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Heute ist  .
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25.10.2002
Lieber zuviel als zu wenig Zeit nehmen
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Dr. J. Ehmann.
Die informellen Gespräche zwischen der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Baden-Württemberg (ACK) und der Neuapostolischen Kirche Süddeutschland wurden von Pfarrer Dr. Johannes Ehmann geleitet. In einem telefonischen Interview mit NAKtuell.de berichtete der ACK-Geschäftsführer von seinen Erfahrungen aus dem bisherigen Dialog mit Vertretern der NAK. Eine Abschrift der Befragung ist nachfolgend veröffentlicht.
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NAKtuell.de: Bisher haben vier Aussprachen mit der NAK stattgefunden. Können Sie etwas zu dem Verlauf der Gespräche sagen, wie ist ihr persönlicher Eindruck?
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Dr. Ehmann: "Die Atmosphäre war sehr offen. Es war für uns eigentlich auch das Haupt-Interesse gewesen, wie wir in diese Gespräche gehen werden können. Es war durchaus spürbar, dass die Delegation der NAK auch unter einer gewissen Spannung stand, wie sich das wohl entwickeln würde. Nach kürzester Zeit hatten wir wirklich ein gutes Gesprächsklima. Es gab also keinen ständigen Appell an Offenheit, sondern die Offenheit war gegeben. Das kann ich wirklich sagen."
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NAKtuell.de: Wie beurteilen Sie die Ökumene-Bestrebungen der Neuapostolischen Kirche? Hatten Sie nach den Gesprächen den Eindruck, dass die NAK ein ernsthaftes Interesse an einem ökumenischen Dialog hat?
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Dr. Ehmann: "Wir haben sehr schnell feststellen müssen, ähnlich wie es auch bei jeder Mitgliedskirche ist, dass es unterschiedliche Gruppen und Strömungen gibt. Wir hatten es natürlich mit einer Gruppe zu tun, die ganz stark an einer Öffnung der NAK interessiert ist, aber sehr wohl weiß, was sie sich selber und auch der eigenen Basis schuldig ist. Deshalb war uns klar, selbst wenn wir großer Offenheit und vor allem dem Selbstwillen zur Öffnung begegnen, dass wir nicht sagen können: 'Das war jetzt die NAK', sondern dass es immer gekoppelt sein muss an Gespräche mit der eigenen Basis. Wir wussten, wir sind in ein Pilotprojekt eingebunden."
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Von ökumenischer Einheit weit entfernt
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NAKtuell.de: Die NAK spricht im Zusammenhang mit ökumenischen Kontakten von dem Bild einer "versöhnten Verschiedenheit", welches ihrer Auffassung nach tragfähig erscheint. Können Sie das näher definieren?
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Dr. Ehmann: "Man muss immer dazu sagen, und das betont auch der Mensch der dieses Wort geprägt hat, nämlich Harding Meyer: Es geht um 'Einheit in versöhnter Verschiedenheit'. Das ist ein Wort, bei dem man aufpassen muss, dass es nicht zur Parole verkommt. Ich denke, von Einheit und versöhnter Verschiedenheit sind wir weit entfernt. Man kann natürlich sagen: Versöhnlich miteinander reden, gut das wollen wir. Aber das hat natürlich noch nichts mit einer ökumenischen Einheit zu tun. Das wollte auch die NAK noch nicht. Es kam auch immer wieder die Frage, die sich die Delegation selbst stellte, inwieweit der 'eigene Betrieb' sozusagen ökumenefähig ist. Man wollte, so war mein Eindruck, einen Sachstand von Gesprächen haben, um überhaupt die eigene Basis befragen zu können, wie sie zu solchen Kontakten steht."
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Warten auf Entwicklungen in der NAK
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NAKtuell.de: Aus dem gemeinsamen Kommunique geht hervor, dass die NAK keinen Antrag auf Mitgliedschaft in der ACK gestellt hat und auch keinen Beobachterstatus einnehmen möchte. Im Februar 2002 sagten Sie der evangelischen Nachrichtenagentur Idea, dass ein solcher Antrag nicht zustimmungsfähig wäre. Würden Sie diese Aussage nach dem heutigen Stand der Gespräche weiter aufrecht erhalten oder sogar bekräftigen?
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Dr. Ehmann: "Da hat sich im Grunde gar nichts geändert. In unserer ACK-Erklärung vor dem Kommunique steht es deutlich drin. Wir warten in der Tat auf weitere Entwicklungen in der NAK. Es ist ganz schwierig bis gefährlich, sich auf eine Zeitschiene festzulegen. Nach meiner Einschätzung müssen hier Jahre vergehen, um zu so substantiellen Ergebnissen zu kommen, damit man über einen Antrag nachdenken könnte und er eine Chance hat, dann auch wirklich angenommen zu werden. Um es nochmal rund zu sagen: An der Grundsituation hat sich nichts geändert. Wenn es heute einen formellen Antrag gäbe, würde er nicht die erforderliche Mehrheit finden."
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NAKtuell.de: Das wäre dann eine Abstimmungsfrage innerhalb der ACK?
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Dr. Ehmann: "Ja, wobei wir Kampfabstimmungen vermeiden. Wir würden darüber reden und wenn wir merken, es gibt ganz große Probleme bei bestimmten Mitgliedskirchen, würden wir sagen: Wir wollen unser gutes Vertrauensklima nicht aufs Spiel setzen und deshalb auch nichts durchdrücken. Denn es hat niemand ein direktes Interesse, dass die NAK dabei ist. Ein echtes Lobbytum für die NAK besteht nicht. Ich denke da muss sich bei der NAK noch manches tun."
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Neue Linie aus eigenem Antrieb finden
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NAKtuell.de: Dem Kommunique zufolge würde ein Antrag in erster Linie an inhaltlichen Differenzen scheitern. Die ACK will also zunächst den Fortgang der Entwicklungen in der Neuapostolischen Kirche beobachten?
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Dr. Ehmann: "Wir haben, weil wir freundlich sind und auch unsere Erfahrungen in den Gesprächen gut waren, nicht gesagt: 'Ihr müßt euch ändern!', sondern: 'Wir haben den Eindruck, dass es bei euch in den nächsten Jahren interessant sein wird. Ihr müsst offensichtlich aus eigenem Antrieb sehen, wie ihr eine neue Linie findet oder ob ihr auf der alten bleibt. Und wenn ihr auf eine neue Linie findet, dann lasst uns doch in ein paar Jahren nochmal über ein paar Dinge reden.'
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Die NAK hat immer versucht, Kontakte zu einzelnen Kirchen aufzubauen. Dann haben einzelne Kirchen gesagt: Das können wir gerne machen, aber eigentlich soll das in ökumenischer Gemeinschaft passieren. Dafür ist die ACK zuständig. Dann ist die NAK vor einigen Jahren auf die ACK zugegangen und hat den Bescheid bekommen: Die ACK ist keine Überkirche! Die konkreten Probleme und Problemlösungen ergeben sich immer im Gespräch mit den einzelnen Kirchen. Und dann war es ein 'Hase und Igel-Spiel'. Mit wem sollten die Leute jetzt eigentlich reden? Deshalb haben wir gesagt: Das ist würdelos, das wollen wir nicht machen. Wir wollen die NAK nicht diesem Spiel aussetzen, deshalb setzen wir jetzt diese Gespräche an."
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NAKtuell.de: Es gab demzufolge zuerst Kontakte auf örtlicher Ebene, Anfragen zu gemeinsamen Veranstaltungen, die vorgesehen waren. Mit Rückfragen dieser Art war die ACK in den vergangenen Jahren zunehmend konfrontiert?
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Dr. Ehmann: "Ja, zum Beispiel: Kann bei einem Fest der Chor singen oder ein Bürgermeister fragt: 'Ist das eine Sekte?'. Das läuft dann manchmal im sprachlich undifferenzierten Bereich. Da wollen wir einfach ein bisschen Fairness walten lassen."
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NAKtuell.de: Das war dann sicher einer der Impulse, aber der Wunsch nach offiziellen Gesprächen kam letztlich von der NAK?
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Dr. Ehmann: "Der Wunsch kam eindeutig von Seiten der Neuapostolischen Kirche."
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ACK ist kein ökumenischer Block
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NAKtuell.de: In einer Pressemitteilung der ACK Baden-Württemberg vom 27. September 2002 konnte man lesen: "Die Delegiertenversammlung verschweigt nicht, dass hinsichtlich des Kirchenverständnisses und der Lehrtraditionen zu Amt und Geist in etlichen Mitgliedskirchen erhebliche Bedenken bestehen." Bedeutet dieser Satz, dass es unter den ACK-Mitgliedern durchaus unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich der Bewertung der Sonderlehren der Neuapostolischen Kirche gibt?
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Dr. Ehmann: "Nicht im Ergebnis, aber wenn wir beispielsweise über das Problem Taufe und Versiegelung bei der NAK sprechen, dann kommt sofort auch die geistliche und die Amts-Auffassung hinzu. Dann sind wir auch sehr schnell bei Fragen, die einfach von den Traditionen der Mitgliedskirchen her ganz verschieden beantwortet werden. Katholisch gesprochen das Verhältnis von Taufe und Firmung, evangelisch: Taufe und Konfirmation, methodistisch: Taufe und Gemeindemitgliedschaft, baptistisch: Wassertaufe und Geisttaufe.
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Das ist ein großer Komplex und wir haben auch der NAK deutlich gesagt: Sie haben nicht einen ökumenischen Block vor sich, der dann nur sagt, das ist richtig und das ist falsch. Es gibt natürlich unterschiedliche Auffassungen, welche die ökumenische Arbeit befruchten und manchmal auch belasten. Es gibt etliche Fragen, bei denen wir aufgrund der Gespräche mit der NAK gemerkt haben, dass es auch Sinn machen kann, einzelne Fragen nochmal innerhalb der ACK selber anzusprechen."
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"Fragen und Antworten" veraltet?!
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NAKtuell.de: Es stellt sich die Frage, inwieweit die Neuapostolische Kirche gerade in Bezug auf das Geisteswirken anderen Konfessionen überhaupt etwas zugute lässt, vom Standpunkt ihrer traditionellen Kirchenlehre her gesehen. Das ist sicher eine Hauptfrage in der theologischen Auseinandersetzung?
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Dr. Ehmann: "Vollkommen richtig, Sie stricken das jetzt weiter zur Frage der Ekklesiologie, dem Alleinvertretungsanspruch bis hinein in die Frage 'Wer kommt ins Reich Gottes und wer nicht'. Da ist uns sehr schnell zugestanden worden, dass das alles schwierige Fragen sind, von denen die NAK selber weiß, dass sie einer Aufarbeitung bedürfen. Man hat uns gebeten, nicht unbedingt immer dieses kathechismusartige kleine rote Buch..[Gemeint ist: "Fragen und Antworten über den neuapostolischen Glauben", d.R.]
zur Hand zu nehmen. Genau dieses Buch soll nämlich überarbeitet werden."
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NAKtuell.de: Die gültige Ausgabe von "Fragen und Antworten" stammt aus dem Jahr 1992.
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Dr. Ehmann: "Das 1992er Buch ist sogar nur eine Wiederauflage. Wahrscheinlich ist es von der Substanz her noch erheblich älter. Man hat uns erkennen lassen, dass da doch irgendjemand irgendwann mal ordentlich drübergehen will. Das gute an diesen Gesprächen ist, dass man uns ja auch weiteres mitteilen wird. Wir haben ein Nachfolgegespräch vereinbart, wo dann eben auch die Reaktionen überprüft werden, nach dem Motto: Was hat sich bei euch getan, was hat sich bei uns getan?"
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Diakonisches Engagement bemängelt
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NAKtuell.de: In dem Kommunique steht unter Punkt 4, dass die NAK eine Überprüfung der so genannten "ACK-Klausel" wünscht. Was hat man sich darunter vorzustellen?
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Dr. Ehmann: "Die ACK-Klausel heißt, dass sich die Mitgliedskirchen bei der ACK erkundigen, wenn jemand angestellt werden soll und nicht der eigenen Konfession angehört, ob er in einer Kirche ist, die Mitglied der ACK in Baden-Württemberg ist. Es geht in den meisten Fällen um eine Anstellung von Pflegekräften oder Erziehern. Ein Beispiel: Ein katholischer Kindergarten braucht vier Erzieherinnen, hat drei gefunden, sucht eine vierte und hat eine phantastische Bewerbung, nur die Frau ist Baptistin. Was nun? Da zieht dann die ACK-Klausel, die besagt dass es Anstellungsmöglichkeiten gibt. Aber es ist klar: Für die NAK ist das ein schmerzhafter Punkt, weil das eben hier nicht gilt.
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Wir haben auch gefragt, wie es mit dem Diakonieverständnis der NAK aussieht. Es gibt etliche Spenden der NAK für Diakonie-Stationen. Aber es gibt so gut wie keine eigenen diakonischen Einrichtungen, mit wenigen Ausnahmen. Auch das haben wir in großer Offenheit besprochen. Das sind Dinge, über die man noch weiter reden muss. Die wichtigeren pastoralen Fragen waren eigentlich Taufzeugenamt und Patenschaft, aber da haben die Mitgliedskirchen der ACK selber auch ganz unterschiedliche Auffassungen."
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Gesprächsrunde in sich abgeschlossen
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NAKtuell.de: Der Ausgang der Gespräche scheint nach wie vor offen, oder zeichnet sich schon jetzt eine Tendenz ab?
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Dr. Ehmann: "Das ist eine Frage der Erwartungen. Wir haben mit dem Kommunique eine Runde von Gesprächen dokumentiert, die in sich abgeschlossen ist. Aufgrund dieser Gespräche hat die ACK mögliche Fragen nach Mitgliedschaft für die nächsten fünf Jahre suspendiert. Ich möchte mich da zeitlich nicht festlegen, das sage ich aus dem Bauch heraus. Wir haben das schöne Wort 'derzeit' benutzt, weil wir nicht per Beschluss jemandem unterstellen wollen, dass er sich niemals ändert. Sonst kämen wir auch als Menschen nicht zueinander.
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Es wird im Licht und Schatten des Kommuniques weitere Gespräche geben, allerdings in größerem zeitlichen Abstand. Bis zum nächsten Gespräch werden wir die Reaktionen in unserem Bereich überprüfen. Das Kommunique geht an den Bundesvorstand der ACK. Die einzelnen Landes- und Mitgliedskirchen werden das sicher auch zur Kenntnis nehmen und sich damit befassen. Da weiß ich auch nicht, ob jemand sagt: 'Ganz toll' oder 'Seid ihr denn nun völlig verrückt geworden' oder wie auch immer. Ich gehe davon aus, dass es längere Zeit dauert, bis weitere Reaktionen eingehen."
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NAKtuell.de: Für  Juni 2003 wurde ein Folgegespräch vereinbart. Warum ist eine derart lange Gesprächspause von einem Jahr vorgesehen? Hat die Neuapostolische Kirche eventuell um Zeit für eigene Entscheidungsprozesse gebeten?
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Dr. Ehmann: "Um Bedenkzeit wurde nicht gebeten. Wir haben gesagt: Es dauert lange, bis die Informationen verteilt sind und die Kirchen sich damit befassen. Sollten wir als ACK-Vorstand in Baden-Württemberg den Beschluß fassen, eine Erhebung bei den Mitgliedskirchen zu machen, geht nochmal beinahe ein halbes Jahr ins Land. Wir wollen uns lieber zuviel Zeit nehmen, als zu wenig oder vorschnell etwas zu machen. Auch hier heißt Offenheit: Wir setzen uns nicht zeitlich unter Druck. Ein Jahr ist allerdings ein guter Abstand, damit man sich nicht aus den Augen verliert."
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NAKtuell.de: Beide Institutionen, NAK und ACK, benötigen offenbar außergewöhnlich viel Zeit, um interne Abläufe abzuwarten und formale Fragen zu klären?
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Dr. Ehmann: "Dieser Punkt ist nicht umstritten. Das haben wir einvernehmlich beschlossen. Ich nehme an, dass die Kirchenleitung an vielen Ecken und Enden der NAK Berichte geben wird und ihrerseits Reaktionen abwartet. Da braucht es mehrere und vor allem auch unterschiedliche Reaktionen, die man selber gegebenenfalls dann noch einmal bewerten muss. Aber das ist Sache der NAK.
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Für Veränderungen in der Neuapostolischen Kirche wäre ein Jahr auch zu kurz.
Wir haben es im Grunde nur mit der NAK Süddeutschland zu tun. Ich weiß, dass die Gespräche auch Auswirkungen in den Norden hinein haben und auch in die Schweiz. Ich gehe davon aus, dass nichts läuft, was nicht auch beim Stammapostel bekannt wäre. Das Kommunique soll in den Gemeinden verlesen werden, wobei ich mir das kaum vorstellen kann. Wenn es tatsächlich zum Aushang kommt, kann sich dann ja wirklich jeder informieren."
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Stand: 25.10.2002
Das Gespräch führte: Christian Puffe, E-Mail: redaktion@naktuell.de
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Weitere Informationen:
NAK und ACK bleiben im Gespräch
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