|
. |
04.01.2005 |
|
„Dahinter steckt immer das konservative
Denken“ |
. |
|
|
Interview mit Gerrit J. Sepers, von 1987 bis
zu seinem Rücktritt am 1. Dezember 2004 Apostel der Neuapostolischen
Kirche in den Niederlanden. |
. |
|
|
|
Apostel
a.D. Gerrit Sepers |
|
|
|
Zur Person |
|
• geboren am 16.02.1946 als Kind neuapostolischer Eltern |
• ab 1966 Studium der Medizin |
• ab 1969 Amtsträger in der NAK (Amtsstufen: Unterdiakon, |
Diakon, Priester, 1978 Vorsteher einer kleinen Gemeinde |
im Norden der Niederlande, 1980 Bezirksevangelist im |
Unterbezirk Groningen, 1982 Bezirksältester im Unterbezirk |
Arnhem, 1984 Bischof, 1987 Apostel der Niederlande) |
|
|
• seit 1970 verheiratet, 2 Kinder (eine leibliche Tochter, 25, und
ein adoptierter Sohn, 18) |
• von 1974 bis 1984 praktizierender Allgemeinmediziner |
• von 1985 bis 1999 hauptamtliche Tätigkeit in der Neuapostolischen
Kirche |
• Mitarbeit in Projektgruppen der NAK International: 1989 bis 1991
PG „Musik“, |
1988 bis 1998 PG „Kinder und Jugend“, 1988 bis 2003 PG „Gegenwartsfragen“ |
• von 1988 bis 2004 zuständig für die Kontakte zwischen der
Neuapostolischen Kirche |
und den anderen apostolischen Gemeinschaften in den Niederlanden |
• von 1999 bis 2002 erneutes Studium zur Auffrischung seiner medizinischen
Ausbildung, |
verbunden mit einem dreijährigen Aufenthalt in Antwerpen,
Belgien |
• seit 2002 Hausarzt mit eigener Praxis in Amersfoort, Niederlande |
. |
. |
„Ich fühle mich als ein Jünger von
Jesus“ |
. |
naktuell.de: Wie geht es Ihnen
persönlich, wie fühlen Sie sich nach den Ereignissen der letzten
Wochen und Monate, die zu Ihrem Rücktritt vom Apostelamt führten? |
. |
G. Sepers: „Sie müssen
wissen, dass das natürlich ein tiefer Prozess gewesen ist – |
nicht von einem Tag, wenn man zu einer, zu dieser Entscheidung kommt.
Ich bin überzeugt von dem, was ich entschieden habe. Ich fühle
mich gut und sicher und habe Frieden im Herzen. |
. |
Natürlich gibt es auch Schmerzen, dass es nun so gelaufen ist
und weil es doch auch Sachen gab, über die ich nicht sprechen kann.
Aber doch, es schmerzt. Das ist selbstverständlich, weil man in dieser
Kirche aufgewachsen ist und meine Familie und auch die Familie meiner Frau
seit Generationen ihren Platz hier eingenommen haben. Das bedeutet natürlich
etwas. Ich und meine Frau spüren aber auch Frieden und Freiheit in
unseren Herzen.“ |
. |
naktuell.de: Was hat sich seit
dem 1. Dezember 2004 bei Ihnen verändert? |
. |
G. Sepers: „Das kann ich nicht
auf einen Moment zusammenfassen, weil das doch ein tiefer Prozess war schon
seit einigen Jahren, der in den letzten Monaten immer stärker geworden
ist. Wir haben das Gefühl, dass wir versucht haben, für die Geschwister
etwas zu bedeuten. Und es schmerzt, dass man doch irgendwie einer Entwicklung
keine Richtung mehr geben konnte, dass man nur aus einigem Abstand folgen
konnte und überhaupt keinen Einfluss auf die Entwicklung hatte. Wenn
die Kirche diesen |
Weg wählt (und an ihrer Exklusivität festhält), dann
ist das natürlich auch eine sehr schmerzhafte Sache für Geschwister.
Aber ich habe auch meine persönlichen Erfahrungen gemacht und habe
mich weiter entfaltet und entwickelt, und dafür bekomme ich jetzt
mehr Raum.“ |
. |
naktuell.de: Sie sind nun ohne
Amtsauftrag in der Neuapostolischen Kirche. Fühlen Sie sich weiterhin
als ein Apostel, als ein Botschafter Jesu? |
. |
G. Sepers: „Ich bin nicht mehr
ein Apostel der NAK. Aber ich war an erster Stelle ein Apostel Jesu. Ich
bin nicht so arrogant zu sagen, dass ich noch ein Apostel sein will und
bleibe. Ich fühle mich als ein Jünger von Jesus! Aber weiterhin
möchte ich eigentlich nicht etwas Neues gründen oder in Bewegung
bringen. Das will ich nicht.“ |
. |
. |
„Ich wollte einfach nur zurücktreten“ |
. |
naktuell.de: Am 1. Dezember 2004
fand in Hilversum ein Ämtergottesdienst statt, in dem Sie durch den
schweizerischen Bezirksapostel Studer verabschiedet wurden. Können
Sie den Ablauf des Gottesdienstes noch einmal wiedergeben? |
. |
|
|
|
Verabschiedung
durch |
Bezirksapostel
Studer (rechts) |
|
|
|
G. Sepers: „Bezirksapostel Studer
hat mit einem Gebet angefangen. Er hat dann gesagt, dass der Apostel Sepers |
zur Exklusivität seine eigene Meinung hat, nämlich dass
die Mitglieder anderer Kirchen auch den Heiligen Geist empfangen haben
durch die Wassertaufe, durch Amtsträger in ihrer Kirche – und das
würde bedeuten, dass das Apostelamt nicht unbedingt heilsnotwenig
ist, aber doch wünschenswert und förderlich. Das hat Bezirksapostel
Studer sofort nach dem Vorlesen des Briefes vom |
|
|
Stammapostel gesagt. Er hat dann einen Gottesdienst gewirkt über
das Wort von Jeremia [Jer.
3, 15] und die Brüder gestärkt. Keiner hat mitgedient
und dann wurde Heiliges Abendmahl gefeiert. |
. |
Dann hat er noch erwähnt, dass wir zehn Jahre in der Projektgruppe
‚Kinder
und Jugend‘ zusammengearbeitet haben. Wir waren Freunde, wir sind
Freunde – und das ist auch so. Er sagte, dass auch meine Frau viele Opfer
gebracht hat. Dann hat er mich auf den Altar gerufen und mir für alle
Arbeit gedankt. Er sagte, dass ich weiter als Bruder (und nicht mehr als
Apostel) in die Kirche gehen soll und hat sich von mir verabschiedet. Einige
haben das ausgelegt als eine Inruhesetzung. Ich hatte auch die Wahl, mich
für eine Inruhesetzung zu entscheiden, aber das wollte ich nicht.
Ich wollte nur zurücktreten.“ |
. |
naktuell.de: Was haben Sie in jenem
Moment, als Sie am Altar standen, empfunden? |
. |
G. Sepers: „Ich fand das eigentlich
sehr gut. Ich fand das eine gute Sache. Die Kirche hat zum ersten Mal nach
50 Jahren einen Apostel, der eine andere Meinung hat, nicht einfach in
die Wüste geschickt, sondern ihm doch in guter Weise und würdevoll
für die Arbeit gedankt. |
. |
Ich hatte ein gutes Gefühl in diesem Moment. Ich fühlte
mich sehr stark und überzeugt von meiner Meinung und war sehr froh,
dass ich diese Entscheidung getroffen habe. Ich konnte in die Augen der
Brüder schauen und schämte mich überhaupt nicht. Ich stand
dort, natürlich nicht wie Martin Luther, aber wohl mit dem Gefühl:
‚Hier
stehe ich, ich kann nicht anders!‘“ |
. |
. |
„Ich habe viele unterstützende Briefe
bekommen“ |
. |
naktuell.de: Wie haben die Amtsträger
und die Geschwister in den Niederlanden auf Ihren Rücktritt reagiert? |
. |
G. Sepers: „Ich habe viele Reaktionen
erhalten. Viele haben gedankt für die Zeit. |
Ich hatte das auch am 1. Dezember so gespürt, als die Ämter
zusammen waren bei Bezirksapostel Studer im Gottesdienst. Das habe ich
als sehr unterstützend erfahren. Brüder waren sehr gerührt
und das hat mich sehr bewegt. Und ich muss sagen, die Reaktionen auf den
beiden Internetseiten [naktuell.de
und glaubenskultur.de]
haben mir doch viel Mut und Vertrauen gegeben. |
. |
Ich habe unendlich viel Post bekommen, viele unterstützende
Briefe. Die Geschwister haben mit großem Respekt und Bewunderung
geschrieben. Es wurde geschrieben: ‚Wir sind sehr erstaunt, wir
unterstützen dich, wir helfen dir und beten für dich.‘
Manche |
|
|
|
Anrührende
Szenen nach dem |
Gottesdienst
in Hilversum |
|
|
|
waren nicht so überrascht und haben gesagt: ‚Eigentlich
wussten wir, dass du so denkst! Aber wir haben nicht denselben Mut.‘ |
. |
Ich habe unsere Brüder und Schwestern sehr lieb. Das war auch
mit das Schwierigste bei meiner Entscheidung. Ich habe es in den letzten
Jahren so erfahren, dass ich an der Basis am meisten unterstützt wurde.
Es schmerzt, dass ich mich jetzt von den Geschwistern verabschieden musste.“ |
|
|
. |
. |
„Ich wollte kein gespaltenes Gewissen haben“ |
. |
naktuell.de: Die Entscheidung,
das Apostelamt niederzulegen, entwickelte sich bei Ihnen persönlich
über einen längeren Zeitraum. Für die Amtsträger und
Geschwister in Ihrem Arbeitsbereich war dieser Ausgang aber nicht unbedingt
abzusehen. Ihr Rücktritt wurde von vielen als ein plötzliches
Ereignis empfunden. |
. |
G. Sepers: „Natürlich war
das für viele Geschwister eine Überraschung, vielleicht auch
ein Schock. Aber ich denke doch nicht für alle, wenn sie ehrlich sind
– und die meisten sind ehrlich. |
. |
Ich wollte kein gespaltenes Gewissen haben. Ich will selbst Verantwortung
tragen, wofür ich lebe. Darüber habe ich nachgedacht. Ich hatte
dann im Sommer 2004 einen Brief von 20 Seiten geschrieben, darin all meine
Gedanken und Untersuchungen niedergelegt und um einen Dialog gebeten. Aber
mir war klar, dass diese Entscheidung (zu einem Dialog) für die Kirchenleitung,
für diese Männer, doch unendlich schwer gewesen wäre. Das
wusste ich schon im Voraus. Nach dem Gespräch im Oktober [01]
sagte
man mir: ‚So kann man als Apostel in der Kirche nicht funktionieren,
wenn man so über die Exklusivität denkt und spricht!‘
Dann habe ich meine Entscheidung getroffen. Punktum – ganz deutlich.“ |
. |
naktuell.de: An wen war dieser
20-seitige Brief gerichtet? |
. |
G. Sepers: „Der Brief war an
die beiden Bezirksapostel Wend und Studer gerichtet, an unseren Bezirksapostel
und die beiden Bischöfe in den Niederlanden. Dieser Brief wird nie
publiziert werden, das müssen Sie verstehen. Das gehört zum Amtsgeheimnis.“ |
. |
naktuell.de: Die Bezirkapostel
Wend und Studer haben in dem Schreiben des Stammapostels [02],
das in den Gemeinden der Niederlande vorgelesen wurde, betont, dass sie
mit Ihnen auch künftig freundschaftlich verbunden bleiben werden.
Was bedeutet Ihnen diese Freundschaft? |
. |
G. Sepers: „Dass ich offen reden
kann über meine Anliegen und meine inneren Gefühle. Und dass
ich das Gefühl habe, darin respektiert zu werden. Das habe ich so
erfahren.“ |
. |
naktuell.de: Dem Schreiben des
Stammapostels kann man weiterhin entnehmen, dass die Gespräche zwischen
Ihnen und der Kirchenleitung von brüderlicher Offenheit, gegenseitigem
Respekt und persönlicher Wertschätzung geprägt gewesen sind.
Haben Sie das ebenso empfunden? |
. |
G. Sepers: „Ja, ich habe das
auch sagen können. Wir haben auch wirklich miteinander diskutiert.“ |
. |
. |
„Die Entscheidung wurde mir nahegelegt“ |
. |
naktuell.de: Wurden Sie angesichts
der immer größer werdenden Differenzen von der Kirchenleitung
aufgefordert oder darum gebeten, ihr Amt zurückzugeben? Haben Sie
sich |
zu diesem Schritt gedrängt gefühlt? |
. |
G. Sepers: „Jawohl. Das wurde
mir nahegelegt.“ |
. |
naktuell.de: Sie wurden vor eine
Entscheidung gestellt? |
. |
G. Sepers: „Eigentlich ja. Weil
die Kirchenleitung festhält an der Exklusivität. Die Entscheidung
ist in den letzten Monaten konkret geworden.“ |
. |
naktuell.de: Hätten Sie Ihren
Amtsauftrag weiter ausgeführt, wenn man Ihnen inhaltlich etwas mehr
Spielraum gegeben hätte? |
. |
G. Sepers: „Ja. Wenn es Raum
gegeben hätte, um offen miteinander in Dialog treten zu können,
dann wäre es wahrscheinlich doch anders gelaufen.“ |
. |
naktuell.de: Die inhaltlichen Differenzen
zwischen Ihnen und der Kirchenleitung bestanden offenbar schon über
Jahre. Warum erfolgte die Amtsrückgabe erst jetzt? |
. |
G. Sepers: „Gute Frage! Das
war natürlich ein langer Prozess. Am Anfang waren die Gedanken, die
ich 1997 in einem Interview [03]
geäußert
hatte. Und was jetzt passiert ist, war dann ein Resultat meiner weiteren
Entwicklung. Als ich gesehen habe, dass es keine Möglichkeit gab,
mich so zu entfalten wie ich tief innerlich wünschte, kam für
mich doch der Moment, darüber offen reden zu wollen. Ich habe wohl
Sinn in weiteren Gesprächen gesehen.“ |
. |
. |
„Mir wurde geraten, wieder Arzt zu werden“ |
. |
naktuell.de: Sie haben 1999 ein
Studium begonnen, um ab 2002 wieder selbstständig als Arzt praktizieren
zu können. Welche Gründe haben Sie zu diesem Schritt veranlasst? |
. |
|
G. Sepers: „Wie gesagt, ich
habe bereits im Jahr 1997 ein |
Interview für ein Jugendmagazin gegeben. Das wissen Sie. Das
war meines Erachtens auch mit die Ursache, dass es einen anderen Bezirksapostel
gegeben hat in den Niederlanden. Man hat sich für Bezirksapostel de
Bruijn entschieden. Das war die Entscheidung der Kirche. Ich muss sagen:
Ich gehe nicht über Ämter.“ |
|
|
. |
naktuell.de: Wie wurden Ihre Aussagen
in dem Interview von 1997 von den Geschwistern aufgefasst? |
. |
G. Sepers: „Sehr positiv und
begeistert. Der Inhalt wurde im allgemeinen in unserer Kirche in Holland
sehr begrüßt.“ |
. |
naktuell.de: Hatte diese ungewohnte
Offenheit unmittelbare Folgen? |
. |
G. Sepers: „Wenig. Ich habe
das mit Bezirksapostel Pos [04]
in
guter Harmonie besprechen können. Er hatte natürlich Fragen dazu,
aber er hat meine Meinungen respektiert.“ |
. |
naktuell.de: Ihre Aussagen in dem
Interview von 1997 sind heute, also immerhin sieben |
Jahre später, noch immer hochaktuell. Welchen Zusammenhang sehen
Sie zwischen dieser Veröffentlichung und dem Bezirksapostelwechsel
1998? |
. |
G. Sepers: „Das weiß ich
natürlich auch nicht ganz genau. Ich denke, dass es eine Verbindung
gegeben hat, aber wissen tue ich das nicht. Es ist zu kompliziert. Und
ich denke auch nicht, dass es gut wäre, weiter darüber zu reden.
Damals wurde mir angeraten, wieder Arzt zu werden. Es wurde gesagt, dass
die Gebietskirche Niederlande nicht genügend Finanzen hätte,
um zwei Apostel zu unterhalten. Später hat unser Stammapostel mir
zweimal angeboten, doch hauptamtlich als Apostel tätig zu bleiben.
Aber ich habe davon abgesehen.“ |
. |
naktuell.de: Einer der Auslöser,
dass Ihnen die Rückkehr in Ihren alten Beruf nahegelegt wurde, ist
in besagtem Interview zu sehen? |
. |
G. Sepers: „Ich denke, dass
das so gewesen sein kann. Als ich dann die Möglichkeit hatte, wieder
als Arzt zu arbeiten, wollte ich gerne nebenher mein Amt tragen und ausüben.
Ich wollte weitermachen in unserer Kirche, aber doch irgendwo eine Möglichkeit
zur weiteren Entfaltung haben.“ |
. |
naktuell.de: Diesen Raum zur Entfaltung
haben Sie im Jahr 1999 noch gesehen? |
. |
G. Sepers: „Ja.“ |
. |
naktuell.de: Waren Ihre Aussagen
in dem Interview von 1997 mit der Kirchenleitung abgesprochen? |
. |
G. Sepers: „Es ist so, dass
Bezirksapostel Pos und ich darüber geredet haben.“ |
. |
. |
„Ich bin aus ideologischen Gründen abgetreten“ |
. |
naktuell.de: Hatten Sie erwartet,
1998 Nachfolger von Bezirksapostel Pos zu werden? |
. |
G. Sepers: „Ja. Wenn es nur
einen Apostel in Holland gibt, kann und darf man das vielleicht auch erwarten.
Es waren viele überrascht, dass ich nicht Nachfolger von Bezirksapostel
Pos geworden bin. Aber wenn das dann anders gelaufen ist, dann ist das
nicht meine Sache. Vielleicht könnte der Eindruck entstehen, dass
ich aus Frust weggegangen bin. Aber das ist nicht so! Ich habe ganz deutlich
gesagt und fühle das noch immer so: Ich gehe nicht über Ämter.
Das ist nicht mein Ding. Das ist eine Sache der Kirche und des Stammapostels. |
. |
Wenn es so wäre, dass ich aus Frust weggegangen bin, dann hätte
ich ja auch schon früher gehen können. Aber aufgrund zwischenmenschlicher
Probleme hätte ich nie mein Amt zurückgegeben. Solche Probleme
muss man überwinden. Ich bin allein aus ideologischen Gründen
abgetreten!“ |
. |
naktuell.de: Sie waren bereits
mit Beginn Ihres zweiten Medizin-Studiums im Jahr 1999 nicht mehr hauptamtlich
für die Kirche tätig. Wie wurde dieses Studium finanziert? |
. |
G. Sepers: „Die Kirche hat das
Studium bezahlt.“ |
. |
|
|
|
Ein
seltenes Bild: Bezirks- |
apostel
de Bruijn gemeinsam |
mit
Apostel Sepers |
|
|
|
naktuell.de: Wie gestaltete sich
das persönliche Verhältnis zwischen Ihnen und dem neuen Bezirksapostel
de Bruijn? |
. |
G. Sepers: „Durch die veränderten
beruflichen Verhältnisse war ich nicht mehr so viel wie früher
in der Kirche tätig, |
nur abends und am Wochenende. Wir sprachen einander, wenn es notwendig
war. Es gab nicht die Nähe, die ich zu Bezirksapostel Pos hatte. Ich
denke es wäre besser, nicht weiter darüber zu reden.“ |
. |
|
|
. |
Finanzlage und Mitgliederzahlen der NAK Niederlande |
. |
naktuell.de: Es gab in den letzten
Jahren immer wieder Spekulationen, die Gebietskirche Niederlande sei zunehmend
in finanzielle Schwierigkeiten geraten, bedingt durch einen hohen Mitgliederverlust
und einem damit verbundenen Rückgang der Einnahmen. Auch das Ende
Ihrer vollamtlichen Tätigkeit wurde von einigen Beobachtern als Indiz
gewertet. Sind diese Gerüchte von Substanz? |
. |
G. Sepers: „Der Mitgliederverlust
war tatsächlich groß. Es ist aber doch ein wenig übertrieben,
wenn behauptet wurde, ich hätte deswegen nicht mehr hauptamtlich bezahlt
werden können. Wohl muss man sagen: In einer kleinen Gebietskirche,
die auch unabhängig bleiben will und in der Missionsarbeit doch einige
Kosten hat, ist es finanziell nicht so leicht. Dann zählt jedes Mitglied,
das ist klar. Dass es aber so große Not und finanzielle Schwierigkeiten
gab, das glaube ich nicht.“ |
. |
naktuell.de: Wie hoch ist die Mitgliederzahl
der NAK in den Niederlanden? Wie groß ist der Anteil der aktiven
Geschwister? |
. |
G. Sepers: „Es ist schon seit
längerer Zeit ein Rückgang zu melden. Es gibt ungefähr 12.000
Mitglieder. Bei einer großen Zahl ist das nicht so auffällig.
Aber wenn es unter die 6.000 oder 5.000 kommt, wird es doch sehr gefährlich.
An einem Sonntagmorgen sind im Durchschnitt 4.700 Geschwister im Gottesdienst
und am Mittwochabend ungefähr 2.500. Also, das sind nicht sehr viele.“ |
. |
. |
„Das ist natürlich ein diskutabler Brief“ |
. |
naktuell.de: Bezirksapostel de
Bruijn hat sich kurz nach Ihrem Rücktritt in einem Brief an die Bezirksämter
und Vorsteher der NAK Niederlande zur Frage der Exklusivität geäußert
(siehe Veröffentlichung bei glaubenskultur.de
vom 08.12.2004). Er spricht darin u.a. von augenscheinlich positiven Aspekten
des Exklusivitätsgedankens. Wie bewerten Sie die Erläuterungen
des Bezirksapostels? |
. |
G. Sepers: „Das ist natürlich
ein diskutabler Brief. Dieses Schreiben ist nur ausgelegt auf Heil und
Erlösung über die NAK. Eigentlich kann man nur selig werden durch
die Hilfe der NAK. In Einzelfällen darf man aber doch noch auf die
Gnade Gottes hoffen. So habe ich diesen Brief verstanden. Er entkräftet
das Schreiben des Stammapostels, wodurch die Brüder und die Geschwister
in Verwirrung kommen. |
. |
Ich glaube, dass in anderen Kirchen auch Heil von Gott für
Menschen gegeben ist. |
Ich sage, dass wir überhaupt nicht wissen, wie alles aussehen
wird, wenn der Herr Jesus wiederkommt. Ich glaube, dass diese gläubigen
Menschen auch zu Gott, zum ‚Ewigen Mahl‘ – wie auch immer
man das nennen kann – und zur Erlösung kommen können. Aber wie
das alles geschehen wird, wissen wir überhaupt nicht.“ |
. |
. |
„Das Apostelamt ist nicht unbedingt heilsnotwendig“ |
. |
naktuell.de: In dem Ämtergottesdienst
am 1. Dezember 2004 in Hilversum wurde nicht nur der weithin bekannte Brief
des Stammapostels vorgelesen, sondern auch ein Statement von Ihnen. Welchen
Inhalt hatte diese Erklärung? |
. |
|
|
|
Bezirksapostel
Studer |
während
des Gottesdienstes |
für
Amtsträger in Hilversum |
|
|
|
G. Sepers: „Dort ist gesagt
worden, was ich schon erwähnt habe. Unsere Kirche hat natürlich
ihre Identität aus dem Apostelamt und sie sagt, dass das Apostelamt
unbedingt heilsnotwendig ist. Und ich denke das nicht! Das hat Bezirksapostel
Studer deutlich gesagt. Aber mein Statement ist nicht vorgelesen worden. |
. |
Unsere Kirche hat eine exklusive Vision und ich mehr |
eine pluralistische. Aus dem Erbe des Christentums sind viele christliche
Kirchen entstanden. Jede Kirche hat ihre |
|
|
Amtsträger und die achte und respektiere ich. Jede Kirche hat
ihre Geschichte, die römisch-katholische hat eine andere als die protestantische
Gemeinde. Sie sind aber doch irgendwo durch Gott angestellt. Das ist mein
Glaube. Wir können Gott und den Heiligen Geist in ihren Möglichkeiten,
Raum und Entfaltung nicht einschränken. Das geht nicht. Das geht weit
über unsere menschlichen Gedanken hinaus. |
. |
Das Apostelamt in unserer Kirche ist nicht unbedingt heilsnotwendig
aber förderlich und wünschenswert. Man darf unsere Wahrheit repräsentieren,
aber man kann nicht sagen, dass der Heilige Geist nur in optimaler Form
in der NAK offenbar werden kann. Praktisch würde das bedeuteten, dass
der Heilige Geist in anderen christlichen Kirchen nur rudimentär anwesend
ist. Und das kann nicht sein! Deshalb kann man als Neuapostolischer nur
sagen, dass die Kirche sich selber höchstens als eine Fortsetzung
der ursprünglichen apostolischen Bewegung sieht und nicht als die
Fortsetzung.“ |
. |
naktuell.de: Sie erwähnten,
dass Sie davon überzeugt sind, dass Christen verschiedener Konfessionen
durch die Taufe den Heiligen Geist empfangen. Kann man sich wirklich vorstellen,
dass der Heilige Geist bildhaft übermittelt oder gespendet wird? |
. |
G. Sepers:
„Das ist natürlich die große Frage: Wird der Heilige Geist
erweckt in jedem Menschen oder wird er vermittelt durch Gott? Das weiß
keiner.“ |
. |
. |
„Ich lehne die Versiegelung überhaupt
nicht ab“ |
. |
naktuell.de: Die
Heilige Versiegelung stellt nach offizieller Lehre unserer Kirche die Spendung
des Heiligen Geistes durch das Apostelamt dar, und zwar ausschließlich
durch Apostel der NAK. Wie denken Sie über dieses Sakrament? |
. |
G. Sepers:
„Wir haben das aus Handlungen in der Heiligen Schrift. Das ist unsere
Wahrheit und diese Wahrheit vertrete ich auch. Ich kann mir das vorstellen
und ich lehne das überhaupt nicht ab. Dafür fühle ich mich
noch immer apostolisch. Es klingt aber oftmals durch, dass das nur die
einzige Möglichkeit sei. Nein, das ist nur die Möglichkeit, die
wir in unserer Ordnung für richtig erachten. Wir dürfen nicht
über andere urteilen. |
. |
Worauf gründe ich das? Die Zusammenstellung unserer Bibel ist
im dritten oder vierten Jahrhundert entstanden. Dieser Kanon war nicht
eine Einheit. Es gab unendlich viele Evangelien, aber man hat vier ausgewählt
– nicht nur ein einziges, sondern vier, weil man die ganze Geschichte von
Jesus abdecken wollte. Man hat sich nicht für die Evangelien von Thomas,
Bartholomäus, Mathias oder Petrus entschieden, die nennen wir dann
Apokryphen. Später wurde gesagt, die seien falsch oder die Quellen
waren nicht so deutlich. Nein, das passte einfach nicht! Man hatte schon
eine Denkart über die weitere Richtung der Kirche.“ |
. |
. |
Pluriforme Entwicklung der Kirche |
. |
|
|
|
1945
wurden im ägyptischen |
Nag
Hammadi 13 in Leder |
gebundene
Papyrus-Schriften |
entdeckt,
u.a. eine Abschrift |
des
Thomas-Evangeliums [05] |
|
|
|
G. Sepers: „Wenn
also der Kanon der Bibel nicht uniform ist, ist schon die Basis gelegt
für eine pluriforme Entwicklung der Kirche. Das war und ist einfach
Realität, schon von Anfang an. Die Jünger haben schon am Beginn
gestritten und ihre eigene Meinung über Jesus gehabt. |
Und das ist überhaupt nicht schlecht.
Die Erkenntnis ist eigentlich durch das Auffinden der gnostischen Schriften |
von Nag Hammadi und des Thomas-Evangeliums
[05]
gekommen. Nicht dass etwas grundlegend anderes über den Herrn Jesus
gefunden worden ist, aber wohl, dass es mehrere Wahrheiten nebeneinander
gibt. |
|
|
. |
Wir haben eigentlich eine paulinische Kirche – ein Christentum in
der Richtung von Paulus, wo das Opfer und Leiden Christi zentral steht.
Das war in der römisch- |
katholischen Kirche so und mehr noch in den protestantischen Richtungen.
Jede Kirche setzt ihre eigenen Schwerpunkte im Kanon der Bibel. Das bedeutet,
dass die römisch-katholische Kirche mehr Aufmerksamkeit in das Matthäus-Evangelium
und die apostolischen Briefe von Petrus und Johannes gegeben hat. Die protestantischen
Kirchen haben sich mehr auf Paulus und seine Briefe gestützt, wo das
Leiden Christi zentral steht. In den charismatischen Kirchen, so auch bei
uns, stehen die Handlungen der Apostel und die Offenbarungen zentral. Man
muss auch bedenken, dass das Buch der Offenbarung von Johannes eigentlich
bis ins vierte Jahrhundert, auch noch durch den bekannten Bußprediger
Chrysostomos, abgelehnt worden ist.“ |
. |
. |
Erneuerung innerhalb des Christentums |
. |
G. Sepers: „Ein pluriformer
Kanon war also die Grundlage, dass sich ein vielfältiges Christentum
bilden konnte. Und es ist eigentlich fantastisch, dass im 19. Jahrhundert
die apostolische Bewegung und die Erneuerung kam. Diese Bewegung sagte:
Man muss eigentlich das, was der Herr Jesus zentral stellte, Reich Gottes
und Wiederkunft – das war bei Paulus nicht so wichtig – wieder in den Mittelpunkt
stellen! Und das finde ich auch. Das muss wieder mehr zentral kommen. Das
finden wir auch am Anfang bei den Apostolischen. |
. |
Wir sollten das auch in der allgemeinen Christenheit vertreten:
Lebe doch mit dem Reich Gottes, erwarte es in dir selbst und entfalte es!
Wir müssen uns nicht abgrenzen und Fenster und Türen schließen.
Nein, wir dürfen das verbreiten und repräsentieren. Dann kommen
wir wieder zurück zur katholisch-apostolischen Richtung. Ich werde
das persönlich auch weiterhin vertreten. Die Kernwerte sind für
mich die apostolischen Werte: Wiederkunft Christi, Leben nach dem Evangelium
von Jesus Christus und Nachfolge darin. Mit offenen Augen und Ohren, mit
einem sauberen Gewissen und immer sich selbst die Frage stellen: ‚Was
ist eigentlich der Wille Gottes?‘ Darum muss man sich bemühen.
Nächstenliebe bedeutet auch, Menschen in großer Not in unserer
Umgebung und in rückständigen Ländern durch karitative Arbeit
zu helfen. Das ist christliches Leben, meines Erachtens. Das ist auch bereits
im Testimonium [06] der
katholisch-apostolischen Bewegung von 1835 festgehalten.“ |
. |
. |
„Es gibt zuviel Projektion auf die Entschlafenen“ |
. |
naktuell.de: Wie denken Sie über
das Entschlafenenwesen in der Neuapostolischen Kirche, insbesondere über
die Spendung von Sakramenten für Tote? Sind die Seelen in der Ewigkeit
auf den so genannten „lebendigen Apostelaltar“ angewiesen, oder ist das
ein Vorgang, den Gott letztlich selbst regelt? |
. |
G. Sepers: „Wir wissen das überhaupt
nicht. Wir wissen, dass es Entschlafene gibt. Aber wir wissen nicht, wie
ihre Position dort ist, ob sie überhaupt denken können oder ein
Bewusstsein haben. Wir haben dort ein Gedankengut entwickelt, das weit
entfernt ist von der allgemeinen christlichen Lehre. Ob es möglich
ist, dass von dieser Erde aus Segenshandlungen dort stattfinden können,
das weiß keiner. |
. |
Auch Stammapostel Fehr hatte sich schon bemüht, das Entschlafenenwesen
etwas mehr auf eine gute Ebene zu bringen, zurück in die Hände
des Herrn Jesus. Das ist nur teilweise gelungen, z.B. bei der ‚Schlüsselgewalt‘.
Weiter geht es noch nicht.“ |
. |
|
|
|
Apostel
Sepers (Mitte) bei |
seiner
letzten Empfangnahme |
des
Entschlafenenmahls am |
28.11.2004
in Nieuwegein |
|
|
|
naktuell.de: Sie haben, trotz mancher
Skepsis, bis zuletzt das Abendmahl stellvertretend für Entschlafene
entgegengenommen. Haben Sie sich in solchen Momenten gewissermaßen
als ein „Kontaktmedium“ gefühlt? |
|
. |
G. Sepers: „Ich habe wohl teilgenommen.
Ich habe mich verbunden gefühlt mit verstorbenen Menschen in Not,
Freunden, Verwandten usw. Ich habe es symbolisch gesehen und mich nicht
als ‚Medium‘ gefühlt. Ich habe das gesehen wie der Herr
Jesus auch, nämlich dass Erlösung über das Grab hinaus möglich
ist. Aber weiter kann man nicht gehen. |
|
|
Es gibt auch zuviel Projektion auf die Entschlafenen, weil wir Mühe
haben zu sterben. Wir können nicht akzeptieren, dass wir sterblich
sind. Wir müssen vorsichtig sein, unsere menschlichen Gedanken aufs
Jenseits zu projizieren. Wir wissen überhaupt nicht, ob alles so stattfindet,
wie wir uns das denken.“ |
. |
. |
„Wir haben das Vertrauen in die Kirche verloren“ |
. |
naktuell.de: Ein Glaubensbruder,
der sich intensiv mit der Geschichte unserer Mutterkirche (den katholisch-apostolischen
Gemeinden) befasst, kommentierte Ihre Amtsrückgabe mit den Worten,
die Kirchenleitung „opfere“ zunehmend Amtsbrüder, „die Fragen zu Lehraussagen
stellen, welche einer Prüfung im Lichte der Heiligen Schrift nicht
standhalten.“ Nun habe mit Apostel Sepers sichtbar für die Öffentlichkeit
ein Apostel Konsequenzen ziehen müssen. Aber auch viele Amtsbrüder
der unteren Amtsklassen sehen sich zunehmend gezwungen, aus ähnlichen
Gründen, aber unbemerkt von der Öffentlichkeit, ebenfalls Konsequenzen
zu ziehen. [07] |
. |
G. Sepers: „… oder sie ziehen
sich vielleicht zurück und sagen dann: Ich habe den |
Mut verloren und bin ausgebrannt, burn-out. Wahrscheinlich gibt
es viele, die sich aus diesen oder ähnlichen Gründen verabschieden.“ |
. |
naktuell.de: In dem Kommentar heißt
es weiter, der „Fall Sepers“ sei nur die Spitze eines Eisberges. Ist diese
Einschätzung des Glaubensbruders aus Ihrer Sicht zutreffend? |
. |
G. Sepers: „Das denke ich auch.
Der tiefe Grund für dieses Gefühl bei vielen anderen Brüdern
ist seit der Botschaft von Stammapostel Bischoff [08]
gelegt.
Weil eigentlich |
da schon ganz offenbar geworden ist: Wir haben irgendwo das Vertrauen
in die Kirche verloren. Die Kirche hat so explizit gesagt: ‚Es ist
eine göttliche Botschaft!‘ Und von einem Tag auf den anderen,
als Stammapostel Bischoff gestorben war, wurde gesagt: ‚Gott hat
seinen Willen geändert!‘ Man hat den Fehler Gott zugeschoben,
entschuldigen Sie die Deutlichkeit, um sich dann wieder auf den Platz Gottes
zu setzen.“ |
. |
. |
„Viele Brüder fühlen sich in Gewissensnot“ |
. |
G. Sepers: „Ich habe oftmals
Gespräche geführt mit vielen Geschwistern über ernsthafte
Probleme. Und wenn dann über das Vertrauen in Gott gesprochen und
darauf zurückgegriffen wurde, dann kam immer wieder diese ‚Botschaft‘
auf den Tisch. Es sind Zweifel dadurch entstanden und es ging Vertrauen
verloren. Das ist der Anfang gewesen. |
. |
Heute muss man sehen, dass die Entwicklung der Kirche in der ‚Alten
Welt‘ nicht weitergeht und nur zurückgeht, nicht nur durch
die Einflüsse der Zeit. Aber auch die Begeisterung fehlt und die Entfaltungsmöglichkeiten.
Man sieht das Fehlen von Dialog, von Bruder zu Bruder, von Schwester zu
Schwester. Man muss feststellen, dass die Leute an der Basis in den Gemeinden
nur irgendwo am Rande wichtig sind und |
|
|
|
Apostel
Sepers bei einem |
seiner
letzten Gottesdienste |
(Landgraaf,
September 2004) |
|
|
|
überhaupt keinen Einfluss haben. Die Amtsbrüder sitzen
immer dazwischen. Da sind die Aufträge der Leitung einer- |
seits und die Gefühle und Gedanken der Basis andererseits.
Viele Brüder fühlen sich immer mehr in Gewissensnot.“ |
. |
naktuell.de: Ich nehme an, dass
der Kirchenleitung diese Problematik im Ansatz durchaus bewusst ist. Warum
gibt es keine spürbare Änderung? |
. |
G. Sepers: „Vielleicht fehlt
der Mut. Es fehlt Vertrauen!“ |
|
|
. |
. |
„Der Herr Jesus ist der zweite Punkt geworden“ |
. |
naktuell.de: Unsere Kirche sagt,
dass der Glaube an das Apostelamt der NAK eine Grundvoraussetzung ist,
um den Heiligen Geist zu empfangen, um Sündenvergebung zu erlangen,
um das zeitgemäße Wort Gottes zu hören, um ein Teil der
Brautgemeinde zu sein und damit auch zum Heil gelangen zu können. |
. |
G. Sepers: „Das hat sich seit
der Einführung des Stammapostelamtes durch Krebs [09]
immer mehr in diese Richtung entwickelt.“ |
. |
naktuell.de: Meine Frage dazu lautet:
Wurde hier, neben dem Glauben an unseren Herrn und Erlöser Jesus Christus,
eine zweite Heils-Instanz im Apostelamt geschaffen? |
. |
G. Sepers: „Das ist der Knackpunkt.
Auch Stammapostel Fehr hatte immer mehr versucht, den Herrn Jesus mehr
in den Mittelpunkt zu rücken – und das nicht nur am Apostelamt festzumachen,
denn dann wird alles menschlich und das hat schon viel verursacht. Das
ist ein heißes Eisen. Ich bin der Meinung: Apostel sind nur Helfer,
aber der Herr Jesus muss zentral stehen! Und das Apostelamt hat nicht das
letzte Wort.“ |
. |
naktuell.de: Wenn eigene Lehrkonstrukte
zu sehr im Mittelpunkt der Verkündigung einer Kirche stehen – sehen
Sie dann die Gefahr, dass diese Dinge von dem eigentlichen Kern, dem Glauben
an Gott und Jesus Christus, ablenken? |
. |
G. Sepers: „Ja! Und es gibt
auch keinen Raum für die Basis! Und es gibt auch keinen Raum, um als
Apostel auch mal zwischen den Geschwistern zu sitzen, neben dem Diakon
oder Unterdiakon. Man muss eigentlich auf die gleiche Ebene kommen. |
Und es gibt auch zuviel Macht! Dann ist alles dem Apostelamt untergeordnet
und der Herr Jesus ist der zweite Punkt geworden. Wir brauchen eine Renaissance!
Die Kirche sollte mehr eine horizontale Struktur haben.“ |
. |
. |
„Wir haben Gott instrumentalisiert“ |
. |
naktuell.de: In Ihrer Erklärung
vom 11.12.2004 zu den Gründen Ihres Rücktritts schreiben Sie
unter anderem: „Wir können und dürfen unseren Gott, Jesus Christus
und den Heiligen Geist nicht in ihren Möglichkeiten, Raum, Entfaltung
usw. einschränken. Das geht weit über unsere menschlichen Gedanken
hinaus.“ Außerdem sagen Sie: „Wir dürfen Gott nicht für
uns selbst in Anspruch nehmen. Wir haben dazu weder das Recht noch die
Möglichkeiten!“ [10]
Wie ist das zu verstehen? |
. |
G. Sepers: „Wir haben Gott,
Jesus Christus und den Heiligen Geist in unserer Kirche instrumentalisiert!
Das ist meine Meinung. Wir bestimmen, wie Gott sein muss oder wie er sich
verhalten muss. Wir schränken ihn ein in seinen Möglichkeiten
und in seinem Raum. Wir haben uns ein Bild von Gott gemacht, das weit entfernt
ist von ihm. Wir haben das Bild eines Vaters und denken sehr menschlich.
Gott kann man nicht festlegen! |
. |
Das Bild Gottes ist gewachsen aus dem Alten Testament ins Neue Testament.
Es ist immer mehr deutlich geworden, wie Gott wirklich ist. Ich denke,
dass erst Jesus Christus eigentlich Gott ein Gesicht gegeben hat.“ |
. |
. |
„Das Gottesbild wurde auf einen Menschen gestellt“ |
. |
naktuell.de: Sehen sie die Gefahr,
dass unsere Glaubensgeschwister teilweise ein allzu menschliches Gottesbild
haben, zu sehr auf Menschen vertrauen, Menschen nachfolgen und deshalb
kein wahres Vertrauen in Gott und Jesus Christus haben? |
. |
|
|
|
Abbildung
des Stammapostels |
Niehaus
aus dem Jahr 1908: |
„Zum
60. Geburtstage unseres |
lieben
Stammapostels – |
Der
Vater als Steuermann.“ |
|
|
|
G. Sepers: „Eigentlich ist das
darauf zurückzuführen: Man hat das Gottesbild auf einen Menschen
gestellt. Man hat |
das Gottesbild auf eine Vater- und Führungsfigur gestellt.
Psychologisch gesehen bedeutet das: Als Kind ist mein Vater eine Bildungsfigur,
jemand der mich bildet und prägt. Und so ist bei uns der Vorsteher,
so ist der Apostel, so ist der Stammapostel. Das ist weit entfernt von
einem richtigen Gottesbild. |
. |
Und man hat auch nicht den Mut, eigene Verantwortung zu tragen.
Zum Beispiel: Ich habe mich für Gott, Jesus |
Christus und den Heiligen Geist entschieden. Dann bedeutet |
|
|
das auch: Wenn ich eine Entscheidung treffe, dann muss ich das persönlich
entscheiden. Ich kann zwar um Rat fragen, aber ich muss selbst wählen.
Dann kann |
ich nicht sagen: ‚Der Apostel hat das gesagt‘ oder
‚Ich
kaufe ein Haus, weil das der Apostel gesagt hat‘. Es gibt viele
Beispiele in der Vergangenheit. Das hat Spaltung in der Seele verursacht,
wo Menschen auch nicht selbstständig werden können. Und da kann
nie ein richtiger Dialog stattfinden. Viele haben die Verantwortung für
ihren Glauben abgegeben und sind unselbstständig geworden. Das hat
tiefe psychologische Auswirkungen. Und das ist auch ein Faktor, der Depressionen
stimuliert.“ |
. |
. |
„Der Nationalsozialismus hatte sich hineingeschlichen“ |
. |
naktuell.de: Hat die von Ihnen
beschriebene Fehlentwicklung mit der Einführung einer Vater- und Führungsfigur,
also des Stammapostelamtes, eingesetzt? |
. |
G. Sepers: „Ja – ich habe den
Mut, das so zu sagen. Wenn man das richtig verstehen will, muss man noch
etwas weiter zurückgehen. Die katholisch-apostolische Bewegung hatte
ihren Anfang als eine Erneuerungsbewegung, um das Reich Gottes und die
Wiederkunft Christi mehr zentral zu stellen im Christentum und das auch
zu leben in der allgemeinen Christenheit. Sie hatten bereits einen
‚Primus
inter pares‘ [11]
unter
den Aposteln, nämlich Cardale [12].
Und als dann die Notwendigkeit entstanden ist, eine Kirche zu stiften,
hat es so langsam angefangen, dass man sich absonderte und mehr und mehr
exklusiv geworden ist. So etwas hat oftmals in der Geschichte stattgefunden,
auch zu Beginn des Christentums. |
. |
Natürlich hat auch die Geschichte Deutschlands ab den 1930er
Jahren dazu beigetragen. Die Ideen und das nationalsozialistische Gedankengut
vom ‚Neuen Reich‘, das Ariertum, das Bewusstsein: ‚Wir
sind es!‘, hatte sich auch bei uns hineingeschlichen. Es gab Parallelen
zwischen Kirche und Gesellschaft. Nach dem Krieg, als Deutschland sehr
tief unten war und die Menschen darunter gelitten haben, ist irgendwo auch
ein Traum verloren gegangen. Und dann kann man verstehen, dass vielleicht
in einer Kirche der Traum weitergeführt worden ist, durch die Botschaft
von Stammapostel Bischoff. |
. |
|
Ich weiß, das ist gefährlich, was ich sage. Das ist ein
großes Tabu. Dafür werde ich sehr böse Briefe bekommen.
Aber man kann und muss es so sagen aus psychologischer Sicht. Nach fast
siebzig Jahren ist es natürlich leicht, solche Entwicklungen zu verurteilen.
Aber das wäre zu einfach. Diese Dinge müssen aufgearbeitet werden! |
. |
Was war die Ursache des Zweiten Weltkrieges? Die Ursache war ein
Streit zwischen Individualismus und Kollektivismus |
|
|
– und der Kollektivismus hat verloren. Das kollektive Gedankengut
in Mitteleuropa Anfang des 20. Jahrhunderts war natürlich ganz deutlich
zu sehen in einer tragischen Figur, dem ‚Führer‘. Positive
Elemente hat man bei uns übernommen in die Person von Stammapostel
Bischoff. Und wenn man doch den Krieg verloren hatte, man hatte nicht die
Zukunft verloren. Man sagte: Das ‚Dritte Reich‘ ist nicht
gekommen, aber |
für uns kommt jetzt unmittelbar das ‚Reich Gottes‘.
Da hat man kollektiv versucht, dieses zusammenzufügen. Das geschah
aber zumeist aus unbewussten Motiven.“ |
. |
. |
„Sie sind Gefangene des Systems geworden“ |
. |
naktuell.de: Und als dann das Wort,
das dieser „neue Führer“ in der „Botschaft“ gegeben hatte, nicht wahr
wurde,
kam es zu einem vermehrten Verlust an Gottvertrauen, wie Sie es schon vorlaufend
geschildert hatten. Sie sagten auch, dass diese problematische Entwicklung
bis heute Folgen hat und immer noch Fragen aufwirft. |
. |
G. Sepers: „Weil wir nicht damit
umgehen können! Und weil wir ein Teil des Problems sind. Die Brüder
in ihrem Amt haben keine Antwort auf diese Frage, weil sie eingekapselt
sind. Sie repräsentieren einen Teil des Systems. Sie sehen vielleicht,
dass es anders werden muss, aber sie sind Gefangene des Systems geworden.
Dieses System erlaubt nichts anderes. Man sagt: ‚Ich bin seit Generationen
neuapostolisch!‘ |
. |
Ich will eine Geschichte aus einem Buch ‚Zwischenrede‘
von Jean-Paul Sartre [13]
erwähnen.
Da war ein Präsident einer Bananenrepublik in Südamerika. Er
war gewählt durch das Volk und jedermann war froh. Zwei Tage nach
seinem Antritt kam der Botschafter eines großen westlichen Landes
und sagte: Wenn du weitermachst, dann kommen wir mit der Armee, wir kaufen
dein Öl nicht mehr und so weiter. Dann wurde er ein Gefangener in
seinem eigenen System, in seinem eigenen Land. Und so |
ist er auch wieder verschwunden. Das hat Sartre ganz schön
erzählt. – Und irgendwie ist es auch bei uns so!“ |
. |
naktuell.de: Ist dieses Bild auf
die unteren Ebenen der Hierarchie anzuwenden? |
. |
G. Sepers: „Ja, aber auch auf
die Führung. Und deshalb müssen wir uns entscheiden, ob wir eine
andere Richtung wählen können.“ |
. |
naktuell.de: Greift der Herr in
diese Entwicklung ein? |
. |
G. Sepers: „Das tut er nicht.
Und er kann es auch nicht, weil er uns einen freien |
Willen gegeben hat. Gott ist konsequent! Er ist uns nahe, in machtloser
Liebe. |
Wir haben unsere eigene Verantwortung. Wir müssen wählen
und wir müssen den Mut haben, das selbst zu ändern.“ |
. |
. |
Kaum Perspektive für apostolische Ökumene |
. |
naktuell.de: Sie waren jahrelang
für die offiziellen Kontakte der NAK zu den anderen apostolischen
Gemeinschaften in den Niederlanden zuständig. Welche Erfahrungen haben |
Sie bei den Gesprächen mit Vertretern anderer apostolischer Richtungen
gemacht? |
. |
|
|
|
Herbst
2000 in Zürich: Konzil |
apostolischer
Gemeinschaften |
|
|
|
G. Sepers: „Sehr gute, sehr
freundschaftlich und brüderlich.“ |
. |
naktuell.de: Wann haben Sie Ihre
Bemühungen um Kontakte zu anderen apostolischen Gemeinschaften begonnen? |
. |
G. Sepers: „Die Kontakte bestehen
schon sehr lange. |
Das war mit Beginn der Amtszeit von Stammapostel Fehr. Ich weiß
noch genau: Wir haben Anfang der 90er Jahre an einem Wochenende mit ihm
darüber geredet, weil wir eine |
|
|
Einladung bekamen von einer holländischen apostolischen Richtung,
der ‚Hersteld Apostolische Zending Kerk‘ (HAZK). [14]
Und dann hat er gesagt: ‚Macht das!‘“ |
. |
naktuell.de: Es gibt mehrere Gruppen,
die die Bezeichnung HAZK tragen. |
. |
G. Sepers: „Eine etwas liberale
und eine orthodoxe Richtung. Aber eigentlich sind es drei. Der
‚Stamm
Juda‘ von Apostel van den Bosch ist liberal eingestellt. Mit dieser
Gruppe haben wir geredet und auch mit der ‚Gemeinde Apostolischer
Christen.‘“ [15] |
. |
naktuell.de: An welchem Punkt der
Entwicklung befindet sich die inner-apostolische Ökumene heute? |
. |
G. Sepers: „Es gibt traurigerweise
nur wenig Perspektive. Das Prinzip unserer Exklusivität steht im Weg.“ |
. |
naktuell.de: Was muss passieren,
damit wieder Bewegung in die Gespräche zwischen der NAK und anderen
apostolischen Gemeinschaften kommt? |
. |
G. Sepers: „Exklusivität
ändern. Das Amt und das Wirken des Geistes in diesen Kirchen akzeptieren.
Und auch öffentlich zugeben, dass wir große Fehler gemacht haben.
Das heißt sich versöhnen und damit abschließen. Und die
Rausschmisse und Exkommunikationen der Leute müssen rückgängig
gemacht werden. Wenn man Rockenfelder sen. [16]
beinahe
in den Himmel preist oder fast schon selig erklärt, |
dann muss man auch darüber nachdenken, dass Peter Kuhlen [17]
und
andere Leute vielleicht auch so etwas verdienen.“ |
. |
. |
Katholisch-apostolische Wurzeln |
. |
naktuell.de: Wie denken Sie über
das Werk der zwölf englischen Apostel und unsere Mutterkirche, die
katholisch-apostolischen Gemeinden (KAG)? |
. |
G. Sepers: „Sehr positiv.“ |
. |
naktuell.de: Damit ist ja auch
die Wiedereinführung des Apostelamtes verbunden. Waren die damaligen
Ereignisse nach Ihrer Einschätzung zurückzuführen auf ein
Eingreifen Gottes (im Sinne einer Wiederaufrichtung des „Werkes Gottes“)
oder war es ein Versuch von Menschen, die Ordnungen und Einrichtungen der
Urkirche wieder herzustellen? |
. |
G. Sepers: „Das war ein Versuch
von Menschen um das, was am Anfang der Herr Jesus gesagt hat, zu repräsentieren
und in der allgemeinen Christenheit zu verwirklichen. Ich bin überzeugt,
dass Gott sich darin geäußert hat! – Sie wollten |
keine neue Richtung stiften. Sie waren sehr hochentwickelte Leute.
Dasselbe gilt für die Niederlande. Isaac Capadose [18]
z.B.
war damals ein sehr bekannter Mann in den Niederlanden. Die Katholisch-Apostolischen
sind noch immer aktiv. Nur 100 Meter von meiner Arztpraxis entfernt ist
eine katholisch-apostolische Gemeinde und jeden Monat haben sie dort noch
Gottesdienst.“ |
. |
. |
„Ich fühle mich dem Judaismus sehr verbunden“ |
. |
G. Sepers: „Und sie haben auch
früher schon deutlich gesagt, und das wissen nicht viele: Wir sollten
nicht evangelisieren unter Juden! Wir sollten diese Leute in ihrem Glauben
respektieren.“ |
. |
|
|
|
Der
siebenarmige Leuchter – |
Symbol
Israels |
|
|
|
naktuell.de: Glauben Sie, dass
der Herr am Ende das ganze Volk der Juden erlösen wird, so wie es
in der Heiligen Schrift geschrieben steht? |
. |
G. Sepers: „Ja natürlich.
Was Paulus in Römer 11 [Röm.
11] gesagt hat, das bleibt für mich sehr wichtig.“ |
. |
naktuell.de: Diese Bibelstelle
sollte also nicht auf ein „neues Volk Israel“ umgedeutet werden? |
|
|
. |
G. Sepers: „Paulus hat das für
das Volk Israel geschrieben – damals und in Zukunft. Lesen Sie mal bei
Pinchas Lapide [19] und
David Flüsser (‚Jesus aus der jüdischen Sicht‘)
und in vielen anderen Büchern, die über Jesus in Verbindung mit
dem Judentum geschrieben wurden. Es gibt in Frankreich und in den angelsächsischen
Ländern, in Großbritannien und Amerika, ein Jesus-orientiertes
Judentum, das messianische Judentum. Ich fühle mich dem Judaismus
sehr verbunden.“ |
. |
. |
„Der Apostel muss mehr Geistlicher sein“ |
. |
naktuell.de: Halten Sie die Neuapostolische
Kirche für eine Fortsetzung des Werkes der zwölf englischen Apostel
oder gab es historische Ereignisse, die diesen Rückschluss nicht zulassen? |
. |
G. Sepers: „Irgendwann ist es
zu einem größeren Umbruch gekommen, wo dann die Exklusivität
mehr und mehr Nachdruck bekommen hat. Das war in der Zeit von Apostel Schwarz
[20]
noch
nicht so. Also ist unsere Kirche keine Fortsetzung im engeren Sinn.“ |
. |
naktuell.de: Die Idee einer Fortführung
des Apostelamtes ist nach ihren Vorstellungen |
aber richtig? |
. |
G. Sepers: „Ja, das kann sein.
Aber nur als Gabe in einer Gemeinde und kein pyramidales System von oben
nach unten. Wie schon gesagt, wir brauchen einen mehr horizontalen Aufbau
der Kirche. Das Apostelamt sollte mehr ein geistliches Amt sein. Die Leitung
der Kirche sollte auf allen Ebenen (Gemeinde, Bezirk und Zentrale) in die
Hände von Fachleuten gegeben werden. Die Struktur der Ämter sollte
mehr horizontal sein und das Kirchenvolk sollte Anteil haben an der Führung
und der Liturgie.“ |
. |
naktuell.de: Nach katholisch-apostolischer
Auffassung sollte die Kirche eigentlich Dienerin sein und der Apostel ein
Botschafter seines Herrn Jesus Christus. |
. |
G. Sepers: „Und er sollte sich
nicht mit der Entscheidung um die Toilettenrollen in den Kirchen bemühen.
Der Apostel muss mehr Geistlicher sein!“ |
. |
naktuell.de: Apostel Kainz sagte
im Oktober 2003 (in einem Interview
mit naktuell.de) über die Stellung der Apostel: „Jesus hat gesagt:
‚Ohne MICH könnt ihr nichts tun!‘ Aber |
er hat nicht gesagt: Ohne EUCH kann ich nichts tun.“ – Hat sich dieses
ursprüngliche Bild |
durch die tatsächliche Stellung des Apostelamtes in unserer Kirche
und im Bewusstsein der Gläubigen ins Gegenteil verkehrt? |
. |
G. Sepers: „Aber ich meine wohl,
dass Stammapostel Fehr doch Mühe getan hat, das zu ändern – und
Stammapostel Urwyler [21]
noch
mehr.“ |
. |
naktuell.de: Was hindert die Führung
unserer Kirche, diese Erkenntnis eindeutig und ohne Einschränkungen
umzusetzen? |
. |
G. Sepers: „Es gibt andere Kräfte
in der Kirchenleitung. Es ist kompliziert. Es gibt Angst, Mitglieder zu
verlieren, und das hätte dann vielleicht auch finanzielle Konsequenzen.
Es ist auch so, dass sie gefangen sind in ihrem eigenen System. Es ist
nicht so einfach, sich von diesem Denken zu lösen.“ |
. |
. |
Rückzug zu ernsthaften Beratungen |
. |
naktuell.de: Was können wir
angesichts der von Ihnen beschriebenen gegenwärtigen Situation von
unseren Wurzeln, der katholisch-apostolischen Bewegung, lernen? |
. |
|
|
|
Die
12 katholisch-apostolischen |
Apostel
(Bild: apostolic.de) |
|
|
|
G. Sepers: „Dass wir wieder
1 Jahr in Konklave gehen, |
wie die ersten katholisch-apostolischen Apostel das gemacht haben.
Dass die Führung sich ernsthaft bemüht und darüber nachdenkt:
Was steht bei uns in Zukunft an? Was müssen wir tun, damit die Leute
wieder begeistert werden! Was müssen wir ändern, damit das Machtdenken
aufhört und die Basis wieder mit der Leitung verknüpft wird! |
. |
Die Basis sollte wieder mehr Gehör finden und auch mitentscheiden
können. Das war teilweise in den katholisch- |
|
|
apostolischen Gemeinden umgesetzt. Wenn jemand für ein Amt
berufen wurde, dann wurde mit ihm gesprochen. Er konnte ja oder nein sagen.
Aber die anderen konnten auch ja oder nein sagen. Es gab eine Prüfungszeit
und dann mussten die Leute versprechen, dass sie einen Kurs machen, um
sich zu vertiefen in spirituelle und theologische Sachen. Die haben das
auch einstudiert und geübt. Und das muss unbedingt wieder stattfinden!
Und auch der Dialog, der in der katholisch- |
apostolischen Bewegung anfangs da war, muss dringend wieder her.“ |
. |
. |
Entstehung einer Basisgemeinde |
. |
naktuell.de: Nach Ihren Worten
sollte sich die Leitung der NAK nach dem Vorbild der KAG-Apostel ein Jahr
lang zu ernsten Beratungen zurückziehen. Das würde bedeuten,
dass aus Ihrer Sicht ein echter Schnitt notwendig wäre und man nicht
sagen kann, dass die angestrebte Weiterentwicklung langsam und allmählich
vonstatten geht. Muss dieser Schnitt für alle Mitglieder der Kirche
bewusst spürbar werden? |
. |
G. Sepers: „Exakt. Und auch
unter Einbeziehung von Frauen im Amt. Ich habe das |
so formuliert: Zentral steht für mich immer der Mensch als
Schöpfung Gottes und nicht die Höhe des Amtes. Auch steht die
Gemeinde zentral, wo in der Gemeinschaft dieses erlebt werden kann. Persönlich
habe ich große Glaubenserfahrungen erlebt in der Begegnung mit Geschwistern
und unseren Mitmenschen. Ich habe die Nähe Gottes erfahren am Krankenbett,
am Todesbett, in der Mission und bei vielen anderen Gelegenheiten. Und
immer getrieben von dem Suchen nach dem höchsten Gut innerhalb Glaube
und Christentum und die dazugehörende Symbolik und Kernwerte. Darin
ist eine Friktion entstanden zwischen dem, was ich glaube und dem, was
innerhalb der NAK als Gedankengut verkündigt werden muss. Und weil
ich immer versuche, in Übereinstimmung mit meinem Gewissen zu leben,
das bedeutet glaubwürdig und zuverlässig zu sein und zu bleiben,
hat es sich gezeigt, dass solches Gedankengut nicht vereinbar ist mit diesem
Amt in dieser Kirche. Ich durfte deshalb nur eine rein exklusive Vision
repräsentieren und nicht eine pluralistische. |
. |
Wir müssen uns darum bemühen, dass eine Basisgemeinde
entsteht und anwesend ist, in der nicht die Höhe des Amtes im Mittelpunkt
steht, sondern das Wirken des Geistes in jedem Einzelnen. Dass man mit
Respekt und auf dem Grund einer Dialogbereitschaft miteinander reden und
tiefe spirituelle Gefühle erfahren kann. Wir respektieren die Ämter
als Gaben Gottes. Aber wir können sie nur respektieren, wenn sie sich
auch so verhalten und nicht im Machtdenken offenbar werden.“ |
. |
. |
Diskurs über problematische Predigten |
. |
G. Sepers: „Ich war im Sommer
in einem Gottesdienst irgendwo in Europa, nicht in Holland. Das war am
18. Juli 2004, ich werde das nie vergessen. Und da kam das Wort vom Altar
und da sagte der Priester (ein sehr lieber Mann): ‚Wer das edle
Schiff verlässt, der ertrinkt!‘ Ich dachte mir: Wie kann ein
Priester nur so etwas sagen?! |
Und ich habe umher geschaut und keiner der Geschwister gab eine
Reaktion. Dann habe ich gedacht, ich muss das nachlesen in den ‚Leitgedanken‘.
Und das stand tatsächlich dort, buchstäblich! So etwas geht doch
nicht! |
. |
|
|
|
„Leitgedanken
zum |
Gottesdienst“
– Monatsschrift |
für
die Amtsträger in der |
Neuapostolischen
Kirche |
|
|
|
Ich zitiere (‚Leitgedanken zum Gottesdienst‘, Vorgabe
für die Predigt am Sonntag, dem 18. Juli 2004, aus einem Gottesdient
des Stammapostels): ‚Was für einen Sinn hat es, jetzt das Schiff
zu verlassen? Wer das Schiff verlässt, ertrinkt! Wer an Bord bleibt,
kommt in den Hafen des ewigen Vaterlandes. Das edle Schiff, die Kirche
von Jesus Christus, wird sein Ziel erreichen, denn Gott sorgt dafür.‘
– Dieser Satz ist erschreckend! |
. |
Und in einer richtigen Basisgemeinde muss man doch |
sagen: ‚Lieber Priester, wir müssen darüber reden.
Ich kann |
|
|
das nicht nachvollziehen, ich glaube das nicht und ich habe Schwierigkeiten
mit deiner Predigt!‘ – Genau das geht aber nicht! Es ist fast unmöglich
bei uns, dass man sich so unterhält. Die Amtsträger können
keine Antwort geben, weil sie dann ihre Loyalität aufgeben würden.
Manche Amtsträger stehen auch gar nicht hinter solchen Aussagen und
haben ein Problem mit ihrem Gewissen. Das hat psychische Folgen. Und das
bedeutet dann auch, dass die Kirchenleitung dafür verantwortlich ist!“ |
. |
. |
„Die Konservativen sind immer stärker
gewesen“ |
. |
naktuell.de: Wie schätzen
Sie die Stimmung in den neuapostolischen Gemeinden in den Niederlanden
und die Lage der NAK in Mitteleuropa ein? |
. |
G. Sepers: „Apathie! Kein Steuer,
keine Vision. Es gibt keine Begeisterung mehr. |
Es gibt die Frage: ‚Ja, was sind wir noch?‘“ |
. |
naktuell.de: In den 90er Jahren
wurde in unserer Kirche ein spürbarer Öffnungsprozess begonnen.
Diese Entwicklung wurde auch von vielen Mitgliedern bewusst wahrgenommen,
z.B. mit der Einführung der Eigenverantwortung, Gründung von
thematischen Arbeitsgruppen usw. Seit etwa 3 oder 4 Jahren scheint dieser
Prozess aber zu stagnieren. Woran liegt das? |
. |
G. Sepers: „Es gibt ein Stagnieren.
Man spürt das auch in den ‚Leitgedanken‘. Ich denke,
dass das auch auf eine globale Änderung in der Gesellschaft zurückzuführen
ist. Auch im Islam findet eine stärkere Entwicklung zum Fundamentalismus
statt, auch in den protestantischen Richtungen in den Vereinigten Staaten.
Die Evangelikalen dort sind sehr stark. – Und auch bei uns ist das so eine
Wellenbewegung. Man zieht sich auf den eigenen Fundamentalismus zurück. |
. |
Die Konservativen brauchen sich nie zu rechtfertigen! Die Progressiven
dagegen müssen sich immer wieder verteidigen. Aus Angst vor Änderungen
und aus Angst davor, den Griff zu verlieren, werden diese Dinge immer stärker.
Das ist immer eine Wellenbewegung gewesen in der Weltgeschichte. Die Progressiven
denken, sie gewinnen immer mehr Land oder Terrain. Aber das ist nicht so.
Die Konservativen sind immer stärker gewesen. Dann und wann gibt es
irgendwo eine Geiselnahme oder eine Explosion und innerhalb von zehn Jahren
verschwindet das wieder.“ |
. |
. |
„Ich habe das als kosmetische Änderungen
erfahren“ |
. |
naktuell.de: Gibt es heute in der
Kirchenleitung Raum für unterschiedliche Denkrichtungen? Gibt es konservative
und progressive Strömungen im Apostelkollegium? |
. |
G. Sepers: „Sehr wahrscheinlich
schon. Das ist aber kaum sichtbar. Das gibt es nicht offen, sondern nur
versteckt.“ |
. |
|
|
|
Verwaltungsgebäude
der |
NAK
International in Zürich, |
Sitz
des Stammapostels |
|
|
|
naktuell.de: Sah das vor einigen
Jahren noch anders aus? |
. |
G. Sepers: „Ja – es gab mehr
Dialog. Die Richtung war |
mehr offen.“ |
. |
naktuell.de: Ist diese rückwärts
gerichtete Entwicklung einer der Gründe für Ihren persönlichen
Rückzug aus der Kirchenleitung? |
. |
G. Sepers: „Das hat auch mitgewirkt
bei der Entscheidung. Weil ich das erfahren habe als kosmetische Änderungen, |
|
|
in Richtung Ökumene und auch das, was mit ‚Dienen und
Führen‘ [22]
zu
tun hat. |
Das war nur für das große Publikum, aber dahinter steckt
immer das konservative Denken. So kann ich mich nicht entfalten. |
. |
Wenn ich Probleme gehabt hätte mit einem Menschen, einem Bruder
oder einem Segensträger, deshalb hätte ich niemals mein Amt zurückgegeben.
Dann muss ich dafür kämpfen, dass wir irgendwie eine Zusammenarbeit
weiterführen können. |
Aber wenn es auf ideologische Punkte abgehoben wird und diese Dinge
so wichtig sind, dann denke ich, dass ich dieses Amt nicht mehr tragen
kann. Das will ich dann auch nicht mehr.“ |
. |
. |
Umkehr des Öffnungsprozesses |
. |
naktuell.de: Lässt sich der
Öffnungsprozess in unserer Kirche, der ja doch als solcher wahrgenommen
wurde, wieder umkehren? Muss man befürchten, dass einige dieser Schritte
wieder rückgängig gemacht werden? |
. |
G. Sepers: „Theoretisch ja,
aber praktisch ist das nicht möglich. Das würde eine Revolution
auslösen. Etliche Geschwister an der Basis haben diese Schritte verstanden.
Das kann man nicht mehr zurücknehmen. Das ist ja das Problem.“ |
. |
naktuell.de: Gibt es Tendenzen
oder Einflüsse in der Kirchenleitung, die diesem langsamen und zögerlichen
Öffnungsprozess der NAK massiv entgegenstehen? |
. |
G. Sepers: „Ja.“ |
. |
naktuell.de: Woher kommen diese
Einflüsse? In manchen Einschätzungen gelten insbesondere die
nordamerikanischen Gebietskirchen als Gegner dieser Entwicklung. |
. |
G. Sepers: „Das kann man nicht
so genau an einem Punkt festmachen. Auch im |
‚Alten Europa‘ gibt es diese negativen Einflüsse, auch
an der Basis. Die ‚Botschaft‘ von Stammapostel Bischoff ist
ja auch nicht nur von oben gekommen, sondern wurde auch unten angenommen
und verstärkt.“ |
. |
. |
„Stammapostel Fehr kann sich nicht durchsetzen“ |
. |
naktuell.de: Stammapostel Fehr
wurde eine Zeit lang als Symbol für eine Öffnung der Kirche wahrgenommen.
Man hat die neuen Entwicklungen auch mit seiner Person in Verbindung gebracht.
In den Jahren 1999 und 2000 brachte er beispielsweise das Thema „NAK und
Ökumene“ selbst ins Rollen. Seit einigen Jahren hat jedoch wieder
ein Rückzug auf alte Positionen eingesetzt. Wie steht Stammapostel
Fehr heute zur Ökumene? |
. |
|
G. Sepers: „Nicht dass er das
nicht will! Aber in der großen Welt hat man es mit mehreren Kräften
zu tun.“ |
. |
naktuell.de: Sie sagen, dass Stammapostel
Fehr von seinem früheren Anliegen einer ökumenischen Öffnung
der Kirche bis heute nicht abgerückt sei. Wie beurteilen Sie die innere
Ambivalenz der Position von Richard Fehr – der zum einen eine Öffnung
der Kirche befürwortet, zum anderen aber auch als Verteidiger einer
konservativen Linie auftritt? |
|
|
. |
G. Sepers: „Wenn in unserer
Kirche oder Organisation sich etwas ändern muss, |
dann hat nicht nur einer das Sagen, sondern ein Gremium von Bezirksaposteln
und Stammapostel zusammen. Und wenn es nicht genügend Mehrheit gibt,
dann ist es für einen Stammapostel auch sehr schwierig, das durchzuführen
was er sich vorstellt, |
weil er die Aufgabe der Einheit befürchtet.“ |
. |
naktuell.de: Das bedeutet, dass
der Stammapostel entgegen seinen eigenen Vorstellungen jene Linie nach
außen hin vertritt, die in der Bezirksapostelkonferenz beschlossen
wurde? |
. |
G. Sepers: „Er vertritt ja eigentlich,
dass er mehr Offenheit will. Aber er kann das nicht durchsetzen. Die Unterstützung
fehlt. Es gibt dafür im Moment keine Mehrheit |
in der Bezirksapostelversammlung.“ |
. |
naktuell.de: Ist Richard Fehr mit
seinen Bemühungen, dass Jesus im Bewusstsein der Geschwister und in
der Lehre der Kirche mehr in den Mittelpunkt gestellt wird, gescheitert? |
. |
G. Sepers: „Er empfindet das
wohl, aber er denkt auch, wir brauchen noch viel mehr Geduld. Das ist natürlich
ein sehr langsamer Wachstumsprozess. Er wollte das weiterverfolgen, aber
seine Zeit ist natürlich begrenzt, weil er an Pfingsten 2005 in |
den Ruhestand treten wird. Er denkt, es wird nicht unterstützt
durch die Gemeinden, durch die Basis oder die Ebene dazwischen, durch den
Amtskörper. Es fehlt an einem richtigen Dialog mit diesen Gruppen.“ |
. |
. |
„Die Reflektion der Kirchenleitung hat zu
wenig Mut“ |
. |
naktuell.de: In unserer Kirche
haben sich global gesehen in den letzten Jahren in verschiedenen Regionen
unterschiedliche Entwicklungen und Ausformungen herausgebildet, beispielsweise
in der Haltung zur Ökumene oder in der Ausformung der äußeren
Würdigung des Apostelamtes. Angesichts dieser wachsenden Herausforderung
müsste es vorstellbar sein, dass die Kirchenleitung verschiedene Gegebenheiten
berücksichtigt, individuelle Entscheidungen trifft und in Detailfragen
regional voneinander abweichende Entwicklungen innerhalb der weltweiten
Kirche zulässt. |
. |
G. Sepers: „Pluralismus in der
Kirche – wie in der römisch-katholischen – das wäre nicht schlecht.
Aber wir sind natürlich nur eine ganz kleine Kirche. |
. |
Man kann nicht sagen, dass es darüber keine Reflektion in der
Kirchenleitung gibt. Aber diese Reflektion hat zu wenig Mut. Durch verschiedene
Verhältnisse hat sich das so entwickelt. Da spielt Macht eine große
Rolle. Da spielt auch Geld eine große Rolle. |
. |
Eine positive Entwicklung ist doch, dass man
mit mir so freundlich umgegangen ist und dass ich mit Dank verabschiedet
wurde. Ich hoffe, dass das nicht nur wegen den freundschaftlichen Beziehungen
von Bezirksapostel Armin Studer und mir so gewesen ist. Ich hoffe, dass
das eine neue Linie wird. Dann hätte es doch irgendwo eine spürbare
Reflektion gegeben.“ |
. |
naktuell.de: Können wesentliche
Impulse für Veränderungen und eine Weiterentwicklung der Kirche
überhaupt von oben, also von der Kirchenleitung, kommen? |
. |
G. Sepers: „Man kann vielleicht
ein wenig hoffen. Aber ich erwarte das nicht innerhalb von 20 Jahren.“ |
. |
. |
„Wir brauchen eine tiefgründige theologische
Basis“ |
. |
naktuell.de: Bei vielen Geschwistern
an der Basis besteht eine große Unsicherheit über Sinn, Zweck
und Richtung des Öffnungsprozesses. Man zweifelt, ob wirklich Bewegung
in konkrete Fragen gekommen ist und ob weitere Veränderungen überhaupt
noch zu erwarten sind. Es entsteht zunehmend der Eindruck, dass die begonnene
Öffnung der Kirche nur als eine Reaktion auf äußeren Druck
zu sehen ist, als ein Zeichen nach außen. |
. |
G. Sepers: „Das ist ganz bestimmt
so. Es gibt eine sehr große Unsicherheit. Es kommen keine klaren
und eindeutigen Antworten. Die Stellungnahmen der Kirche können in
viele Richtungen gedeutet werden. |
. |
Es muss eine tiefgründige theologische Basis geben und nicht
nur sehr dünn von 20 Seiten. Wir brauchen so etwas wie einen Katechismus,
wie in der evangelischen und römisch-katholischen Kirche. Diese Tiefgründigkeit
brauchen wir in unserer Kirche. Dann kann man sich danach richten und ja
oder nein sagen. Ich möchte nicht durch eine Hölle von vielen
Meinungen (in Statements) immer wieder verunsichert werden, ist dieses
nun die Wahrheit oder ist jenes die Wahrheit der Kirche. |
. |
|
Stammapostel Urwyler sagte: ‚Zur Ehre der Bibelübersetzer
und der Missionare können wir sagen, dass es uns Neuapostolische gibt.‘
Das predigte er. Und das bedeutet: Dank an andere Kirchen, dass sie die
Bibel übersetzt haben, auch unter Mitwirkung des Heiligen Geistes,
Ehre den Wegbereitern und Missionaren. Das ist sehr wichtig und diese Tiefgründigkeit
brauchen wir in unserer Kirche.“ |
|
|
. |
. |
„Ich glaube nicht an eine innere Revolution“ |
. |
naktuell.de: Die NAK befindet sich
bereits seit Jahren in einem Prozess der inneren Herausbildung von zwei
sich gegenüberstehenden Lagern: einer stark konservativen Richtung
und einer eher progressiven Strömung. Steht die Kirche vor einer inneren
Zerreißprobe? |
Wie lautet Ihre Prognose? |
. |
G. Sepers: „Ich denke, dass
die Konservativen doch immer gewinnen. Die Progressiven (die fühlen
und sehen und glauben: Wir sehen keine Chance mehr, dass sich etwas ändert)
werden sich anders orientieren. Ich glaube nicht an eine innere Revolution
in der Kirche. Ich glaube, dass die Progressiven so ganz langsam, still
und leise durch die Hintertür verschwinden. Tragisch, aber wahr. Entschuldigen
Sie, dass ich das so sage: Und die Besten gehen dann. |
. |
Andererseits muss man auch sagen, dass in unserer ziemlich hierarchisch
strukturierten Organisation – und das hat mit jeder Kirche, die derartig
strukturiert ist, zu tun –, dass die Scheidung schon am Anfang der Existenz
mit einbezogen ist. Wenn eine solche Bewegung entsteht – so wie wir entstanden
sind –, dann ist bereits abzusehen, dass wieder neue Zellen und Prozesse
in Gang gesetzt werden für eine Spaltung. Das gehört zu der Psychologie
dieses Systems.“ |
. |
. |
„Wie kleine Jungen oder kindliche Menschen“ |
. |
naktuell.de: Denken Sie, dass die
sich wandelnden gesellschaftlichen Prozesse und Einflüsse in der heutigen
Zeit nicht doch einen starken Einfluss haben und zwangsläufig Änderungen
am System bewirken? |
. |
G. Sepers: „Unsere Kirche ist
wie eine letzte Insel, auf der das hierarchische System konserviert wird.
Weil wir so stramm organisiert sind, würde jede Änderung zu einem
großen Abfall führen. Die Geschwister haben überhaupt nicht
gelernt, zu diskutieren oder mit Dialog umzugehen. In ihrer gesellschaftlichen
Entwicklung haben sie das wohl gelernt, aber in der Kirche überhaupt
nicht. Das betrifft gebildete Leute genauso wie kindlich gläubige
Leute. Es ist erstaunlich, dass große Männer in unserer Gesellschaft
– ich habe das öfter erlebt – Professoren, Direktoren, Präsidenten
von großen Unternehmen usw., innerhalb unserer Kirche sich wie kleine
Jungen oder kindliche Menschen verhalten. Das ist sehr erstaunlich! |
. |
Auf der anderen Seite: In den jüdischen Verhältnissen
vor 2000 oder 3000 Jahren war es ganz normal, dass diskutiert wurde, auch
in der Zeit von Jesus. Das war ganz normal.“ |
. |
naktuell.de: In unserer Kirche
besteht weitgehend eine Kultur des „Nicht-Fragen-Dürfens“, weil sofort
das Gefühl entsteht, dass man in eine Ecke oder Schublade gesteckt
wird, einen Stempel aufgedrückt bekommt und nur noch als ein „Zweifler,
der nichts empfängt“ gilt. |
. |
G. Sepers: „… und dann bekommt
man religiöse Schuldgefühle!“ |
. |
. |
Rückkehr zur allgemeinen Christenheit |
. |
naktuell.de: Wenn Sie damit rechnen,
dass die Progressiven nach und nach von Deck gehen, dann bedeutet das auch,
dass diese Gläubigen eine neue geistige Heimat brauchen. Denken Sie,
dass es in den nächsten Jahrzehnten deshalb zu Neugründungen
kommen wird? |
. |
G. Sepers: „Ich hoffe nicht!
Ich hoffe, dass nicht wieder eine neue Kirche entsteht. Geschwister, die
die Kirche verlassen, sollten zurückgehen zur allgemeinen Christenheit,
sich einer bestehenden Gemeinde anschließen, damit sie den apostolischen
Glauben dort leben und ein Beispiel sind und bleiben. Das ist meine Meinung
und die werde ich auch vertreten. Ich bin selbst auf der Suche.“ |
. |
. |
„Ich bleibe vorläufig Mitglied der NAK“ |
. |
naktuell.de: Werden Sie nach Ihrem
Rücktritt und den damit verbundenen Erfahrungen weiterhin Gottesdienste
in der Neuapostolischen Kirche besuchen? |
. |
G. Sepers: „Ich denke nicht.“ |
. |
naktuell.de: Ist das eine feste
Entscheidung? |
. |
G. Sepers: „Ja. Wegen der Exklusivität.
Ich setze mich dem nicht mehr aus. Ich will |
in einem Gottesdienst auch etwas empfangen. Wenn die Kirche sich
erkennbar ändert, will ich mich neu orientieren.“ |
. |
naktuell.de: In Ihrem Wohnort gibt
es auch eine Gemeinde der HAZK. Können Sie sich vorstellen, dort oder
in anderen apostolischen Gemeinden an Gottesdiensten teilzunehmen oder
sich möglicherweise einer dieser Gemeinschaften anzuschließen? |
. |
G. Sepers: „Vielleicht mache
ich einen Besuch, aber ich denke nicht, dass ich mich anschließe.
Ich bleibe vorläufig Mitglied der NAK.“ |
. |
naktuell.de: Wie nahe stehen Sie
den anderen apostolischen Gemeinschaften? Liegen Ihnen die Glaubensüberzeugungen
dieser Richtungen persönlich näher? |
. |
G. Sepers: „Ja, das auch. Nicht
die ‚Apostolische Genossenschaft‘ [23],
die überhaupt nicht. Aber die katholisch-apostolische Kirche, die
HAZK und die ‚Gemeinde Apostolischer Christen‘.“ |
. |
naktuell.de: Sie sagten, dass Sie
Gottesdienste in anderen Kirchen besuchen möchten. |
Hat diese Überlegung auch etwas mit dem Wunsch zu tun, Heiliges
Abendmahl zu feiern? |
. |
|
|
|
Volle
Kirche: Amsterdamer |
Dominicusgemeinde |
|
|
|
G. Sepers: „Ganz bestimmt. Wir
haben kürzlich eine |
Kirche im Zentrum von Amsterdam besucht. Die können Sie finden
auf der Internetseite dominicusgemeente.nl.
Das ist eine unabhängige Basisbewegung in Holland. Es gibt drei Pfarrer
und dort ist jedermann, aus protestantischen und katholischen Richtungen,
herzlich willkommen. Das Motto ist: ‚Nur ein Dach, oben einige Häupter.‘
In
diesem Gottesdienst waren 1.000 Menschen anwesend. Es war sagenhaft! Dort
haben die Ämter nicht an erster Stelle |
|
|
Abendmahl empfangen, sondern sie waren nach der Gemeinde die letzten
gewesen. |
Die Kinder haben das Brot und die Kelche gehalten. Man konnte das
Brot selbst in einen Weinkelch tauchen. Ich muss sagen, das hat mich tief
beeindruckt.“ |
. |
. |
„Mut zum Bekenntnis der apostolischen Botschaft“ |
. |
naktuell.de: Welche persönlichen
Wünsche haben Sie für das (zum Zeitpunkt der Gesprächsführung)
bevorstehende Weihnachtsfest? |
. |
G. Sepers: „Für das Weihnachtsfest
denke ich: Wir sollten nachdenken über den Sinn von Weihnachten und
die Geburt Jesu, damit das Leben unseres Herrn Jesus von uns Christen repräsentiert
wird. Wenn wir die ganzen Zustände in unserer Welt sehen, sollten
wir uns als Christen, als Islamiten und Juden zusammenfinden, um eine Basis |
zu suchen, damit wir friedlich zusammenleben und nicht einander
ermorden. Und wir sollten uns Gedanken darüber machen, dass die großen
Unterschiede in der Welt – arm und reich – doch gelöst werden können.
Ich weiß, dass das weit entfernt ist von der Realität. Wir sollten
uns aber doch in Nächstenliebe darum bemühen. |
. |
Zum Weihnachtsfest wünsche ich mir persönlich, dass ich
in einer Kirche wirklich etwas schönes erleben darf. Wir sind noch
auf der Suche.“ |
. |
naktuell.de: Und was wünschen
Sie sich in Bezug auf die weitere Entwicklung der NAK? |
. |
G. Sepers: „Ich fühle mich
dieser Kirche verbunden, das ist doch ganz klar. Für die Zukunft der
NAK hoffe ich, dass sie den Mut hat, sich zu der apostolischen Botschaft
der katholisch-apostolischen Bewegung zu bekennen, danach zu streben und
sich zu fragen: Was müssen wir tun, damit wir wieder zurückfinden
zur Basis.“ |
. |
. |
Selbstvertrauen und Gottvertrauen |
. |
naktuell.de: Möchten Sie unseren
Glaubensgeschwistern in Deutschland, Österreich, der Schweiz und den
Niederlanden eine Botschaft mit auf den Weg geben? |
. |
G. Sepers: „Wir müssen
unserem eigenen Gewissen folgen und viel mehr auf das hören, was tief
in unserem Herzen vor sich geht. Dann bekommt man das Gefühl, |
dass man sich selbst sehr nahe ist und nicht nur abhängig ist
von anderen. Wir müssen den Mut haben, uns selbst zu bejahen und nicht
nur ja zu sagen gegenüber anderen. Wir brauchen Vertrauen in unsere
eigene Entwicklung. Es ist wichtig, dass die Verbundenheit mit Gott und
Jesus Christus zentral ist und bleibt. Das muss man selber suchen. Und
man muss auch die Konsequenzen daraus ziehen. |
. |
Am ‚Tag des Herrn‘ zählt nur, was man nicht nur
sich innerlich wünscht oder was vielleicht wünschenswert wäre,
sondern was man im Leben tatsächlich getan hat. |
Es zählt, wem oder was man ungeteilt nachgefolgt ist. Ich denke,
dass man in seinem Gewissen der eigenen Überzeugung nachfolgen muss,
im festen Glauben an Gott |
und Jesus Christus. Das ist zentral. Wir brauchen Selbstvertrauen
und Gottvertrauen. |
Nur wenn man lernt, sich selbst zu vertrauen, kann man auch Nächstenliebe
üben.“ |
. |
naktuell.de: Vielen Dank für
das Gespräch! |
. |
Telefonisches
Interview am 10. und 17.12.2004, redigiert am 29.12.2004, veröffentlicht
am 04.01.2005. |
|
Gesprächsführung:
Christian
Puffe, Mitarbeit: Jens
Joachim. |
. |
Artikel
im Forum kommentieren |
. |
[01]
– Stammapostel Fehr am 30.11.2004: „In meinem Auftrag haben in den letzten
Jahren die Bezirksapostel |
Studer und Wend (…) einige Gespräche mit dem Bezirksapostel, Apostel
Sepers und den Bischöfen geführt.“ |
[02]
– Schreiben des Stammapostels „an die Brüder und Geschwister im Bezirksapostelbereich
de Bruijn“, |
Zürich, 30. November 2004. Niederländisch:
nak-nl.org,
Deutsch: nak.org
(PDF-Datei) |
[03]
– Interview mit Apostel Gerrit Sepers in „Het Jeugdmagazine“, Ausgabe 9,
Dezember 1997. Eine Übersetzung |
ist z. Zt. unter folgenden Adressen abrufbar: Rainbogen
bzw. Wächterstimme
aus Zion. |
[04]
– Gijsbert Pos, bis 1998 Bezirksapostel der Niederlande |
[05]
– Informationen zu den Schriftfunden und der Bibliothek von Nag Hammadi:
nag-hammadi.com |
[06]
– „Das Zeugnis der Apostel – Testimonium an die geistlichen und weltlichen
Oberhäupter der Christenheit“, |
aufgestellt im Jahr 1836. Download: apostolic.de/… |
[07]
– Kommentar von Folkmar Schiek, veröffentlicht am 08.12.2004 bei glaubenskultur.de |
[08]
– Johann Gottfried Bischoff, Stammapostel von 1930 bis 1960, verkündete
1951 eine außerbiblische „Botschaft“, |
die in den Jahren 1956 bis 1960 zum glaubensnotwendigen Dogma in der Neuapostolischen
Kirche erhoben |
wurde. Eine Aufstellung mit Zitaten zur Entwicklung der „Botschaft“ ist
unter
adfontes.apostolic.de
abrufbar. |
[09]
– Fritz Krebs, erster Stammapostel der Neuapostolischen Gemeinden von 1895
bis 1905 |
[10]
– Erklärung von Gerrit Sepers: „Der Grund meiner Rückgabe des
Apostelamtes“, Amersfoort, 11. Dezember 2004, |
zuerst veröffentlicht am 11.12.2004 bei naktuell.de. |
[11]
– „Primus inter pares“ (lat.): Erster unter Gleichen |
[12]
– John B. Cardale, 1832 erstberufener Apostel der katholisch-apostolischen
Gemeinden |
[13]
– Jean-Paul Sartre (*1905, †1980), französischer Schriftsteller und
Philosoph |
[14]
– Hersteld Apostolische Zending Kerk (HAZK), Stamm Juda, hazk.nl |
[15]
– Gemeente van Apostolische Christenen Nederland (GvAC), members.home.nl/gvac |
[16]
– Gottfried Rockenfelder, von 1952 bis 1984 Bezirksapostel im Apostelbezirk
Wiesbaden |
[17]
– Peter Kuhlen, bis 1954 Bezirksapostel des Rheinlandes, Stammapostelhelfer
von 1948 bis 1951. Biografie: |
„100 Jahre Peter Kuhlen“, Artikel aus dem Materialdienst der EZW, Nr. 10/1999,
Download: apostolisch.de |
[18]
– Isaac Capadose, von 1875 bis 1920 Koadjutor (Gehilfe des Apostels) der
katholisch-apostolischen Gemeinden |
in den Niederlanden und weiteren Ländern. Hintergrund: apostolic.de/… |
[19]
– Pinchas E. Lapide (*1922, †1997), jüdischer Theologe und Religionswissenschaftler |
[20]
– Friedrich Wilhelm Schwarz, 1863 bis 1895 Apostel der neuapostolischen
Bewegung in den Niederlanden |
[21]
– Hans Urwyler, Stammapostel von 1978 bis 1988 |
[22]
– Leitbild „Dienen und Führen in der Neuapostolischen Kirche“, Stand:
Juli 2001, Download:
nak.org/le/… |
[23]
– Het Apostolisch Genootschap, Selbstbezeichnung: „religiös-humanistische
Gesellschaft“, apgen.nl |
|