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20.09.2003
Rap-Song wirbt für Toleranz im Glauben
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Der diesjährige Hamburger Jugendtag stand unter dem Motto: „Toleranz im Glauben – bin ich im Glauben tolerant?“. Rund 3.000 Teilnehmer aus Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern kamen am 14. September 2003 ins Congress Centrum Hamburg, um einen Gottesdienst zu feiern und Gemeinschaft zu erleben. Im Rahmen der Feierstunde am Nachmittag sprachen Bezirksapostel Wilhelm Leber und die Apostel Walter Drave (Hamburg), Christian Schwerdtfeger (Nordrhein-Westfalen) und Dewan Chowdhury (NRW, Indien) in einer Talkrunde über das Motto des Jugendtages.
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Toleranz – ein lebenslanger Lernprozess
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Das Schlagwort „Toleranz im Glauben“ definierte Apostel Christian Schwerdtfeger so: „Toleranz ist, den anderen in seiner Andersartigkeit wahrzunehmen, ihn anzunehmen und zu akzeptieren. Damit legitimiere ich auch seinen anderen Glauben. (...) Ich brauche dazu einen eigenen, klaren, festen Standpunkt. Erst dann kann ich auf den anderen zugehen und mit ihm sprechen. Stumme Duldsamkeit ist keine gute Grundlage, um Toleranz zu üben. Das wäre nur ein stilles Hinnehmen von Dingen, die ich bei einem anderen beobachte.“
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Bezirksapostel Wilhelm Leber führte aus: „Toleranz ist eine tägliche Herausforderung. (...) Ich habe festgestellt, wenn ich mein Handeln im Nachhinein an mir vorüberziehen lasse, dass man immer dann droht intolerant zu werden, wenn man nicht mehr sachlich ist. Wenn man mit einer entgegengebrachten Meinung nicht übereinstimmt und es im Inneren kocht, wird man unsachlich. Dann ist man auch intolerant und will dem anderen die Meinung mehr oder weniger aufzwängen. Das ist nicht gut! (...) Das geht auch ins Glaubensleben hinein, wenn man bei Glaubensgesprächen mit irgendeiner Meinung nicht zurecht kommt, wenn unterschiedliche Meinungen aufeinanderprallen und man sich auseinandersetzen muss. Wenn man dann nicht bereit ist, sich in die Welt des anderen hineinzuversetzen, sondern den eigenen Standpunkt unbedingt durchsetzen will, wird man intolerant. (...) Die Grundlage der Toleranz ist Demut. Das spielt in der biblischen Betrachtung eine Rolle. Auf dem Boden der Demut muss man sich (...) in den anderen hineinversetzen. Das gehört unbedingt zur Toleranz dazu. (...) Wenn man das lernt, kann man auch zu einer toleranten Haltung finden. Das ist ein lebenslanger Lernprozess.“
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Toleranz gegenüber Andersgläubigen
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Apostel Walter Drave erzählte von Begegnungen mit Geistlichen anderer Konfessionen, die seine Haltung zu anderen Christen veränderten: „Wenn Toleranz das Geltenlassen anderer Meinungen, Auffassungen, Werte, Sitten und Gebräuche ist – ohne den eigenen Standpunkt aufzugeben, dann macht man die Begegnung mit diesem Problem jeden Tag in der Seelsorge.
Ich persönlich habe das besonders schätzen gelernt, als ich in den skandinavischen Ländern die Erzbischöfe und Bischöfe im Auftrag des Stammapostels Urwyler besuchte. Da habe ich gemerkt, dass diese Männer mir gegenüber sehr tolerant waren – insofern als dass ich überhaupt Gelegenheit hatte, unseren Glaubensstandpunkt darzustellen. Man hat mir zugehört. Man war nicht nur höflich und korrekt zu mir, sondern freundlich
und entgegenkommend. Das hat mein Weltbild von anderen Religionsgemeinschaften in gewisser Weise relativiert.“
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Bezirksapostel Leber: „Wir wollen uns bemühen, auch anderen Glaubensgemeinschaften tolerant gegenüberzustehen. (...) Das ist eine wechselseitige Sache, die übrigens sehr biblisch ist. Der Herr Jesus hat das selber gesagt: Wie ihr wollt, dass die Leute euch gegenübertreten, so müsst ihr auch selber handeln.“
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Apostel Dewan Chowdhury führte einige Erfahrungen aus seiner Heimat an: „In Indien ist die Einheit bei den Christen sehr groß. (...) Was bringt es, wenn der eine Christ den anderen Christen nicht respektiert? Wir müssen als Christen uns gegenseitig unterstützen, damit die anderen Glaubensrichtungen uns als Vorbild sehen. (...) Als unser Stammapostel in Indien war und einen Gottesdienst nicht durchführen konnte, waren am nächsten Tag alle Christen auf der Straße, haben uns Sympathie gezeigt und demonstriert, dass alle Christen zusammenhalten.“
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Selbstprofilierung statt Ökumene
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Auf die Zwischenfrage, wie es in hiesigen Breitengraden um den Zusammenhalt der Christen bestellt sei, sagte Apostel Drave: „Es gibt eine Projektgruppe, die sich speziell mit dem Thema beschäftigt. Soweit ich es mitbekommen habe, geht es darum, den Wunsch unseres Stammapostels in die richtige Richtung zu bringen, dass wir uns durch Dialog mit anderen Kirchen überhaupt erst einmal mit unserer Glaubenslehre artikulieren können. Wir machen im Gegensatz zu Indien die Erfahrung, dass wir als Sekte tituliert und negativ bewertet werden. Bei aller persönlich erfahrenen Toleranz und Duldsamkeit unseren Positionen gegenüber ist es im Bereich der Institutionen und Kirchen so, dass wir – selbst wenn wir wollten – gar nicht hineinkämen. Es geht um so große Unterschiede, die in der Bewertung anderer Kirchen unsere Lehre betreffen, dass es da noch erheblichen Gesprächsbedarf gibt.“
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Bezirksapostel Leber: „Es geht ohnehin erst einmal darum, dass man miteinander redet, sich kennenlernt, Verständnis füreinander hat. Das ist das Anliegen unseres Stammapostels und das ist auch das bisherige Ergebnis. Die Frage, wie es zu gemeinsamen Positionen kommen kann, ist eine sehr schwierige Sache und erst einmal auch gar nicht das Anliegen. Wir wollen unsere Identität, unser Profil, beibehalten und können das nicht preisgeben. Wir haben sicher manche Positionen, die für andere Christen fremd sind und die sie nicht unterstützen. Es gibt von vorn herein eine große Kluft. Aber wichtig ist das gegenseitige Verständnis und der Gedankenaustausch.“
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Apostel Drave fügte hinzu: „Es gibt vier Punkte, die für unsere Identität von Wichtigkeit sind. Der erste Punkt: Ist die Versiegelung berechtigt, ja oder nein? Der zweite Punkt ist das Apostelamt und das Stammapostelamt. Der dritte Punkt ist die Naherwartung, der Glaube an die persönliche Wiederkunft Jesu Christi. Der vierte Punkt ist das Entschlafenenwesen. An diesen vier Punkten macht sich ein erheblicher Lehrunterschied bemerkbar, den man wahrscheinlich nicht überwinden kann, weil die Wahrheitsfrage daran geknüpft ist.“
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Apostel meets Mutter Teresa
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Einen erfrischend anderen Weg beschreitet Apostel Dewan Chowdhury. Der gebürtige Hindu berichtet von Begegnungen mit anderen Christen im multireligiösen Indien. Einen besonders starken Eindruck hinterließ Mutter Teresa, die weltbekannte Gründerin des katholischen Ordens „Gemeinschaft der Missionarinnen der Nächstenliebe“, die er desöfteren besuchte.
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Apostel Chowdhury: „Ich hatte einmal in der Zeitung gelesen: Mutter Teresa wurde von einem Hund gebissen und liegt im Krankenhaus. Da bin ich zu ihr gegangen, obwohl sie nicht meine Glaubensschwester ist. Aber ich hatte Respekt vor ihr. Als ich dorthin kam, sagte man mir, sie dürfe keinen Besuch empfangen. Dann sagte ich: ‚Grüßen Sie Mutter Teresa, mein Name ist Dewan‘. Sie hörte meine Stimme, sprang aus dem Bett, kam an die Treppe und sagte: ‚Junge, kommen Sie mit!‘ Dann saß ich auf der Bettkante und habe mit ihr gesprochen. Sie war eine vorbildliche Frau. Sie hat ihre Meinungen, ihre Großzügigkeit und ihre Toleranz auch in meine Seele geschrieben. Ich habe bei jeder Begegnung auch von meinem Stammapostel gesprochen. Sie war so begeistert, sie wollte nicht neuapostolisch werden, aber diesem Mann Gottes einfach mal begegnen. Sie hat unserem Stammapostel einen Brief geschrieben. Leider ist sie dann gestorben.“
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„Was stört es uns? Lernen wir davon!“
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Auch von Erfahrungen mit nicht-christlichen Religionen weiß Apostel Chowdhury vorbehaltlos zu erzählen: „In einem Hotel morgens um fünf Uhr wurde ich wach und hörte die Stimme eines Muezzins: ‚Allah-u Akbar‘. Wenn ich die Übersetzung ‚Allah - Gott ist allmächtig‘ in mein Herz aufnehme, dann freue ich mich. Diese Toleranz habe ich! (...) In Indien gibt es viele Glaubensrichtungen. Die Buddhisten sagen an einer Stelle: Wir sollen alle Menschen, alle Lebewesen leben lassen und lieben. Ist das nicht schön? Was stört uns daran? Lernen wir davon! (...) Früher war ich nicht neuapostolisch. Bei den Hindus gibt es eine Göttin, die für Schüler zuständig ist. Vor jeder Prüfung bin ich auf die Knie gegangen und habe gesagt: ‚Hilf mir, dass ich bestehen kann‘ – und ich habe immer bestanden! Was stört uns daran? Wir müssen allen Glaubensrichtungen Toleranz, Achtung und Respekt zeigen. (...) Toleranz kann keine Schwäche sein, wenn ich von meinem Glauben fest überzeugt bin. (...) Früher ging ich in den Hindu-Tempel und betete, damals war ich nicht neuapostolisch. Heute werde ich dort nicht auf die Knie gehen. Aber die Leute beten – und davor habe ich Respekt.“
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Jesus – der schmale Weg
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Nach den Ausführungen des indischen Apostels sagte Apostel Drave: „Bei aller Ehrlichkeit im Suchen nach dem rechten Weg wollen wir uns immer an dem orientieren, der Herr und Meister ist. Es schließt sich nach meinem Verständnis aus, dass es neben dem Weg des Sohnes Gottes auch andere Wege gibt. Er ist der ‚schmale Weg‘, so hat er es selbst gesagt.“
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Zum Thema „Toleranz im Glauben“ sagte er weiterhin: „Das Dulden des anderen ist immer an ein Ziel geknüpft. Toleranz um ihrer selbst willen gibt es nicht. Sie muss ein Ziel haben, nämlich den anderen zu lieben. (...) Wir müssen Nächstenliebe üben
und das erfordert die Duldung des anderen, Respekt im Umgang miteinander und das ständige Sprechen miteinander – ausgerichtet an dem, der die Quelle aller Wahrheit und Erkenntnis ist, und das ist Jesus Christus.“
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Toleranz über Generationsgrenzen
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Zum Abschluss der Talkrunde äußerte sich Bezirksapostel Leber zur innerkirchlichen Kommunikation, zur wachsenden Polarisation zwischen progressiven und konservativen Kräften: „Im Zusammenleben, auch innerhalb der Kirche, wird es immer unterschiedliche Meinungen und Sehensweisen geben. Da sollten wir lieb miteinander umgehen. Gerade die Jugend hat einen etwas anderen Zugang, hat progressive Gedanken und möchte moderne Mittel in das Glaubensleben mit hineinbringen. Und da sind eben auch andere Geschwister, die anders geprägt sind und andere Vorstellungen haben. Ich appelliere an uns alle, dass wir viel Verständnis füreinander haben und den anderen in seiner Andersartigkeit akzeptieren, in seiner Haltung. Wir wollen immer darauf achten, dass wir Gräben nicht aufreißen, sondern zuschütten. Wir wollen einander tragen, lieben und helfen. (...) Und da muss es möglich sein, Zugeständnisse zu machen, manchmal auch von der eigenen Meinung zurückzustecken.“
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Bezirksapostel Leber rief die Jugendlichen auf, sich zu ihrem Glauben zu bekennen: „Mit Toleranz ist nicht gemeint, dass wir unseren Standpunkt aufgeben. Steht immer klar zu eurem Standpunkt! Wir haben nichts zu verstecken, wir können uns klar und deutlich zu unserem Glauben bekennen. Was ein anderer damit anfängt und wie er das sieht, ist seine Sache, das ist seine Eigenverantwortung. Wir wollen offen sagen, was Sache ist und damit zu unserem Glauben stehen.“
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„Hey DJ, put the record on“
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Die Talkrunde wurde von einem Rap-Song aufgelockert, der sich gut in das Thema der Feierstunde einfügte und bei den Jugendlichen besonders gut ankam. Der Text bezieht klar Stellung gegen Rassismus, zeigt Unterschiede zwischen den Generationen und kommt schließlich auf die Gemeinsamkeiten im Glauben zu sprechen. Auszug: „Lass einfach jeden leben, wie er's für richtig hält. Und findest du's auch ätzend, wer weiß ob's ihm nicht gefällt. Nun hab ich eine Bitte und ich verlange nicht viel: Übe Toleranz, denk dran, ihr habt ein gemeinsames Ziel. (...) Nutze die Zeit auf Erden und bereite dich vor, um ein Kind Gottes zu werden. (...) Gott ist allmächtig, er selbst dreht die Welt, drum lebe dein Leben so wie's ihm gefällt. Verehre Gott unsern Vater und seinen Sohn unsern Held!“
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Christian Puffe, 20.09.2003
Wörtliche Zitate laut AudiJo, Sendung Nr. 33 vom 19.09.2003
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Talkrunde zum Thema „Toleranz im Glauben“
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Apostel Dewan Chowdhury berichtet aus Indien
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Daniel trägt einen selbst- verfassten Rap vor
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Weitere Bilder vom
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jugend-online.info
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Der Rap-Song vom Hamburger Jugendtag
ist als Musikdatei im mp3-Format abrufbar ...
zabonline.de/...
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Links zum Thema:
Offizielle Homepage der
NAK Norddeutschland zum 26. Hamburger Jugendtag
hamburger-jugendtag.de
Ausführliche Bericht- erstattung von den Jugend- tagen in Deutschland bei AudiJo, dem Webradio
von Jugend Online NRW
jugend-online.info
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