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19.11.2003
Ökumenischer Rat erwartet Gesprächsbasis
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Die Neuapostolische Kirche hat einen weiteren Vorstoß in Richtung Ökumene unternommen. In Österreich stellte sie einen Antrag auf Beobachterstatus im Ökumenischen Rat der Kirchen des Landes. In diesem Gremium arbeiten derzeit 14 christliche Gemeinschaften als Vollmitglieder und weitere Organisationen, die als Beobachter zugelassen sind, zusammen. Die Beratungen im Ökumenischen Rat der Kirchen Österreichs (ÖRKÖ) sollen zum Ausdruck bringen, dass die christlichen Kirchen trotz aller konfessionellen Unterschiede und Kontroversen durch eine gemeinsame und tragfähige Basis miteinander verbunden sind, heißt es in der Eigendarstellung des ÖRKÖ.
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Im Frühjahr 2003 reichte die Neuapostolische Kirche einen schriftlichen Antrag auf Beobachterstatus ein. Diakon Walter Hessler, der Mediensprecher der Neuapostolischen Kirche in Österreich, wurde daraufhin zu einem informellen Treffen eingeladen. Der Vorstand des ÖRKÖ hatte Bischof Bernhard Heitz (Altkatholische Kirche) und Superintendent Helmut Nausner (Evangelisch-Methodistische Kirche) beauftragt, ein erstes Gespräch zu führen. Auf Anfrage von naktuell.de bezeichnete Diakon Hessler die Atmosphäre dieses Treffens als sehr offen. „Ich hatte den Eindruck, dass sehr viel gegenseitiger Respekt vorhanden ist. Von meiner Seite aus gesehen war das ein sehr positives Gespräch.“
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Bei einer anschließenden Besprechung im Vorstand des ÖRKÖ wurde dem Antrag nicht stattgegeben. Gemäß der Satzung der Kommission hätte ein entsprechender Beschluss einstimmig gefasst werden müssen. „In einem Brief, den wir erhalten haben, schrieb man uns: Die Neuapostolische Kirche ist noch sehr weit entfernt von der Ökumene und im Augenblick könne keine Zustimmung für einen Beobachterstatus gegeben werden“, sagte der für die Gebietskirche Österreich zuständige Apostel Rudolf Kainz gegenüber naktuell.de. Der Vorstand des Ökumenischen Rates bat die Kirchenleitung zuerst einen Diskurs zu beginnen, anstatt gleich zu Beginn den Schritt einer Antragstellung zu gehen. Als Zurückweisung sei dieses Schreiben nicht zu sehen, meint Diakon Hessler. „Eine Absage im Sinne der Ökumene wäre es, wenn man sagen würde: ‚Nein, wir wollen mit euch nichts zu tun haben.‘ Das ist nicht erfolgt. Es wurde ganz klar ausgesprochen, dass die Neuapostolische Kirche das Gespräch suchen möge. Ich denke das ist eine sehr gute Lösung. Das ist auch eine Ermunterung. Vertrauen muss man durch Gespräche erringen und unter Beweis stellen. Das ist jetzt unsere Aufgabe.“ Die Antragstellung sei ein notwendiger Schritt gewesen, um den anderen christlichen Gemeinschaften zu zeigen, dass es die Neuapostolische Kirche mit ihren Anstrengungen hin zu einer ökumenischen Öffnung ernst meine.
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„Ein neues Erkennen des Gegenübers“
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Auf Anfrage von naktuell.de gab der Mediensprecher der Neuapostolischen Kirche in Österreich weitere Auskunft über den Stand der ökumenischen Bemühungen in Österreich.
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Über das informelle Gespräch mit den beiden Vertretern des Ökumenischen Rates sagte er: „Beide Seiten sehen natürlich auch die Probleme. Das ist genau das, was man in Deutschland und überall dort sieht, wo es zu Gesprächen zwischen der Neuapostolischen Kirche und anderen Kirchen kommt. Dazu muss man natürlich bedenken, dass auch die anderen Kirchen einen sehr langen Prozess hinter sich haben. Ich denke so etwas braucht seine Zeit, um ein Umdenken – ein neues Erkennen des Gegenübers – in den anderen christlichen Kirchen als auch bei uns zu ermöglichen. Das muss ja auch ein Prozess sein, den jeder neuapostolische Christ mitvollziehen kann und der ihm die Sicherheit gibt, dass hier nicht sein Glaube verloren geht. (...) Da muss noch viel passieren. Ich denke, dass auch bei manchen Sektenreferenten ein Umdenkprozess stattfindet. Auch von Seiten anderer Kirchen ist man bemüht, uns nicht nur einfach einen negativen Stempel aufzuprägen, sondern offen zu sein. Wenn vor einiger Zeit noch in verschiedenen Referaten die Neuapostolische Kirche als Sekte oder bedenkliche Gruppe eingestuft wurde, muss man schon verstehen, dass nicht von einen Tag auf den anderen gesagt werden kann, heute sei alles anders. Es liegt an uns, an den neuapostolischen Christen,
unter Beweis zu stellen, dass dem nicht so ist und wir nicht als irgendeine komische Sondergruppe auftreten.“
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Gemeinsames Vorgehen koordinieren
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In Bezug auf Koordination und Vernetzung sei das Vorgehen der ökumenischen Verbände ein gutes Vorbild für die Arbeit in der eigenen Gemeinschaft. Es sei wichtig, dass die NAK in Österreich, Deutschland und der Schweiz mit einer einheitlichen Stimme spreche, betonte Walter Hessler gegenüber naktuell.de. „Die ökumenischen Gremien sind untereinander sehr eng vernetzt. Ich finde das sehr positiv. Das zeigt auch uns vermehrt, wie wichtig die Vernetzung ist. Es geht nicht, dass Ökumene in Österreich anders aussieht als in Deutschland oder der Schweiz – genauso wie es nur einen neuapostolischen Glauben geben kann. Ich bin froh darüber, dass hier diese Vernetzung zwischen den Ländern stattfindet. Natürlich werden auch wir uns bemühen, ein gemeinsames Vorgehen zu koordinieren. Das ist auch für die anderen christlichen Kirchen etwas ganz wichtiges. Sie sollen den neuapostolischen Glauben einheitlich erleben – also nicht hier etwas anderes wie dort, denn das wäre sehr kontraproduktiv und würde auch unserem Verständnis nicht entsprechen.“
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„Auf gleicher Basis miteinander umgehen“
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Ziel der ökumenischen Bestrebungen der Neuapostolischen Kirche in Österreich sei es, mit den Mitchristen in Kontakt zu treten. Grundlegend für diese Bemühungen seien die Aussagen von Stammapostel Richard Fehr. Dieser habe dazu aufgerufen, offen auf andere Christen zuzugehen.
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Walter Hessler: „Wir werden das Gespräch mit den anderen christlichen Gemeinschaften suchen und führen. Wir wurden eingeladen, im Rahmen der ökumenischen Zusammenarbeit in einer Diozöse hier auch mitzuwirken. Diese Dinge beginnen jetzt. Ich möchte diesen Prozess ganz pragmatisch sehen. Man sagt: Redet mit uns! Ich denke auf lange Sicht ist das der einzig richtige Weg. Wir sind von unserer Seite sehr darum bemüht, eine Gesprächsgrundlage zu schaffen. Es geht nicht darum, etwas übers Knie zu brechen, sondern mit Vorsicht und Bedacht eine Vertrauensbasis aufzubauen. Das ist zunächst eine Aufgabe der Kirchenleitung und des Apostels.“
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Wo könne man das besser umsetzen als in einem Gremium,
das sich den offenen Umgang selbst zum Ziel gesetzt habe, so
die Einschätzung des Mediensprechers der NAK Österreich.
Weiter führte er aus: „Im Ökumenischen Rat der Kirchen sind christliche Gemeinschaften vereint. Die Neuapostolische Kirche ist eine christliche Gemeinschaft und daher ist es eine logische Konsequenz, dass wir hier auf gleicher Basis miteinander umgehen möchten, von Christ zu Christ. Es kann keine guten und schlechten Christen geben. Gemeinsam definieren wir unser Glaubensleben in der Nachfolge Christi. Das bedeutet nicht, dass alle das im gleichen Maßstab sehen. Als neuapostolischer Christ definiere ich meine Nachfolge Jesu im Rahmen meines neuapostolischen Glaubens. Das ist für mich der richtige Weg. Ich kann und will aber nicht meinem evangelischen oder katholischen Mitchristen vorschreiben, welchen Weg er zu gehen hat. Jeder muss entscheiden, was für ihn richtig ist. Das Grundmotto der heutigen Ökumene ist ja auch die ‚versöhnte Verschiedenheit‘. Ich denke das sagt schon sehr viel aus.“
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„Vorurteile bei uns und anderen abbauen“
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Auf die Gegenfrage, ob das Thema Ökumene für den ganz normalen neuapostolischen Christen in Österreich gegenwärtig überhaupt von Bedeutung sei, antwortete Walter Hessler:
„Die neuapostolischen Christen müssen ja in ihrem Umfeld
auch Ökumene leben. Sie sind umgeben von anderen Christen. Das ist eine Ökumene des Alltags, die uns vielleicht nicht bewusst ist. Die Ökumene ist ein Prozess, der erst bewusst gemacht werden muss. Es ist noch nicht so lange her, dass hier die Neuapostolische Kirche International aktiv wurde. (...) Genauso wie wir nach außen wirken möchten, müssen wir aber auch nach innen wirken. Es wäre absolut verfehlt, würde die Kirchenleitung hier auf Amtsebene einen Weg vorbereiten und die einzelnen Gläubigen im Unklaren lassen. Das tut sie nicht.
Es muss also nach innen genausoviel Information gegeben und Vertrauen aufgebaut werden.“
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Primär gelte es, die bestehenden Vorbehalte gegenüber ökumenischen Kontakten abzubauen. „Jedem neuapostolischen Christen muss bewusst sein, dass nicht der Glaube aufgegeben werden muss. Der eigene Glaube wird in diesem Prozess ganz klar aufgezeigt und bewusst gemacht. Dem orthodoxen Christen wird ja auch klar: Wenn seine Kirchenleitung im ökumenischen Prozess mitarbeitet hat das nicht zur Folge, dass er morgen dem Vatikan in Rom unterstellt ist. Das muss in unserer Kirche erst noch bewusst gemacht werden. Auch innerhalb der Ökumene gibt es ein Bewusstsein, dass noch viele Vorurteile ausgeräumt werden müssen. Genau hier müssen wir beginnen. Wir müssen mit Vorurteilen bei uns selbst aufräumen und wir müssen den anderen helfen, Vorurteile uns gegenüber abzubauen, indem wir Vertrauen schaffen.“
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„Den eigenen Glauben überzeugt leben“
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Vermehrte Begegnungen mit anderen Christen im Rahmen der Ökumene könnten letztendlich sogar dazu führen, dass die Glaubenssicherheit bei den einzelnen neuapostolischen Christen zunimmt. Walter Hessler: „Wenn wir uns unseres Glaubens in unserem Leben voll bewusst sind, müssen wir weder Angst haben vor einem Zugehen auf andere Christen, noch müssen wir Ressentiments haben. Es wäre schlimm, wenn ich mich deshalb nicht mit der Ökumene auseinandersetzen würde, weil ich Angst hätte, ich könnte vielleicht von meinem Glauben abfallen. Mein Glaube ist dann für mich erfüllend, wenn er sich wirklich aus sich heraus trägt, wenn ich durchaus durch jeden Zweifel hindurchgegangen bin. Dann kann ich meinen Glauben ganz bewusst leben und mich auch mit anderen auseinandersetzen, ohne unsicher zu werden. Überzeugung heißt für mich nicht präpotentes Überheblichsein: ‚Ich hab das Heil und du hast es nicht!‘ Das wäre das falsche Signal im ökumenischen Prozess. Ich muss durchaus bereit sein, andere Wege zu respektieren. Ich muss nicht mit missionarischem Übereifer jeden zum neuapostolischen Glauben bekehren. Es geht nicht darum, andere zu überreden oder zu vereinnahmen, sondern den eigenen Glauben überzeugt zu leben.“
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Christian Puffe, 19.11.2003
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Bild zum Thema
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Hintergrund
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(Stand: 04.07.2002)
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Link zum Thema:
Eigendarstellung
auf den Internetseiten
des Ökumenischen Rates
der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ)
kirchen.at
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