard
Hempelmann, der Leiter der EZW, völlig zu Recht darauf
hingewiesen, »dass
die Apostolizität der Kirche ihre Kennzeichen« eben gerade
»nicht in der
Etablierung eines besonderen Apostelamtes hat«, und dies für
»alle ökumenisch
verbundenen Kirchen« gelte. Und für den katholischen
Theologen Siegfried Wiedenhofer sind vielmehr die
»wechselweise aufeinander angewiesenen Funktionen von Heiliger
Schrift,
kirchlicher Glaubensüberlieferung (besonders der Glaubensregel und
des
Glaubensbekenntnisses und Bischofsamt)« die Elemente einer
Apostolizität, die
sich einem zukunftsweisenden ökumenischen Kirchenverständnis
verbunden weiß.
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Daraus folgt,
dass die Mitgliedskirchen der ACK
unter einer apostolischen Kirche etwas völlig anderes verstehen
(müssen) als
die NAK. Auf diesen Punkt hinzuweisen ist sehr wichtig. Denn es gibt
nach
meiner sicher sehr subjektiven Beobachtung auf NAK-Seite immer wieder
die
Tendenz, durch die Verwendung derselben Begriffe vor allem im Dialog
mit
Katholiken einen Konsens zu postulieren, den es aufgrund
unterschiedlicher
Definitionen des Begriffs – wie eben beispielsweise
»apostolisch« – gar nicht
gibt. Ein schönes Beispiel dafür bietet auch die Verwendung
des Begriffs »Petrusdienst«. So heißt es im neuen
Kirchenverständnis der NAK, dass der
Stammapostel, »den Petrusdienst« versehe. Diese Sichtweise
des Stammapostelamts
ist zwar alles andere als neu, doch liegt der Verdacht nahe, dass
die NAK
mit der Verwendung des Begriffs »Petrusdienst« jetzt ganz
bewusst eine
funktionale Nähe zum Papsttum suggerieren will. Dass dies dagegen
auf
evangelischer Seite zu Stirnrunzeln führt, liegt auf der Hand. |
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Wesentlich
problematischer und für die Kontakte zu
anderen Kirchen schädlicher ist jedoch die kirchengeschichtliche
(Selbst-)Wahrnehmung der NAK. Sie gesteht zwar zu, dass »all jene
Menschen, die
im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes getauft sind,
an Jesus
Christus glauben und ihn bekennen«, zu einer »verborgenen
Kirche Jesu Christi«
zählten und nur Gott wisse, wer Teil dieser »verborgenen
Kirche« sei, doch
folgt darauf sogleich das große Aber: »In ihrer
geschichtlichen Verwirklichung
– also in ihrer Sichtbarkeit – wird die Kirche Jesu Christi insgesamt
dem Gebot
der Einheit, Heiligkeit, Allgemeinheit und Apostolizität nicht
gerecht. Dies
ist nicht zuletzt darin begründet, dass das Apostelamt über
lange Zeit keine
und seit dem 19. Jahrhundert nur in einem kleinen Teil der Kirche
Christi
Wirksamkeit entfalten konnte«. Eigentlich ist eine solche Aussage
ziemlich
starker Tobak, denn es scheint doch ziemlich vermessen, die diversen
Irrwege
der Kirche(n) quasi monokausal auf das Fehlen eines Apostelamts
zurückzuführen.
Zumal es bei allen Verfehlungen auf kirchlicher Seite immer wieder
Menschen
gab, durch die der Heilige Geist segensreich wirken konnte. Doch setzt
die NAK
auf ihr Kirchengeschichtsverständnis sozusagen noch eins drauf,
indem sie
folgendermaßen fortfährt: »Da das von Jesus Christus
eingesetzte
bevollmächtigte Amt personal nicht mehr besetzt war, konnten auch
nicht alle Sakramente
gespendet werden. (…) Das Heilige Abendmahl wurde nur noch als
Gedächtnis-,
Gemeinschafts- und Dankesmahl gefeiert, während die wahrhafte
Gegenwart von
Leib und Blut Jesu nicht mehr zustande kam. Durch die Wiederbesetzung
des
Apostelamtes wurden diese Mängel behoben.« |
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Und man täusche sich nicht: Der
NAK geht es
selbstverständlich nicht nur darum, früheres kirchliches
Handeln als mangelhaft
zu denunzieren, sondern auch das, was sich heute in anderen Kirchen
abspielt,
indem das Apostelamt einmal mehr zur conditio sine qua non für die
Verwirklichung des »geistlichen Amts und die rechte
Verwaltung« der Sakramente
erklärt wird, so dass man nur zum Schluss gelangen kann, dass sich
die
Ekklesiologie der NAK weiterhin durch Exklusivität auszeichnet.
Diese »deutlich
formulierte Ausgrenzung aller anderen Kirchen im Abendmahl« sei
für diese »ein
Schlag ins Gesicht«, urteilte denn auch der evangelische Theologe
und
sächsische Weltanschauungsbeauftragte Harald
Lamprecht völlig zu Recht.
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Kritik von der Basis der NAK |
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Hintergrund
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Die
»Herder-Korrespondenz« ist eine unabhängige
Monatszeitschrift aus dem
Herder-Verlag (Freiburg im Breisgau). Sie berichtet seit über 60
Jahren
über Kirche, Religion und Gesellschaft. Die renommierte
»Neue Zürcher
Zeitung« bezeich- |
nete die
»Herder-Korrespondenz« als »katholisches
Intelligenzblatt im besten Sinn«. |
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Internetpräsenz
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der Zeitschrift: |
herder- |
korrespondenz.de |
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Heftige
Kritik hagelte es jedoch auch aus reform-
und ökumeneorientierten Kreise an der NAK-Basis, wo man diese
Ausgrenzung
anderer Glaubensgemeinschaften offenbar immer weniger mit- und ertragen
will.
Bis Mitte März erklärten über 700 Mitglieder, darunter
auch sehr viele
Amtsträger, in einer Art Unterschriftenaktion, »dass weder
unsere Kirche, noch
die Kirchenleitung oder die Apostel abschließend eine Aussage
dazu treffen
können, ob und in welchem Umfang in anderen christlichen Kirchen
und Gemeinschaften
ein geistliches Amt wirkt. Gott allein entscheidet über diese
Frage. Uns steht
es nicht an, hierüber abschließend und ausgrenzend zu
befinden. Gleiches gilt
für die Wirksamkeit des Heiligen Abendmahls. (…) Wenn Gott es
für richtig
erachtet, wird er in anderen christlichen Kirchen und Gemeinschaften
ein
geistliches Amt geben und ein vollwertiges Heiliges Abendmahl
schenken.« |
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Und Michael
Koch
vom selbstkritischen NAK-Forum »Glaubenskultur« kam nicht
umhin, bedauernd
festzustellen: »Noch nie hat sich die Neuapostolische Kirche so
deutlich zu der ›einen‹ Kirche bekannt, zu der sie dazugehört;
aber auch noch nie hat sie sich
so deutlich und lehrverbindlich selbst über andere erhöht.
Damit aber macht sie
den ersten – durchaus anerkennungswürdigen – Teil leider
zunichte«.
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Stammapostel
Wilhelm Leber goss kurz darauf noch
zusätzlich Öl ins Feuer, als er Anfang März
erklärte, dass es »nicht
gut« sei, »wenn solche Sachdiskussionen auf irgendwelchen
privaten
Internetforen
ausgetragen werden. Das hat sich wieder einmal beim
Kirchenverständnis
gezeigt.
Dadurch wird eine Polarisierung hervorgerufen, die nicht im Sinn
unserer Kirche
ist. (…) Private Internetforen haben ein Interesse daran, solche
Diskussionen
noch auszuweiten. So wurden beispielsweise bei der Diskussion um das
Kirchenverständnis Amtsträger im Ruhestand angeschrieben und
mit
Suggestivfragen dazu animiert, auch ihre Stellungnahme abzugeben. Das
ist kein
Prozedere, das der Sache dient.« |
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Gleichzeitig
versuchte Leber die Basis zu
besänftigen, indem er in einer anderen Stellungnahme betonte, dass
»keinesfalls
(…) andere Christen
diskreditiert oder ausgegrenzt werden« sollten. »Die
Souveränität Gottes lassen wir selbstverständlich
unangetastet. Dieser Gedanke
ist so grundsätzlich und wurde so oft
angeführt, dass wir es im Rahmen der vorliegenden Publikation
nicht für nötig
erachtet haben, darauf erneut einzugehen. Um alle Zweifel
auszuräumen, möchte
ich hier noch einmal wiederholen, was längst bekannt ist:
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Ja,
andere – nichtneuapostolische – Christen sind nicht vom Heil
ausgeschlossen. |
Ja, der Geist
Gottes kann auch außerhalb der Neuapostolischen Kirche wirksam
sein. |
Ja, es ist
denkbar, dass auch nichtneuapostolische Christen bei der Wiederkunft
Christi angenommen werden. |
Ja, auch
Geistliche anderer Konfessionen können Werkzeuge in der Hand
Gottes
sein und vielfältige segensreiche Dienste verrichten.« |
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Ganz offensichtlich bewegt sich auch
Stammapostel Leber in
der Quadratur des Kreises zwischen einer Öffnung im Sinne der
Ökumene und der
Wahrung des eigenen Profils. Sehr schön deutlich wird dies auch in
seinen
Statements auf der aktuellen DVD, mit der sich NAK einer interessierten
Öffentlichkeit präsentiert. Es gelte, so Leber, die
neuapostolische »Familie«
in Einheit zusammenzuhalten, aber auch die Ökumene als Zustand
eines »schönen
Miteinanders« anzustreben.
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Wenn es dem
Stammapostel damit ernst ist, muss er
sich allerdings fragen lassen, ob es ein »schönes
Miteinander« eigentlich
verträgt, dass die NAK nun schon mehrfach Kirchengebäude, die
sie nicht mehr
benötigt, ausgerechnet an die Priesterbruderschaft St. Pius X.
verkauft hat.
Insgesamt wurden bereits vier Kirchen in Deutschland und eine in der
Schweiz an
die umstrittenen Traditionalisten veräußert. Zuletzt kam es
in Schlieren bei
Zürich und Köln-Kalk zu solchen Verkäufen, und wie aus
der Homepage der NAK
Nordrhein-Westfalen hervorgeht, sieht man an der NAK-Spitze – ganz im
Gegensatz
zur empörten Basis – offenbar weder den Verkauf an sich noch die
Käufer als
problematisch an. Im Gegenteil: »Dass das traditionsreiche
Gebäude in Kalk auch
künftig von gläubigen Christen als Kirche genutzt wird, freut
Apostel Franz-Wilhelm Otten. ›Mögen sich die
Gemeindemitglieder der Piusbruderschaft dort so wohlfühlen, wie es
die
neuapostolischen Christen viele Jahrzehnte lang getan haben. Ich
wünsche für
alle Aktivitäten Gottes Segen‹, so der zuständige
Apostel«, heißt es auf
besagter Homepage. |
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Wie viel Sonderlehren verträgt die
Ökumene?
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Dabei scheint
es die NAK bisher nicht zu
irritieren, dass sie auf der den Piusbrüdern nahestehenden
Hetzseite »kreuz.net« in der dort üblichen Manier als
»von Menschen erfundene Sekte«
abgekanzelt wird. Im persönlichen Gespräch rechtfertigen
ranghohe Vertreter der
NAK die Verkäufe immer wieder damit, dass es sehr schwierig sei,
für Kirchengebäude
Abnehmer zu finden und man den Dialog des Vatikans mit den
Piusbrüdern als
Indiz dafür genommen habe, dass die Veräußerungen
unproblematisch seien.
Immerhin räumt man inzwischen ein, dass man in diesem Punkt
vielleicht doch
etwas arg naiv gewesen sei. So ist zu hoffen, dass die NAK keine
weiteren
Geschäftsbeziehungen mit einer Gruppierung pflegt, die an ihrer
Spitze
Holocaust-Leugner duldet. Zumal ein solches Verhalten kaum zu den in
freundlicher Atmosphäre geführten Gesprächen mit
Vertretern der römisch-katholischen
Kirche passt. |
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Im April
trafen Apostel Volker Kühnle, so etwas wie der
Chef-Ökumeniker der NAK, und drei
seiner Begleiter mit Kardinal Kurt Koch,
Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der
Einheit der Christen,
zusammen. »Gut eine Stunde tauschten sich die
Gesprächsteilnehmer aus. Die
Neuapostolische Kirche setzt damit ihren Dialog mit der katholischen
Kirche
fort«, meldete die NAK im Internet, nicht ohne stolz darauf
hinzuweisen, dass
Apostel Kühnle Radio Vatikan ein Interview geben durfte. |
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Die
Weltanschauungsbeauftragten der beiden großen
Kirchen lassen sich von solch prestigeträchtigen Begegnungen, die
von der NAK
verständlicherweise an die große Glocke gehängt werden,
nicht beirren, wie sich
auch an einer von der EZW und dem Konfessionskundlichen Institut in
Bensheim
organisierten Tagung Anfang Dezember letzten Jahres in Berlin zeigte.
Bei ihr war
eine gewisse Frustration über die permanent widersprüchlichen
Signale der NAK
und ihren stagnierenden Reformeifer spürbar, die wohl noch etwas
herber
ausgefallen wäre, hätte man ihre neuen Aussagen zum
Kirchenverständnis bereits
gekannt.
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Offenbar hat
die NAK den Verdacht, dass sie das
Gütesiegel »ACK-Gastmitgliedschaft« aus reinen
Opportunitätsgründen anstrebt,
ohne zu substanziellen theologischen Korrekturen bereit zu sein, bisher
nicht
ausräumen können. Auf Seiten der Bundes-ACK sollen nun zwar
ab Herbst in loser
Folge Gespräche mit der NAK geführt werden, diese haben aber
keinesfalls die
Gastmitgliedschaft oder einen sonstigen Status der NAK innerhalb der
ACK auf
Bundesebene zum Ziel. Diese Zurückhaltung ist sehr zu
begrüßen, denn man ist
auf den diversen Ebenen der ACK gut beraten, wenn man die Latte
für die NAK
ganz bewusst nicht zu tief legt und gründlich abklärt, wie
viel Sonderlehren
die Ökumene eigentlich verträgt. |
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Die NAK ihrerseits muss jetzt endlich
einmal Farbe bekennen,
wie viel Öffnung und Ökumene sie eigentlich will. Mit dem
für nächstes Jahr
angekündigten neuen Katechismus hat sie ausgiebig Gelegenheit dazu
– angesichts
der jüngsten Verlautbarungen ist jedoch zu fürchten, dass sie
den »ökumenischen
Eignungstest« auch dann nicht bestehen wird. Oder wie es der
bereits erwähnte
Michael Koch offenbar sehr enttäuscht über seine Kirche
formulierte: »Anhand
ihrer Lehre ist die NAK nach wie vor nicht ökumenefähig. Sie
befindet sich
immer noch auf dem Stand der neunziger Jahre, von kleinen Korrekturen
hier und
da abgesehen.« Dieser Einsicht kann derzeit leider kaum
widersprochen werden.
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Dr.
Christian Ruch, 11.08.2011
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Quelle: Herder-Korrespondenz,
Monatshefte für Gesellschaft und Religion, Heft 7, Juli 2011, S.
364–368; |
Übernahme mit freundlicher
Genehmigung des Autors und der Redaktion. |
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