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18.03.2005
Unsicherheit über Stellenwert des Apostelamtes
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In einem Seelsorgebrief für den Monat März hat sich Bezirksapostel Wilhelm Leber (Hamburg) an seine Apostel, Bischöfe, Bezirksämter und Gemeindevorsteher gewandt, um sich zum Thema „Die Sendung der Apostel“ zu äußern. Der Bezirksapostel reagiert damit offenbar auf die Ausführungen des früheren niederländischen Apostels Gerrit Sepers, der im Zusammenhang mit seinem Rücktritt geäußert hatte, dass das Apostelamt „nicht unbedingt heilsnotwendig, aber förderlich oder wünschenswert“ sei. Sepers habe mit seinen Aussagen in dem Interview mit naktuell.de „einiges Aufsehen erregt“, stellte Leber bereits im Seelsorgebrief des Vormonats fest.
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Er habe den Eindruck, schreibt der Bezirksapostel einleitend an die Bezirks- und Gemeindeleiter in seinem Arbeitsbereich, dass „hier und da Unsicherheit aufkommt über den Stellenwert des Apostelamtes“. Daher möchte er dazu einige Ausführungen machen. Gleichzeitig räumt er ein, dass es sich bei dem Rundschreiben „natürlich nur um eine unvollständige Darstellung handeln“ könne. Zunächst äußert Leber, „dass im Zentrum unseres Glaubens Jesus Christus steht“, zumal dieser deutlich gesagt habe: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Der Knecht ist nicht größer als sein Herr und der Apostel nicht größer als der, der ihn gesandt hat.“ (Johannes 13, 16) Dem, so Leber, sei „nichts hinzuzufügen“.
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Allerdings hält es der Bezirksapostel dann doch für notwendig, sich über die „weitreichenden Vollmachten“ der engsten Mitarbeiter des Herrn zu äußern, die er als „Gründer und Führer der ersten Gemeinde“ bezeichnet. „Die Zwölf“ seien allgemein als Apostel anerkannt und außerdem „Zeugen der Auferstehung des Herrn“ gewesen, schreibt Leber – wenngleich er dabei übersieht, dass es gemäß der Überlieferung der Heiligen Schrift an dieser Stelle (nach Maria und Maria Magdalena) nur elf Jünger waren (vgl. Matthäus 28), die den Herrn auf einem Berg in Galiläa sahen, vor ihm niederfielen, wobei einige auch zweifelten.
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Leber erwähnt in seinem Seelsorgebrief auch den spätberufenen Apostel Paulus, dem aufgrund seiner besonderen Erlebnisse bei seiner Bekehrung auch den Status eines Apostels eingeräumt werde. Zwar nenne die Heilige Schrift noch weitere Apostel, aber diese würden „im christlichen Raum nicht als vollwertig eingestuft“.
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„Mir fallen auf Anhieb drei Argumente ein“
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Anschließend wirft Leber die Frage auf, ob mit dem Wirken der ersten Apostel „die Aposteltätigkeit erschöpft“ gewesen sei und ob das Apostelamt „heute allenfalls noch ‚eine nette Beigabe‘, aber im Grunde überflüssig“ sei. Ad hoc werden drei Argumente genannt, die dem Bezirksapostel – so wörtlich – „auf Anhieb“ eingefallen seien und als Beleg dafür gelten sollen, dass das Apostelamt „nach göttlichem Willen eine dauerhafte Einrichtung“ sei. Im gleichen Zusammenhang werden Bibelstellen aus der Offenbarung, dem Matthäus- und dem Lukas-Evangelium zitiert, wo von falschen Aposteln, den Sendungsaufträgen Jesu an seine Jünger und vom großem Abendmahl die Rede ist.
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Über Offenbarung 2, 2 vertritt Bezirksapostel Leber die Auffassung, dass dort, wo falsche Apostel benannt würden, es auch echte Apostel geben müsse. Berücksichtige man den prophetischen Charakter der Offenbarung, dann werde deutlich, „dass Apostel nicht nur in der damaligen Zeit wirken sollten“. 
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Zu den beiden im Matthäus-Evangelium beschriebenen Missionsbefehlen Jesu fragt sich Leber, wie man die Diskrepanz zwischen den beiden Sendungsaufträgen deuten könne und warum Jesus den ersten Auftrag (Matthäus 10, 5–6) später so stark erweitert habe. Die Antwort liegt für den Bezirksapostel „auf der Hand“: Bei der Berufung der Zwölf habe der Herr nur diese angesprochen. Der Sendungsbefehl nach Matthäus 28, 19 sei dagegen „an die Apostel zu allen Zeiten gerichtet“. Für Leber ist es daher „klar, dass die Zwölf in ihrer Zeit dem gesamten Umfang des Sendungsauftrages gar nicht gerecht werden konnten“.
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Das Gleichnis vom „großen Abendmahl“ (Lukas 14, 16–24), bei dem ein Knecht dreimal ausgesandt wird, um einzuladen, deutet der Bezirksapostel nicht als Aussendung einer einzelnen Person, sondern als Aussendung eines Amtes – des Apostelamtes. Man könne die Aussendung des Knechtes durch den Herrn auch als die Aussendung der ersten zwölf Apostel zu den Israeliten, die Missionierung in der urchristlichen Zeit unter den Heiden und die erneute Sendung der Apostel in der heutigen Zeit beschreiben. Die heutigen Apostel hätten daher nach Lukas 14, 23 den „speziellen Auftrag“, Gäste zu nötigen, herein zu kommen, damit das Haus des Herrn voll werde. Daher, so Lebers Schlussfolgerung, „sollen die Apostel heute zur Vollendung führen!“
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Apostelamt ist „mehr als ‚nice to have‘“
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Alle diese Überlegungen belegen aus Sicht des Bezirksapostels, dass das Apostelamt nicht auf die Zeit der ersten Apostel zu beschränken sei. Warum heute immer noch weitere Apostel gesetzt werden, begründet er damit, dass es „offensichtlich“ sei, dass der Auftrag Jesu („dass mein Haus voll werde“) noch nicht erfüllt ist. Daher müssten auch Nachfolger berufen werden. In diesem Zusammenhang verweist Leber darauf, dass es bereits bei Elia und Elisa eine Nachfolgeregelung gegeben habe. So habe Elia gemäß 1. Könige 19, 15–16 den Auftrag empfangen, Elisa zum Propheten und somit zu seinem Nachfolger zu salben. Warum, so fragt der Bezirksapostel seine Amtsbrüder, soll es dann eine solche Nachfolgeregelung nicht auch bei den heutigen Aposteln geben?!
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Zusammenfassend äußert Bezirksapostel Leber, „dass das Apostelamt mehr ist als eine Einrichtung ‚nice to have‘, sondern ein vom Herrn gegebenes Amt mit speziellem Auftrag und spezieller Befugnis“. Im Schlusssatz seines Seelsorgebriefes wünscht er den Aposteln, Bischöfen, Bezirksämtern und Gemeindevorstehern mit Verweis auf den 5. Glaubensartikel aus dem neuapostolischen Glaubensbekenntnis („Ich glaube, dass sämtliche Ämter der Kirche Christi nur von Aposteln erwählt und in ihr Amt eingesetzt werden, und dass aus dem Apostelamt Christi sämtliche Gaben und Kräfte hervorgehen müssen ...“) „reiche Gaben und Kräfte aus dem Apostelamt“.
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Lesen Sie weiter:
Kirchenleitung scheut offenen Diskurs
Debatte über umstrittenen Exklusivitätsanspruch nicht erwünscht
(naktuell.de Artikel vom 16.03.2005)
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Jens Joachim, Christian Puffe, 18.03.2005
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Seelsorgebrief im Monat März 2005
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Links zum Thema
„Beansprucht oder beauftragt? Zur Legitimation des neuapostolischen Apostolats“ – Aufsatz von Roland Z.
geocities.com/stiegelmeyr/…
Kommentar von Rudolf Stiegelmeyr zum Seelsorge-
brief des Bezirksapostels Leber im März 2005.
Stiegelmeyr ist Privat- und Hochschuldozent in den Bereichen Linguistik, Kommunikation und Religion, neuapostolischer Glaubensbruder und Betreiber der Internetseite „Critical Perspectives“.
geocities.com/stiegelmeyr/…
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