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Heute ist  .
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03.03.2006
Ein »Mea culpa« in Saarbrücken
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Nach fast fünfeinhalb Jahrzehnten hat sich die Leitung der Neuapostolischen Kirche für die Ausschlüsse von mehr als 1.200 Kirchenmitgliedern im Saarland öffentlich entschuldigt. Während eines Gottesdienstes in der neuapostolischen Kirche in Saarbrücken, an dem am Sonntag, dem 26. Februar 2006, auch zahlreiche Mitglieder der Apostolischen Gemeinde des Saarlandes (AGdS) teilnahmen, sagte der auch für das Saarland zuständige Bezirksapostel Hagen Wend: »Ich entschuldige mich, wenn durch unser Verhalten und die damaligen Ausschlüsse seelische Verletzungen und Herzeleid entstanden sind.«
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Wie berichtet, haben die Mitglieder der AGdS vor einigen Wochen beschlossen, zweimal im Monat an den neuapostolischen Sonntagsgottesdiensten teilzunehmen. Bezirksapostel Wend hat es den Mitgliedern der AGdS gestattet, auch an der Abendmahlsfeier teilzunehmen, da er davon ausgeht, dass sich die Gläubigen über die Bedeutung
des Sakramentes bewusst sind (siehe naktuell.de Artikel vom 01.02.2006).
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Laut einem Bericht auf der Internetseite der NAK in Deutschland begrüßte Bezirksapostel Wend während des Gottesdienstes in Saarbrücken die »Gäste der AGdS« mit den Worten: »Es ist mir eine große Freude, dass ich heute viele Mitglieder der Apostolischen Gemeinde des Saarlandes zum ersten der geplanten regelmäßigen Besuche unserer Gottesdienste willkommen heißen kann.«
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Gräben im Sinn und Geiste Jesu zuschütten
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In einer »Erklärung der Kirchenleitung«, die das Oberhaupt des saarländischen Gebietskirche vorlas, heißt es, dass in den vergangenen zehn Jahren zwischen den leitenden Amtsträgern »viele sehr offene Gespräche« mit dem Ziel stattgefunden hätten, »die bestehenden Gräben im Sinn und Geist unseres Herrn Jesus Christus zuzuschütten«. Bezirksapostel Wend gab auch eine kurze Erklärung zu den Geschehnissen vor mehr als 50 Jahren ab. Er sei dazu nun in der Lage, weil er inzwischen viele Originalquellen aus der Zeit der Trennung studiert habe. 
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Ferner sagte er: »Es war eine schwierige Zeit, wobei hier im Saarland nicht unwesentlich die durch die Nachkriegszeit entstandene politische und gesellschaftliche Situation eine Rolle gespielt hat. Manches ist aus heutiger Sicht nur noch schwer nachzuvollziehen. Auf jeden Fall haben die damaligen Ereignisse auf beiden Seiten teilweise tiefe seelische Wunden hinterlassen.«
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Schon während eines Gottesdienstes am 7. September 2003 in Saarbrücken habe Stammapostel Richard Fehr sein Bedauern zu den damals erfolgten Kirchenausschlüssen geäußert. Wend: »Daran möchte ich mich anschließen, wobei es auf der Hand liegt, dass ich nur für unsere Kirche sprechen kann. Ich entschuldige mich, wenn durch unser Verhalten und die damaligen Ausschlüsse seelische Verletzungen und Herzeleid entstanden sind.«
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Vergangenheit ruhen lassen
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Zum Abschluss seiner Erklärung sagte der saarländische Kirchenpräsident: »Um so glücklicher bin ich über den heutigen Tag, der uns die Möglichkeit gibt, die Vergangenheit nunmehr ruhen zu lassen und im Geist der gegenseitigen Wertschätzung und christlicher Liebe auf den zu blicken, der im Mittelpunkt unseres Glaubens steht, unseren Herrn und Heiland Jesus Christus.«
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Die AGdS wurde Ende 1951 von den beiden ehemaligen neuapostolischen Bezirksevangelisten Herbert Schmidt und Georg Simon gegründet, nachdem auf Beschluss der Bezirksapostelkonferenz vom 17.12.1951 mehr als 1.200 Mitglieder aus der NAK ausgeschlossen worden waren. Nach zahlreichen Spaltungen und Trennungen versammeln sich die nur noch rund 100 Gläubigen in einer Gemeinde in Völklingen, die von Apostel Friedhelm Gräßer geleitet wird. Gräßers Vorgänger Ortwin Schmidt hat, wie berichtet, im Oktober vorigen Jahres die Gemeinschaft verlassen und ist nun konfessionslos. 
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Die kritischen Auffassungen Schmidts und Gräßers zur Bibel und zur Trinitätslehre sowie die Animositäten zwischen Schmidt und dem früheren Apostel der Apostolischen Gemeinschaft Werner Weise führten dazu, dass die beiden Vertreter der AGdS auf eine weitere Teilnahme an den Arbeitstreffen der apostolischer Gemeinschaften in Zürich verzichteten. In den Monaten danach äußerte sich Schmidt immer wieder sehr ironisch auf der von ihm betreuten Homepage der AGdS über die Lehre und die Vertreter der NAK sowie der Apostolischen Gemeinschaft.
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»Keine amtliche Abkehr von bisherigen Haltungen«
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Auf Anfrage des Betreibers der Internetseite »Ad fontes«,
ob die AGdS vor dem Hintergrund von Veröffentlichungen in jüngster Zeit als christliche Gemeinschaft zu bezeichnen sei, hatte Bezirksapostel Wend am 6. Februar 2006 geantwortet,
in dem ihm vorliegenden Katechismus der AGdS (»Unser Glaube«) von 1987, das auch heute noch das amtliche Dokument für die Glaubensgrundsätze der AGdS sei, werde auf Seite 10 in Artikel 2 ausgeführt, das Jesus Christus Gottes Sohn sei. Damit sei die Frage »klar beantwortet«.
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Natürlich, so Bezirksapostel Wend weiter, habe es in den vergangenen Jahren in der Zeitschrift »Die Wahrheit« manche Beiträge gegeben, »die inhaltlich Zweifel an der Haltung der Gemeinschaft aufkommen ließen«. Darüber sei bei den zahlreichen Begegnungen in der Vergangenheit auch »sehr offen« gesprochen worden. »Ich sehe darin Meinungsäußerungen und keine amtliche Abkehr von bisherigen Haltungen«.
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Auf die Frage, wie er die Haltung der AGdS im Hinblick auf die Heilige Schrift und die Trinität Gottes einschätze, antwortete Hagen Wend, die AGdS taufe »nach wie vor in dem Namen des Vaters des Sohnes und des Heiligen Geistes und damit trinitarisch«. Nach seinem Kenntnisstand würden auch die Gottesdienste im Namen des dreieinigen Gottes begonnen. In den ihm vorliegenden Glaubensgrundsätzen der Gemeinschaft würden an zahlreichen Stellen zur Unterlegung der Lehrauffassungen Stellen aus der Heiligen Schrift zitiert. So werde auf Seite 107 von »Unser Glaube« ausgeführt: »Da in unserer Kirche die Heilige Schrift höchste Autorität besitzt…«
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»Stellen keine inquisitorischen Fragen«
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Zur Frage der Zulassung der Mitglieder der AGdS zum Abendmahl in der NAK äußerte der Bezirksapostel: »Die AGdS hat nach ihren Lehrwerken und nach unserem Kenntnisstand kein exotisches Abendmahlsverständnis.« Ihre Mitglieder wüssten um die Bedeutung und den Wert dieses Sakramentes. Sie wüssten auch, welche Vorstellungen damit in der Neuapostolischen Kirche verbunden seien. 
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Bezirksapostel Wend: »Wir möchten aber nicht inquisitorisch jeden einzelnen unserer Gäste fragen, ob er mit voller Überzeugung hinter dem neuapostolischen Abendmahlsverständnis steht. Das machen wir weder bei unseren Geschwistern noch bei anderen Gästen.« Im Übrigen verspreche er sich mit der Zulassung zum Heiligen Abendmahl auch einen Effekt, den vor vielen Jahren Stammapostel Urwyler angesprochen habe. So würden »durch den (gläubigen) Empfang des Heiligen Abendmahles im Inneren Glaubenskräfte hervorgerufen bzw. gestärkt«. Damit, so Bezirksapostel Wend, sei »die Hoffnung für eine weitere positive innere Entwicklung unserer Gäste verbunden«.
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»Wollen keine Gewissensforschung betreiben«
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Zu der Frage, ob an den Mitgliedern der AGdS nach dem neuen Lehrverständnis der NAK eine Aufnahme-Handlung vorgenommen werden müsste, sagte Wend, dies sei nicht der Fall, da die Zulassung zum Heiligen Abendmahl »eine ganze Weile vor dem 24. Januar 2006« ausgesprochen worden sei. Abschließend äußerte der Bezirksapostel: Wie der Einzelne mit dem Evangelium und den wesentlichen Grundsätzen der neuapostolischen Glaubenslehre umgehe, überlasse man der Selbstverantwortung. »Genauso wenig, wie wir bei unseren Geschwistern Gewissensforschung betreiben, wollen wie es auch bei unseren Gästen von der AGdS nicht tun.«
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»Ein Signal in andere Richtungen hinein«
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Man setze das um, was Stammapostel Fehr 2003 während eines Gottesdienstes in Saarbrücken ausgesprochen habe. Damals habe der Stammapostel sein Bedauern geäußert, dass es in der Vergangenheit im Saarland zu Ausschlüssen und Abspaltungen gekommen sei. Er habe seinerzeit hinzugefügt: »Die Tür zur Mutterkirche ist sperrangelweit offen. Und nicht nur unsere Türen sind offen, sondern auch unsere Herzen.«
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Bezirksapostel Wend: »Daran haben wir uns mit unserer Einladung und unseren Absprachen versucht zu halten. Ich bin der festen Überzeugung, dass darin auch ein Signal in andere Richtungen hinein liegen kann.«
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Im Mai wird in Zürich ein weiteres Arbeitstreffen zwischen der NAK und der Vereinigung Apostolischer Gemeinden Europa (VAG) stattfinden.
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Jens Joachim, 03.03.2006
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Bild zum Thema
Bezirksapostel
Hagen Wend
Bild: NAK H/RP/S
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Hintergrund
Mitteilung der NAK in Deutschland vom 02.02.2006
nak.de/news
Mitteilung der NAK in Deutschland vom 26.02.2006
nak.de/news
Bezirksapostel Hagen Wend äußert sich im Interview mit »Ad fontes« zur AGdS
adfontes.apostolic.de..(PDF)
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