08.02.2005 |
„Weg in die Freiheit“ währt
seit 50 Jahren |
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Mit einem Festgottesdienst, der unter dem Motto „Zur Freiheit berufen“
stand, hat die Apostolische Gemeinschaft am Sonntag, 23. Januar 2005, in
einer Halle auf dem Gelände der Messe Niederrhein in Rheinberg bei
Duisburg ihr fünfzigjähriges Bestehen gefeiert. Laut einem auf
der Internetseite der Apostolischen Gemeinschaft veröffentlichten
Bericht nahmen rund 1.500 Geschwister aus den rheinländischen Bezirken
sowie interessierte Gäste aus nah und fern an dem Jubiläumsgottesdienst
teil. Auch aus Ostdeutschland waren etliche Geschwister und Brüder
angereist. |
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Mutig für die Wahrheit Christi eingestanden |
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Zur Einstimmung trug der Gospelchor aus Köln einen Lobpreis mit
englischen Spirituals vor. Anschließend folgte eine kurze andächtige
Stille. Apostel Wilfried Baron aus Düsseldorf eröffnete den Gottesdienst
mit einem Textwort aus dem Hebräerbrief. Während seiner Predigt
erinnerte er daran, dass die leitenden Männer des Rheinlandes in den
fünfziger Jahren großen Mut bewiesen hätten, für die
Wahrheit Christi einzustehen. Dafür hätten sie auch Opfer gebracht.
Bei allem persönlichen, glaubensmäßigem und familiären
Leid, die die Trennung von der Neuapostolischen Kirche mit sich gebracht
habe, sei dieser Weg jedoch richtig gewesen. Die schon mit der Trennung
eingeleiteten Reformationen seien heute noch nicht abgeschlossen, sagte
Apostel Baron. |
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An dem Gottesdienst nahmen auch alle amtierenden europäischen
Apostel der Vereinigung Apostolischer Gemeinden (VAG), alle im Ruhestand
befindlichen Apostel, der Vorstand sowie etliche pensionierte Bischöfe
und Älteste teil. Stellvertretend für die Zeitzeugen sprachen
der Düsseldorfer Bischof i.R. Herbert Kloß (1955 Ältester
im Bezirk Essen) und Apostel i.R. Rudolf Gaßmeyer (1955 Vorsteher
der Gemeinde Kamp-Lintfort). Beide gingen weniger auf die geschichtlichen
Ereignisse ein, die als bekannt voraus gesetzt wurden, vielmehr betonten
sie, dass apostolische Christen wahrhaft zur Freiheit im Glauben herangereift
seien. |
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„NAK möge Fähigkeit zur Reform finden“ |
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Apostel Walter Baltisberger übermittelte Grüße der
Vereinigung Apostolischer Christen (VAC) aus der Schweiz, die bereits im
vergangenen Jahr ihr fünfzigjähriges Jubiläum feiern konnte
(siehe naktuell.de
Artikel vom 13.06.2004). In Anlehnung an Aussagen von Dr. Johannes Albrecht
Schröter, der aus Anlass der Jubiläumsfeiern in der Schweiz am
Samstag, 16. Oktober 2004, in Trimbach (Kanton Solothurn) einen Vortrag
gehalten (siehe naktuell.de
Artikel vom 21.10.2004) und am darauffolgenden Sonntag in der apostolischen
Kirche in Zofingen gepredigt hatte, äußerte Apostel Baltisberger
in einem Gebet den Wunsch, dass besonders die Neuapostolische Kirche die
Fähigkeit und Möglichkeit zur Reform und zur Aufgabe ihrer Exklusivität
finden möge. |
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Apostel Matthias Knauth aus Duisburg, der für den Arbeitsbereich
Norddeutschland zuständig ist, feierte das Abendmahl und hob in seinen
vorangehenden Worten insbesondere das gewachsene ökumenische Miteinander
der Apostolischen Gemeinschaft mit anderen Christen hervor. Danach überbrachte
der für die ostdeutschen Gemeinden zuständige Apostel Frank Volkmer
die Grüße und Glückwünsche der dortigen Geschwister,
die schon auf eine 84-jährige Tradition außerhalb der NAK zurückblicken
können. Zur Erinnerung an das Jubiläum überreichte Apostel
Volkmer ein geschnitztes Wandbild. Apostel i.R. Ernst Lenser aus Duisburg
sprach das Schlußgebet. |
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Zwischen allen Rede- und Predigtbeiträgen sangen verschiedene
Chöre moderne, aber auch traditionelle Lieder. Die Gemeinde sang aus
einem Textblatt Lieder aus dem neuen apostolischen Gesangbuch „Singt dem
Herrn“, dessen Chorausgabe mit großer Verspätung am Freitag
vor dem Jubiläumsgottesdienst noch ausgeliefert worden war. Im Anschluss
an den Gottesdienst gab es die Möglichkeit zu einem kleinen Imbiss
im Foyer der Messehalle, wo vor der Abreise auch noch viele Gespräche
stattfanden, berichtet die Apostolische Gemeinschaft abschließend. |
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„Weiterhin getreu für Jesus wirken“ |
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Zur Entstehungsgeschichte der Apostolischen Gemeinschaft: Wegen ihres
Widerspruchs gegen die zum verbindlichen Dogma erhobene „Botschaft“ des
Stammapostels Johann Gottfried Bischoff, der Herr Jesus werde zu seinen
Lebzeiten wiederkommen, waren auf den Tag genau vor 50 Jahren während
einer kurzfristig einberufenen Apostelversammlung in Frankfurt am Main
der für das Rheinland zuständige Bezirksapostel Peter Kuhlen
sowie die ihn unterstützenden Apostel Siegfried Dehmel und Ernst Dunkmann
ihrer Ämter enthoben und aus der Neuapostolischen Kirche ausgeschlossen
worden. Die Bischöfe und Bezirksältesten des Apostelbezirks Düsseldorf
wurden vom Amt suspendiert. |
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Einen Tag nach der Apostelversammlung trafen am 24. Januar 1955 die
drei Apostel Kuhlen, Dehmel und Dunkmann mit den sie unterstützenden
Bischöfen und Bezirksältesten zusammen. Bei diesem Treffen wurde
beschlossen, „weiterhin getreu ihrem Sendungsauftrag für Jesus und
die Seinen zu wirken“. Der neu gegründeten Apostolischen Gemeinde
(später: Apostolische Gemeinschaft) mit Sitz in Düsseldorf schlossen
sich mehr als 20.000 Gläubige an. |
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Damit war es zu der bisher größten Abspaltung innerhalb
der Geschichte der Neuapostolischen Kirche im deutschsprachigen Raum gekommen.
Die Apostolische Gemeinde und ihre führenden Amtsträger nahmen
rasch Kontakt mit anderen apostolischen Gruppen auf. Eine wichtige Rolle
kam dem 1921 in Ostdeutschland entstandenen Reformiert-Apostolischen Gemeindebund
und seinen Aposteln zu. Am 24. Juli 1956 konnte in Düsseldorf die
„Vereinigung der Apostel der Apostolischen Gemeinden“ gegründet werden,
später dann die „Vereinigung der Apostolischen Gemeinden“ (VAG). Zu
diesem Dachverband gehören heute neben der Apostolischen Gemeinschaft
(zu der seit 1994 auch die Gemeinden des vor allem in Sachsen und Thüringen
verbreiteten Reformiert- |
Apostolischen Gemeindebundes zählen) weitere selbstständige
apostolische Gemeinschaften und Gruppen wie die „Vereinigung apostolischer
Christen“ in der Schweiz, die Gemeinden der „Union des Chrétiens
Apostoliques“ in Frankreich, die niederländische „Gemente van Apostolische
Christenen“, die australische „Apostolic Church of Queensland“ sowie weitere
apostolische Gemeinden in Österreich, Tschechien, Brasilien, Indien,
auf den Philippinen, in Südafrika und den USA. |
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„Einsichten bleiben eine Herausforderung“ |
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Der Hallenser Theologieprofessor und Konfessionskundler Helmut Obst
fasst in seinem Buch „Apostel und Propheten der Neuzeit – Gründer
christlicher Religionsgemeinschaften des 19. und 20. Jahrhunderts“ die
Geschehnisse des Jahres 1955 wie folgt zusammen: „Eine neue apostolische
Gruppierung war entstanden. Ihr war das Stammapostelamt mit seinem Anspruch
in einer konkreten Lehrfrage, die damals bereits als offensichtliche Verirrung
zu erkennen war und sich sehr bald auch als solche erwies, zum Stein des
Anstoßes geworden. Sie erkannte den unbiblischen Geist dieses Amtes,
lehnte einen neuapostolischen Papst ab und fand infolgedessen auch in anderen
Lehrfragen wieder stärker zu den Prinzipien der christlichen Freiheit
und Toleranz zurück. Der große Erfolg blieb ihr, entgegen allen
Erwartungen, dennoch versagt.“ |
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Weiterhin schreibt Professor Obst: „Als Stammapostel Johann Gottfried
Bischoff am 6. Juli 1960 starb und sich seine Botschaft als menschliche
Täuschung und geistliche Anmaßung erwies, fanden nur einige
neuapostolische Christen zur Apostolischen Gemeinschaft. Die geschichtliche
Entwicklung |
hat jedoch die Position Peter Kuhlens und seiner Anhänger glänzend
bestätigt. Die Erkenntnisse und Einsichten Peter Kuhlens und seiner
Freunde bleiben bis heute eine geistliche Herausforderung des stammapostolischen
Systems.“ |
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Nach Einschätzung von Dr. Andreas Fincke von der Evangelischen
Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) in Berlin wurde Peter
Kuhlen „zum Symbol für eine der schwersten und gewiß auch menschlich
problematischsten Krisen der NAK nach dem Zweiten Weltkrieg“. |
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„Ohne einen Hauch von Exklusivität“ |
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Die Apostolische Gemeinschaft, die in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten
ihr Kirchen- und Sakramentsverständnis reformiert hat, und in der
an Neujahr 2005 zum zweiten Mal drei Frauen zu Diakoninnen ordiniert worden
sind, kennt bis heute das Apostelamt. Dieses wird jedoch nur als „leitendes
kirchliches Lehramt“ verstanden und begründet keinen besonderen Exklusivitätsanspruch.
Das Amt des Stammapostels kennen die apostolischen Gemeinden nicht. Von
Anfang an erlangte die Heilige Schrift wieder zunehmende Bedeutung für
Lehre und Leben der Gemeinde. |
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Die Apostolische Gemeinschaft versteht sich heute als Teil der Christenheit
„ohne irgendeinen Hauch von Exklusivität“. Nach dem Motto „Großes
wird groß, Kleines wird klein“ sieht die Gemeinschaft „allein in
Jesus Christus das Heil und den persönlichen Glauben des Einzelnen
als den ‚Weg’ dazu, dieses Heil in Anspruch zu nehmen“. Kirchliches Amt
und Sakrament haben nach dem Verständnis der Apostolischen Gemeinschaft
so zu ihrer eigentlichen Bedeutung zurückgefunden. Gaben und Dienste
die Gott seiner Gemeinde geschenkt hat sowie die Feier der Sakramente versteht
man als eine besondere Form der Evangeliumsverkündigung. Was die Predigt
im Wort verkünde, werde durch die Sakramente im Bild verkündigt. |
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Seit 1994 ist der Düsseldorfer Bezirk Mitglied der regionalen
Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK). Erst im vergangenen Jahr
gelang der Apostolischen Gemeinschaft, die |
in Deutschland etwa 8.000 Mitglieder hat, ein bedeutender Schritt hin
zur ökumenischen Anerkennung. Die Gemeinschaft wurde als Gastmitglied
in die ACK Nordrhein-Westfalen aufgenommen. |
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„Allen Grund zum Danken, Loben und Preisen“ |
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In einer Einladung für den Jubiläumsgottesdienst hieß
es auf der Internetseite der Apostolischen Gemeinschaft: „Gott hat uns
auf einen Weg geführt, den wir heute nur als einen Weg in die Freiheit
beschreiben können. Gott hat uns gesegnet und zu einer Gemeinschaft
werden lassen, die ihren Platz in der Christenheit neu gefunden hat.“ Dass
die Gemeinde leben könne, auch und gerade in schwierigen Zeiten, verdanke
man „der gnädigen Führung unseres Gottes“. Man habe daher „allen
Grund zum Danken, zum Loben und Preisen“. |
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Der Gottesdienst am 23. Januar 2005 war nun Auftakt für ein Jubiläumsjahr.
Auch an anderen Orten will man in diesem Jahr den Herrn noch „mit vielen
Stimmen preisen“. Die verschiedenen Festveranstaltungen sollen auch genutzt
werden, um Zukunftsvisionen darzustellen. Dabei wollen sich die apostolischen
Gemeinden an den Luther-Worten „Soli deo gloria – Gott allein die Ehre!“,
an dem Gebet Jesu „Sie alle sollen eins sein, genauso wie du, Vater, mit
mir eins bist!“ (Johannes 17, 21) sowie an der Aussage Dietrich Bonhoeffers
„Kirche ist nur Kirche, wenn sie für andere da ist!“ orientieren. |
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