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Heute ist  .
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08.12.2004
Amtsrückgabe aus Gewissensgründen
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Der niederländische Apostel Gerrit J. Sepers (58) hat seinen Amtsauftrag niedergelegt. Das verkündete der schweizer Bezirksapostel Armin Studer in Vertretung des Stammapostels in einem kurzfristig anberaumten Gottesdienst am Mittwoch,
1. Dezember 2004 in Hilversum, zu dem alle Amtsträger der Niederlande eingeladen waren. An dem Gottesdienst nahm auch der eigentlich zuständige Bezirksapostel Theodoor J. de Bruijn teil, der die offizielle Verabschiedung des ihm unterstehenden Apostels offenbar nicht selbst durchführen konnte oder wollte. Augenzeugen berichteten, die Verabschiedung von Apostel Sepers durch Bezirksapostel Studer habe nicht den Charakter einer Amtsenthebung, sondern vielmehr einer Inruhesetzung gehabt. Nach dem Gottesdienst hatten die anwesenden Amtsträger Gelegenheit, ihren langjährigen Apostel persönlich zu verabschieden.
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Vordenker und Impulsgeber
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Gerrit J. Sepers wirkte 17 Jahre im Amt eines Apostels in der Neuapostolischen Kirche. In den letzten Jahren war er jedoch nicht mehr hauptamtlich für die Kirche tätig. 1999 begann er ein Studium zur Wiedererlangung seiner früheren Lizenz als Arzt und kehrte 2002 in seinen alten Beruf zurück. Bis zuletzt führte er wöchentlich Gottesdienste durch. In seiner Amtszeit arbeitete er unter anderem in den Projektgruppen „Gegenwartsfragen“ und „Jugendpflege“ der NAK International mit. Vielen progressiv eingestellten Kirchenmitgliedern, nicht nur in den Niederlanden, galt der aufgeschlossene Mitbruder und Apostel als Symbol und Hoffnungsträger für einen Öffnungsprozess der Kirche. Mit seinem Ausscheiden aus dem Apostelkollegium verliert die NAK einen wichtigen Vordenker und Impulsgeber, der nachdrücklich für Veränderungen in Organisation und Theologie der Kirche einstand.
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1997 gab er einem Jugendmagazin im Bezirk Amsterdam ein freimütiges Interview [01] mit wegweisenden Aussagen über die gegenwärtige Situation und zukünftige Entwicklung der Kirche. Der Text wurde kurz darauf ins Deutsche übersetzt und ist seither vielfach im Internet weiterverbreitet und zitiert worden. Dr. Andreas Fincke, bei der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) als wissenschaftlicher Referent für die christlichen Sondergemeinschaften zuständig, schrieb 1999 in Kenntnis des Interviews mit Apostel Sepers in der EZW-Broschüre „Die Neuapostolische Kirche im Umbruch – Zwischen Wachstum und Reformstau“ in seinem Schlusswort:
„Es gibt Hinweise darauf, dass das neuapostolische Apostel-
kollegium längst kein monolithischer Block mehr ist, sondern auch hier unterschiedliche Standpunkte möglich werden. Ein niederländisches NAK-Jugendmagazin hat im Dezember 1997 ein Interview mit Apostel Sepers veröffentlicht, in welchem dieser ungewohnte Auffassungen vertritt. So erklärt er, dass dem geistlichen Wachstum der Gemeinden mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden muss und dass ein tieferes Interesse an theologischen Fragestellungen in der Laienkirche NAK dringend notwendig sei. Schließlich erwähnt er das problematische Verhältnis zu den abgespaltenen apostolischen Gemeinschaften und regt an, dass die NAK ihr Verhältnis z.B. zur Apostolisch Genootschap (...) überdenkt.“ [02] Die aus heutiger Sicht wohl etwas zu positiv ausgefallene Einschätzung von Dr. Fincke lautete damals: „Das ist doch etwas!“
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Noch im Jahr 1999 trat Apostel Sepers als Protagonist der Kirchenleitung in dem Dokumentarfilm „Lebendig wie das Christentum vor 2000 Jahren“ [03] in Erscheinung, der seither im großen Stil im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der NAK eingesetzt wird. Mit seinem filmischen Auftritt im Dienst der offiziellen Kirche verkörperte er werbegerecht den Prototypen eines aufgeschlossenen, sichtlich lockeren und sympathischen Vertreters der NAK-Führung.
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Unterschiedliche Lehrauffassungen
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Über die Hintergründe, die nun zum Rücktritt des Apostels führten, informierte Stammapostel Richard Fehr aus Sicht der offiziellen Kirche in einem Schreiben, das am Abend des
1. Dezember 2004 in dem denkwürdigen Ämtergottesdienst in Hilversum und in den darauf folgenden Gottesdiensten in allen Gemeinden der Niederlande verlesen wurde. Darin heißt es, Apostel Sepers vertrete in einigen wichtigen Punkten Überzeugungen, die nicht der Lehre und dem Selbstverständnis der Neuapostolischen Kirche entsprechen. Als Beispiele wurden Differenzen „bei der Frage der Exklusivität unserer Kirche und bei der Heilsnotwendigkeit des Apostelamtes“ genannt. Dies hätten Gespräche aufgezeigt, die Bezirksapostel Wend (Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland) und Bezirksapostel Studer (Schweiz) im Auftrag des Stammapostels in den vergangenen Jahren mit Apostel Sepers, Bezirksapostel de Bruijn und den niederländischen Bischöfen geführt haben. Vor diesem Hintergrund habe sich Apostel Sepers aus Gewissensgründen entschlossen, sein Apostelamt zurückzugeben.
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Richard Fehr betonte, die Unterredungen seien von brüderlicher Offenheit, gegenseitigem Respekt und persönlicher Wertschätzung geprägt gewesen. Ein letztes Gespräch habe am 30. November stattgefunden. Dazu schreibt der Stammapostel: „Ich habe die Amtsrückgabe des Apostels angenommen und ihm für alle Arbeit gedankt, die er in den vielen Jahren seiner Amtstätigkeit (...) für den Herrn und sein Werk getan hat. Die Bezirksapostel Studer und Wend haben betont, dass sie dem ehemaligen Apostel Sepers auch künftig freundschaftlich verbunden bleiben. Bezirksapostel de Bruijn und eure beiden Bischöfe haben ihren Respekt gegenüber der Entscheidung des ehemaligen Apostels bekundet. Sie wünschen ihm und seiner Familie in Zukunft Gottes reichen Segen. Diesen Wünschen schließe ich mich gerne auch persönlich an.“ [04]
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In dem Hilversumer Ämtergottesdienst wurden neben diesen Zeilen des Stammapostels auch Auszüge einer schriftlichen Erklärung aus der Feder von Apostel Sepers verlesen, worin er seinen Standpunkt zur Frage der Exklusivität dargelegt hatte. Der Brief des Stammapostels wurde noch am selben Abend auf der offiziellen Internetseite der NAK Niederlande veröffentlicht. Inzwischen ist das Dokument auch in deutscher Sprache auf der Homepage der NAK International nachzulesen.
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Bezirksevangelist Peter Johanning, Medienreferent der NAKI und Sprecher des Stammapostels, antwortete am 2. Dezember 2004 auf die von naktuell.de gestellte Frage, ob es in absehbarer Zeit einen Ersatz für den zurückgetretenen Apostel geben werde: „Das wird die Zukunft zeigen.“
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Christian Puffe, 08.12.2004
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[01] – Interview mit Apostel Gerrit Sepers in „Het Jeugdmagazine“, Ausgabe 9, Dezember 1997. Eine Übersetzung ist z. Zt. unter folgenden Adressen abrufbar:
Rainbogen (21.05.2000) bzw. Wächterstimme aus Zion (17.04.2002)
[02] – Andreas Fincke: „Die Neuapostolische Kirche im Umbruch – Zwischen Wachstum und Reformstau“, EZW-Text Nr. 146, Berlin 1999. Herausgegeben von der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW), ekd.de/ezw
[03] – „Lebendig wie das Christentum vor 2000 Jahren“, Dokumentarfilm, VHS, 19:30 min., Preis: 8,50 Euro, Vertrieb: Friedrich Bischoff Verlag
[04] – Rundschreiben von Stammapostel Richard Fehr „an die Brüder und Geschwister im Bezirksapostelbereich de Bruijn“, Zürich, 30. November 2004. Niederländisch: nak-nl.org, Deutsch: nak.org (Datei im PDF-Format)
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Bilder zum Thema
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Bezirksapostel Studer (rechts) richtet Dankesworte an Apostel Sepers
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In Vertretung des Stammapostels: Letzte Geste für einen unliebsam gewordenen Mitbruder
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Anrührende Szenen: Amtsträger verabschieden ihren langjährigen Apostel
Bilder: nak-nl.org
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Hintergrund
Offizielle Mitteilung
der NAK International
vom 02.12.2004
nak.org/news/…
Rundschreiben des Stamm-
apostels „an die Brüder
und Geschwister im Bezirks-
apostelbereich de Bruijn“, Zürich, 30.11.2004
nak.org/news/….(PDF-Datei)
Visuelle Eindrücke aus
dem Ämtergottesdienst am 01.12.2004 in Hilversum
nak-nl.org/…
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