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Heute ist  .
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13.06.2004
„Die eigene Kirche nicht überschätzen“
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Aus Anlass des fünfzigjährigen Bestehens der Vereinigung Apostolischer Christen (VAC) Schweiz haben am Samstag,
12. Juni 2004, in einem Festzelt nahe der apostolischen Kirche in Oftringen Vertreterinnen und Vertreter von fünf Konfessionen bei einer Podiumsdiskussion über das Thema „Einheit unter Christen“ (gemäß Johannes 17) diskutiert. Das Gespräch leitete der Theologe Prof. Dr. Georg Schmid von der Evangelischen Informationsstelle „Kirchen, Sekten, Religionen“ aus Zürich.
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„Auf Gemeinsamkeiten besinnen“
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In einem Zeitungsinterview hatte sich Schmid bereits am Samstag vorab über das Thema Ökumene geäußert. Auf die Frage des apostolischen Gemeindemitglieds Christian Roth, ob die Christenheit heute geeinter als vor 45 Jahren sei, sagte Schmid, die Menschen seien inzwischen realistischer geworden. Bei den Debatten im Ökumenischen Rat der Kirchen seien Grenzen sichtbar geworden. Manche orthodoxe Kirchen sähen die Ökumene inzwischen als Bedrohung an und hätten sich zurückgezogen. Auch aus Rom kämen derzeit eher wieder „Signale der Abgrenzung“, zum Beispiel beim Thema Abendmahlsgemeinschaft.
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Nach Einschätzung Schmids wird es nicht eine ökumenische „Superorganisation“ geben, der einmal alle Christen gehören werden. Ziel der Ökumene sei es vielmehr, „zusammen an denselben Tisch zu sitzen, miteinander zu diskutieren und wenn möglich auch miteinander Abendmahl zu feiern.“ Weil derzeit das Angebot an Heilslehren sehr groß sei, müssten sich die Christen „wieder mehr auf Gemeinsamkeiten besinnen, statt sich krampfhaft voneinander abzugrenzen.“
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Danach gefragt, was die Ökumene kleinen Gemeinschaften wie der Vereinigung Apostolischer Christen bringe, antwortete der Theologe, dass eine kleine Gruppe eine ökumenische Haltung haben müsse. Andernfalls sei die Gefahr groß, dass man früher oder später ins Sektenhafte abdrifte. Das Wichtigste an einer ökumenischen Einstellung sei, dass man seine eigene Kirche nicht überschätze, zumal „viele Christen heute nicht mehr so sehr Fan ihrer eigenen Kirche“ seien, wie dies vielleicht früher einmal der Fall gewesen sei.
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„Dogmatismus trennt von Christus“
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Laut einer Zusammenfassung des Podiumsgespräch auf der Internetseite der VAC Schweiz äußerte der bisher für die süddeutschen Gemeinden der Apostolischen Gemeinschaft zuständige Apostel i.R. Werner Weise, dass Amt, Kirche und Lehre auch von Gott trennen könnten. Prof. Schmid empfahl daher, Dogmen als Arbeitsmittel zu betrachten und nicht als Glaubensinhalte anzusehen. Eine reformierte Pfarrerin ergänzte, dass Dogmen und Richtlinien durchaus hilfreich seien, Dogmatismus aber von Christus trenne. Sie sagte auch, dass ihr an ihrer Kirche gefalle, dass man offen sein kann und nachdenken dürfe und täglich, einmal im Monat oder auch nur zu Weihnachten zur Kirche gehen könne.
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Der Gastgeber, Apostel Walter Baltisberger, sowie der für die apostolischen Gemeinden um Köln zuständige Apostel Detlef Lieberth äußerten, sie würden sich darüber freuen, dass sich die Apostolische Gemeinschaft derzeit entwickele und Reformen möglich geworden seien. Apostel i.R. Weise wünschte sich in diesem Zusammenhang für die Zukunft, „dass die Reformation in der Apostolischen Gemeinschaft noch spürbarer werden kann“. Die reformierte Pfarrerin sagte, Christen sollten „mutiger werden, dazu zu stehen, an Gott zu glauben“. Zudem sollte man akzeptieren, dass andere auf ihre Art auch glauben und dass man niemanden seine eigene Glaubensauffassung aufzwingen könne. Ebensowenig könne die Ökumene von oben diktiert werden. Nach Einschätzung von Apostel Lieberth sind Christen mittlerweile vielfach sprachlos geworden, andere Gruppen würden hingegen immer lauter. „Wir hätten gute Antworten auf viele wichtige Fragen. Wir müssen sie wieder vermehrt unter die Menschen bringen“, forderte er.
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„NAK sollte Fehler eingestehen“
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In seinem kurzen Schlusswort formulierte Professor Schmid seine Wünsche für die Zukunft. Er wünscht sich zum ersten, „dass die Menschen erleben, dass die Kirche für sie da ist und nicht umgekehrt.“ Zum zweiten, „dass in der katholischen Kirche Leitung und Basis zusammenkommen.“ Drittens, „dass die Neuapostolische Kirche die Größe hat, den Fehler der ‚Botschaft‘ zuzugeben.“ Und viertens, „dass die reformierte Kirche den Draht zu den Jungen wieder findet.“ Im Anschluss
an das Gespräch wurden auf der Wiese neben dem Festplatz fünfzig Tauben fliegen gelassen.
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Der Festgottesdienst am Sonntagmorgen in der voll besetzten apostolischen Kirche „Ruhbank“ in Oftringen stand dann ganz im Zeichen des Psalmwortes „Der Herr hat Großes an uns getan; des sind wir fröhlich“ [Psalm 19, 1] und des Pauluswortes „Ich vergesse, was dahinten ist und strecke mich aus nach dem, was da vorne ist.“ [Philipper 3, 12–14]  Laut einem Bericht auf der Internetseite der VAC Schweiz knüpfte Apostel Baltisberger in seiner Einleitung an das Podiumsgespräch vom Vortag an und äußerte den Wunsch, die Neuapostolische Kirche möge die Fehler der Vergangenheit eingestehen.
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In einer Schweigeminute wurde den Gemeindegründern Apostel Ernst und Otto Güttinger gedacht. In weiteren Bibellesungen und der Auslegung des Textwortes durch Apostel Baltisberger kam insbesondere die Dankbarkeit für Gottes Führung in den vergangenen fünfzig Jahre zum Ausdruck. „Das unerschrockene Vorangehen der Gründer soll fortgesetzt werden durch stetiges Jagen nach dem Ziel, das durch Christus gesteckt ist“, sagte Apostel Baltisberger.
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Werden Ausschlüsse rückgängig gemacht?
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In einem Gespräch mit naktuell.de bestätigte Apostel Baltisberger, dass der für die neuapostolischen Gemeinden um Bern, Thun und Zofingen zuständige Bischof Hanspeter Nydegger im Auftrag von Bezirksapostel Armin Studer in einem Grußschreiben der VAC Schweiz Gottes reichen Segen zum Jubiläum gewünscht habe. Vertreter der NAK habe man zu dem Podiumsgespräch jedoch bewusst nicht eingeladen, um die bestehenden Differenzen, etwa über die „Botschaft“ von Stammapostel Bischoff und die erfolgten Ausschlüsse von zahlreichen Gemeindemitgliedern, nicht öffentlich zu erörtern.
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Apostel Baltisberger berichtete, dass er seit einiger Zeit mit Bezirksapostel Studer in Kontakt stehe. Der schweizer Kirchenpräsident ist offenbar inzwischen bereit, die vor fünfzig Jahren erfolgten Ausschlüsse rückgängig zu machen. Dies wäre ein Meilenstein in der apostolischen Ökumene. Allerdings erwartet Apostel Baltisberger von seinem Amtsbruder ein klares Bekenntnis, dass die Leitung der Neuapostolischen Kirche seinerzeit Fehler gemacht habe.
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Lesen Sie weiter:
VAC Schweiz feiert 50-jähriges Bestehen
naktuell.de Artikel vom 07.06.2004
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Jens Joachim, 13.06.2004, aktualisiert am 19.06.2004
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Bilder zum Thema
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Podiumsgespräch mit Kirchenvertretern
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Apostel Walter Baltisberger beim Festgottesdienst am Sonntagmorgen
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Links zum Thema
„Jagen nach dem Ziel“  – Bericht über den Festgottesdienst zum
50-jährigen Bestehen der VAC Schweiz
apostolisch.ch/...
„Dass die Reformation noch spürbarer werden kann“– Zusammenfassung der Podiumsdiskussion vom 12.06.2004
apostolisch.ch/...
Impressionen von den Feierlichkeiten
apostolisch.ch/...
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Hintergrund
Eigendarstellung der Entstehungsgeschichte der Vereinigung Apostolischer Christen Schweiz
apostolisch.ch/...
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Aus der Presse
„Kritische Auseinandersetzung mit dem heutigen Christsein“ – Artikel aus dem Zofinger Tagblatt vom 15.06.2004
apostolisch.ch/...
„Aus einer ökumenischen Bewegung entstanden“ – Artikel aus dem Zofinger Tagblatt vom 11.06.2004
apostolisch.ch/...
„Einheit unter Christen“ – Interview mit Prof. Georg Schmid im Zofinger Tagblatt vom 12.06.2004
apostolisch.ch/...
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