|
. |
11.12.2004 |
„Hier stehe ich, ich kann nicht
anders!“ |
. |
Apostel a.D. Gerrit Sepers informierte in einer Stellungnahme am 11.12.2004
über die Gründe seiner Amtsniederlegung (siehe naktuell.de
Artikel vom 08.12.2004). Als Mensch müsse man eine Wahl treffen, wie
Martin Luther es bewiesen habe, erklärte er. Dabei berief er sich
auf das berühmte Zitat des großen Reformators bei dessen Anhörung
auf dem Reichstag |
in Worms anno 1521. |
. |
Erklärung von Apostel a.D. Gerrit Sepers: |
. |
. |
Der Grund meiner Rückgabe des Apostelamtes ist die exklusive Lehre
der Neuapostolischen Kirche entgegen meiner persönlichen pluralistischen
[01] Vision. Wir können
und dürfen unseren Gott, Jesus Christus und den Heiligen Geist nicht
in ihren Möglichkeiten, Raum, Entfaltung usw. einschränken. Das
geht weit über unsere menschlichen Gedanken hinaus. Das Apostelamt
in der Kirche ist meines Erachtens nicht unbedingt heilsnotwendig,
aber förderlich oder wünschenswert. Man darf unsere Wahrheit
repräsentieren, aber man kann nicht sagen dass der Heilige Geist nur
in optimaler Form in der NAK offenbar werden kann. Praktisch würde
das bedeuten, dass der Heilige Geist in anderen christlichen Kirchen nur
rudimentär anwesend ist. [02]
Deshalb kann man als Neuapostolischer nur sagen, dass diese Kirche sich
selber höchstens als eine Fortsetzung der ursprünglichen
apostolischen Bewegung sehen kann und nicht als die Fortsetzung. |
. |
Kernwerte für mich in der Zukunft bleiben der Glaube an die apostolische
Botschaft, wie sie die katholisch- |
apostolische Bewegung in dem Testimonium ab Anfang 1835 offenbar gemacht
hat: |
. |
• Wiederkunft Jesu Christi |
• Leben mit dem Evangelium Christi und dem Heiligen Geist |
in unserer Gesellschaft und der allgemeinen Christenheit |
• Nachfolge Jesu Christi, mit offenen Augen und Ohren, |
mit einem sauberen Gewissen, und immer sich selber die |
Frage stellen: „Was ist der Wille Gottes?“ |
• Nächstensliebe, ganz speziell für die Menschen in großer |
Not, in unserer Umgebung und in prämodernen Ländern, |
z.B. durch karitative Ziele |
. |
Diese tiefen inneren Werte erfordern eine Vertiefung und eine tiefe
Verbindung mit Gott. Man muss auch erwarten, dass solche Gedanken miteinander
geteilt und interpretiert werden können. |
. |
Zentral steht für mich immer der Mensch als Schöpfung Gottes
und nicht die Höhe des Amtes. Auch steht die Gemeinde im Zentrum,
wo in der Gemeinschaft dieses erlebt werden kann. |
. |
|
Persönlich habe ich große Glaubenserfahrungen erlebt in |
der Begegnung mit Geschwistern, mit Menschen. Ich habe die Nähe
Gottes erfahren am Krankenbett, am Todesbett, |
in der Mission und bei vielen anderen Gelegenheiten. Immer getrieben
durch das Suchen nach dem höchsten Gut innerhalb des christlichen
Glaubens und die dazu gehörende Symbolik und Kernwerte, ist eine Friktion
[03] entstanden zwischen
dem, was ich glaube und dem, was innerhalb der NAK als Gedankengut verkündigt
werden muss. |
. |
Weil ich immer versuche, in Übereinstimmung mit meinem Gewissen
zu leben, das bedeutet glaubwürdig und zuverlässig zu sein und
zu bleiben, hat es sich gezeigt, dass solches Gedankengut nicht vereinbar
ist mit diesem Amt in dieser Kirche. Ich durfte deshalb nur eine rein
exklusive Vision repräsentieren und nicht eine pluralistische. |
. |
Als Mensch muss man eine Wahl treffen, wie Martin Luther es bewiesen
hat: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders!“ |
. |
Gerne unterstreiche ich: |
. |
• Ich fange nicht an, eine neue Glaubensgemeinschaft |
zu stiften |
• Ich stehe auch nicht zur Verfügung für andere apostolische |
Richtungen |
. |
Mit grossem Respekt und Dankbarkeit denke ich zurück an meine
apostolischen Lehrer. Sie haben an meiner Seele gearbeitet. Speziell denke
ich an meinen Eltern, die mich mit einer breiten Vision gebildet haben.
Auch meine liebe Frau hat mich unendlich viel unterstützt und sie
hat für die gute Sache vieles geopfert. Nur unser Gott weiß
genau wieviel! |
. |
Wenn es in der Zukunft je einen Tag geben wird, dass dieses oben erwähnte
Gedankengut in unserer Kirche deutlich sichtbar und fassbar wird, dann
bin ich gerne bereit mich neu zu orientieren. Ich wünsche Ihnen allen
in diesem kurzen Leben gerne das Allerbeste. Ich danke Ihnen für das
in mich gesetzte Vertrauen. |
. |
Bedeutet mein Amtsrücktritt jetzt ein Ende? Ich gebe Ihnen noch
eine Schlüsselbotschaft mit von Winston Churchill: „Jetzt ist dieses
nicht das Ende, auch ist es überhaupt nicht der Beginn des Endes,
aber es ist vielleicht das Ende des Beginnes!“ |
. |
Mit herzlichen Grüßen, |
Gerrit J. Sepers |
|
. |
. |
(Seite 2) |
. |
[01] Der Grund meiner pluralistischen Vision findet
seinen Ursprung in der Zusammenstellung der Schriften in der Heiligen Schrift.
Der Inhalt des Neuen Testamentes ist überhaupt nicht uniform. Damit
ist die Basis dargestellt für eine pluriforme Entwicklung des Christentumes.
Man hat vier Evangelien aufgenommen anstatt eines einzigen! Diese Evangelien
decken einander nicht ganz, oder eigentlich gar nicht. Man vergleiche bitte
die Texte von dem philosophischen Evangelisten Johannes mit den anderen |
drei Evangelien. Man hat diesen Kanon gewählt, nicht weil die
anderen Evangelien von z. B. Thomas, Bartolomäus, Matthias oder Petrus
falsch waren. Aber diese in den Kanon aufgenommenen Evangelien stimmten
mit den zeitgemäßen Vorstellungen über Jesus Christus und
sein Verhalten besser überein. Man hat schon durch Untersuchungen
den Wert der gnostischen Schriften von Nag Hammadi festgestellt und mit
dem Thomas-Evangelium verbunden, ein für uns apokryphes Evangelium.
Wenn man diese Texte miteinander vergleicht, spürt man schon die früh
entstandenen Differenzen im Denken und Glauben der ersten Christen. |
. |
So weiß man auch, dass wir uns eigentlich zu einem paulinischen
Christentum entwickelt haben, wo das Leiden und das Opfer Jesu Christi
zentral steht. Im Gegensatz zu Christus! Er hat das Reich Gottes und das
Suchen nach diesem Reich ins Zentrum gestellt. So kann man verstehen, dass
große Teile der protestantischen Richtungen mehr Nachdruck in das
Gedankengut von Paulus geben. Die östlichen Kirchen orientieren sich
mehr am Evangelium von Johannes. Die charismatischen Bewegungen werden
mehr inspiriert durch die Handlungen der Apostel. Und Rom stützt sich
mehr auf das Matthäus-Evangelium und die pastoralen Briefe von Petrus
und Johannes. Und das Buch der Offenbarung ist bis im vierten Jahrhundert
immer noch abgewiesen worden, u.a. durch den bekannten Bußprediger
Johannes Chrysostomos. |
. |
Es ist deshalb so wunderbar, dass es im 19. Jahrhundert eine apostolische
Bewegung gegeben hat, die auf den Wert des kommenden Reiches Gottes hingewiesen
hat! Das bedeutet: Jesus Christus wird mehr und mehr zentral ins Leben
gerückt. Es wäre doch sinnvoll darüber miteinander zu reden
und nachzudenken. Es gibt auch ein interessantes Buch über den Ursprung
der christlichen Kirchen von |
J. D. Crossan: „The Birth of Christianity – Discovering |
what happened in the years immediately after the execution of Jesus“
(ISBN 0060616601). |
. |
[02] Bezirksapostel Studer hat am 1. Dezember
2004 das Gespräch erwähnt, das wir im Oktober 2004 in der Nähe
von Amsterdam geführt haben. In diesem Gespräch habe ich deutlich
gemacht, dass die Gläubigen in anderen christlichen Kirchen unsere
Brüder und Schwestern sind. |
Sie haben bei der Heiligen Wassertaufe den Heiligen Geist empfangen
durch die Ämter innerhalb ihrer Kirche. Wir können nur ins Gespräch
kommen mit anderen christlichen Gläubigen, wenn wir als Neuapostolische
deren Gaben Gottes respektieren und akzeptieren. So stehen wir als Gläubige
in einer vielfältigen Christenheit nebeneinander. Wir dürfen
Gott nicht für uns selbst in Anspruch nehmen. Wir haben dazu weder
das Recht noch die Möglichkeiten! |
. |
|
|
. |
Anm.d.R.: Der Wortlaut der
Stellungnahme wurde zum besseren Verständnis |
(in Absprache mit dem Autor)
sinngemäß bearbeitet. Abbildung
des Originals |
. |
[03] Definition des Begriffs
„Friktion“ (in Absprache mit dem Autor): |
Bruch, unlösbares Aufeinanderprallen
von unterschiedlichen Überzeugungen aufgrund fester/unbeweglicher
Meinungen |
. |
|
. |
Bild zum Thema |
|
|
|
Martin Luther 1521auf dem Reichstag in Worms |
|
Bild:
Lutherhalle Wittenberg |
. |
Hintergrund |
|
„Amtsrückgabe aus Gewissensgründen“ – Bericht
über den Rücktritt von Apostel Sepers |
(Stand: 08.12.2004) |
|
naktuell.de/archiv/… |
|
Abbildung des Original- |
schreibens der Erklärung von Gerrit J. Sepers, abgegeben
am 11.12.2004 |
|
naktuell.de/bilder/… |
. |
Literatur |
|
|
|
Buch-Empfehlung aus der
nebenstehenden Erklärung: |
John Dominic Crossan |
„The Birth of Christianity – Discovering what happened
in the years immediately |
after the execution of Jesus“ |
ISBN 0060616601, Englisch, |
688 Seiten, 1. Auflage, |
April 1999, erschienen bei Harper, San Francisco |
|
Bestellen
bei Amazon.de |
. |
Newsletter |
|
Möchten Sie regelmäßig
über neue Themen und |
alle wichtigen Änderungen
auf naktuell.de informiert |
werden? Tragen Sie Ihre E-Mail
Adresse in den kostenlosen Verteiler ein! |
|
Newsletter
bestellen |
. |
|
|