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15.11.2002
Ökumene: Hindernisse und Perspektiven
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Erfahrungsbericht vom Besuch eines Vortrags zum Thema "Hindernisse auf dem Weg zu größerer Gemeinschaft - Perspektiven der Ökumene" beim Montagsforum des ökumenischen Gesprächskreises der evangelischen Kirchen- gemeinde Bad Nauheim (Hessen) am 21. Oktober 2002.
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Als Referent war Dr. Walter Schöpsdau, Mitarbeiter des Konfessionskundlichen Instituts des Evangelischen Bundes in Bensheim, zugegen. Er stellte zunächst die Entwicklung der orthodoxen, katholischen und evangelisch/protestantischen Positionen vor. Die orthodoxe Kirche verstehe sich als "Zeugin der reinen Wahrheit", die römisch-katholische Kirche habe evangelische Christen 1928 noch als "Abgefallene" bezeichnet, nach dem zweiten Vatikanischen Konzil aber ihre Haltung geändert und sei inzwischen in einen intensiven ökumenischen Dialog mit den anderen christlichen Kirchen getreten, wenngleich es neue Irritationen nach der päpstlichen Erklärung "Dominus Iesus" gegeben habe. 
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Die katholische Vorstellung entspreche dem Modell konzentrischer Kreise (in der Mitte die römisch-katholische Kirche, dann die Orthodoxen und Anglikaner als nächster Kreis, dann die protestantischen Kirchen, gefolgt von den Freikirchen etc.). Zielvorstellung sei, vereinfacht ausgedrückt, die christlichen Kernvorstellungen der katholischen Kirche auf die anderen Kreise auszudehnen. Die evangelische Sicht könne man hingegen mit dem kopernikanischen Modell vergleichen: Christus als die Sonne im Zentrum, um den die verschiedenen Planeten (Kirchen) kreisen. 
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Aspekte ökumenischer Beziehungen 
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Desweiteren führte er aus, dass es unterschiedliche Zielvorstellungen darüber gebe, ob mit der Ökumene die Einheit der Kirchen oder Kirchengemeinschaft angestrebt werden solle. Ziel müsse es zwischen den großen Kirchen sein, sich besser zu verstehen zu lernen, den Dialog weiter zu fördern, gemeinsame Gottesdienste zu feiern und Unterschiede (etwa bei der Abendmahlslehre oder beim Amtsverständnis) zunächst anzuerkennen. Diese Hindernisse ließen sich aber aufarbeiten und beseitigen, so die Prognose des Referenten. 
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In Hinblick auf den ökumenischen Kirchentag in Berlin sagte Schöpsdau, man müsse nicht sofort das Abendmahl gemeinsam feiern. Geklärt werden müsse, ob für die Abendmahlsgemeinschaft die Bekenntnisgemeinschaft eine zwingende Voraussetzung sei. Auch zwischen den lutherischen und reformierten Kirchen habe es schließlich lange Zeit keine Abendmahlsgemeinschaft wegen unterschiedlicher Bekenntnisse und Lehrauffassungen gegeben. 
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Schöpsdau sagte, Hindernis im Rahmen ökumenischer Bestrebungen der großen Kirchen sei aus seiner Sicht nicht das Papstamt an sich oder die katholische Lehre von der apostolischen Sukzession, sondern das Verständnis von der Unfehlbarkeit der Kirche und der unfehlbaren Lehrautorität des Papstes. Prüfstein müsse sein, ob eine Amtstruktur der freien "Selbstvergegenwärtigung Christi diene oder im Wege stehe". Über die Erklärung "Dominus Iesus" der Kongregation für die Glaubenslehre der Katholischen Kirche von 2000 sagte Schöpsdau: Die Stellungnahme des Vatikans habe daran erinnert, daß es auch in der Ökumene um den "Herrn Jesus" gehen müsse, sonst "wäre die Ökumene nur eine Ökumene des guten Willens". Jetzt sei zumindest klar woran man sei, denn: Die eigene Identität dürften die jeweiligen Kirchen nicht aufgeben, so die sinngemäße Äußerung des Referenten. 
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Eigenes Profil in Gefahr? 
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Während der anschließenden Diskussion schilderte ein neuapostolischer Vortragsbesucher den rund zwei Dutzend Anwesenden, dass sich die Neuapostolische Kirche seit kurzem mit dem Thema Ökumene beschäftigt und dass es mitunter schwierig sei, die Kirchenmitglieder an der Basis für den Gedanken der Ökumene zu begeistern. Bei vielen gebe es Skepsis und sogar Ablehnung. Der anwesende Konfessionskundler, eigentlich kein NAK-Experte, pflichtete ihm bei. Insbesondere für kleinere Gemeinschaften könne es schwierig sein, sich ökumenisch zu öffnen, ohne das eigene Profil zu verlieren. Er bezeichnete jedoch im Fall der Neuapostolischen Kirche die Versiegelungspraxis (sakramentale Geistvermittlung) als einen schwierigen Punkt. 
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Der örtliche evangelische Pfarrer sprach den neuapostolischen Besucher nach der Veranstaltung ganz verdutzt an und fragte erstaunt, ob sich die NAK denn tatsächlich mit dem Thema Ökumene beschäftige. Das sei für ihn völlig neu. Bislang kenne er die NAK nur als eine Glaubensgemeinschaft, die sich isoliere und nach außen abschotte. 
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Redaktion: Jens Joachim, Christian Puffe
Stand: 15.11.2002
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Bild zum Thema
Konfessionskundliches Institut Bensheim
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Zur Person
Dr. Walter Schöpsdau ist Mitglied des Vorstands des Evangelischen Bundes der Pfalz. Seit 1981 ist er Referent für Moral- und Fundamentaltheologie am Konfessionskundlichen Institut des Evangelischen Bundes in Bensheim.
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Hintergrund
Die Erklärung "Dominus Iesus" der vatikanischen Glaubenskongregation aus dem Jahr 2000 sorgte für Irritationen bei ökumenisch gesinnten Christen unterschiedlicher Kirchen.
Das Schreiben betont, dass die eine christliche Kirche allein in der römisch-katholischen Kirche verwirklicht sei, an deren Spitze der Papst stehe. Andere "kirchliche Gemeinschaften" seien "nicht Kirchen im eigentlichen Sinne", weil ihre Amtsträger nicht durch die "apostolische Sukzession" in Gemeinschaft mit dem Papst stünden. (Vgl.: Artikel von Peter Gemeinhardt, EB Kurhessen-Waldeck)
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Links zum Thema
"Ökumene nach Dominus Iesus?" - Veröffentlichung aus der Reihe "Kleine Evangelische Orientierung" des Evangelischen Bundes, Ausgabe 01/2000
www.ebhn.de/...
Homepage des Konfessionskundlichen Instituts des Evangelischen Bundes in Bensheim
http://www.ekd.de/ki/
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