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Heute ist  .
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22.02.2004
Ökumene nach päpstlichem Geschmack
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Stammapostel Richard Fehr kann sich offenbar für eine Ökumene-Position nach römisch-katholischem Vorbild begeistern. In einem Interview, das am Rande des Jugendtages 2003 in Oberhausen für einen Videofilm aufgezeichnet wurde, sagte er, das Fernziel der Neuapostolischen Kirche sei nicht unbedingt eine Mitgliedschaft in der Ökumene, sondern eine Position, wie sie die katholische Kirche inne habe. Laut einer erst jetzt auf der Internetseite von Jugend Online veröffentlichten Zusammenfassung des Interviews sagte der Stammapostel,
auch die katholische Kirche sei nicht Mitglied in der Ökumene, sondern habe einen Beobachterstatus. Dies trifft im Fall des internationalen Dachverbands (Ökumenischer Rat der Kirchen, ÖRK) mit Sitz in Genf zu. Allerdings ist die katholische Kirche Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK).
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In den vergangenen zwei Jahren ist die NAK, die derzeit weder in ökumenischen Verbänden oder anderen Zusammenschlüssen eingebunden ist, bereits zwei Mal mit Vorstößen gescheitert, Mitglied in einer ökumenischen Organisation zu werden. Ende Mai 2002 lehnte der Vorstand des dänischen Freikirchenrates die von der zuständigen Gebietskirche Hamburg beantragte Mitgliedschaft ab (siehe naktuell.de Artikel vom 04.07.2002). Und im Frühjahr vergangenen Jahres wurde auch der NAK in Österreich der angestrebte Beobachterstatus im Ökumenischen Rat der Kirchen des Landes verwehrt (siehe naktuell.de Artikel vom 19.11.2003). In einem Brief des Vorstands des ÖRKÖ hieß es, weil die Neuapostolische Kirche noch sehr weit von der Ökumene entfernt sei, könne im Augenblick keine Zustimmung für einen Beobachterstatus gegeben werden. Der Vorstand des ÖRKÖ bat die Kirchenleitung, zunächst einen Diskurs über das Thema Ökumene zu beginnen.
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„Unkonventionelle Begegnungen“
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In dem Gespräch mit vier ausgewählten Jugendlichen und einem Jugendleiter aus Nordrhein-Westfalen bezeichnete es der Stammapostel als erfreulich, dass auf lokaler Ebene „recht unkonventionelle Begegnungen mit Christen verschiedener Religionsgemeinschaften“, etwa bei musikalischen Veranstaltungen oder zu anderen Gelegenheiten, stattfinden. Nach seiner Einschätzung nehmen die großen Kirchen gegenüber der NAK allerdings eine zurückhaltende Position ein. Einerseits würden ökumenische Offenheit und Gesprächs-
bereitschaft eingefordert, andererseits reagiere man ablehnend. Die NAK habe auch schon beim ÖRK in Genf vorgesprochen, erklärte der Stammapostel. Außerdem bekräftigte er seine Haltung, dass die NAK ihr „Profil“ nicht aufgeben werde. Dazu gehöre seiner Meinung nach das Stammapostel- und das Apostelamt sowie die Heilige Versiegelung. Zusammenfassend sagte Richard Fehr, die Neuapostolische Kirche habe in Sachen Ökumene noch einen langen Weg vor sich. Es brauche Zeit,
den angestrebten Beobachterstatuts in ökumenischen Gremien zu erreichen. Wörtlich sagte er: „That´s a long way!“
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Nach der Veröffentlichung einer kommunikations-
wissenschaftlichen Studie von Jens Zimmer über den Umgang der Öffentlichkeitsbeauftragten der Gebietskirche Nordrhein-
Westfalen mit dem Thema Ökumene schrieb Dr. Andreas Fincke im Dezember vergangenen Jahres im „Materialdienst“ der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW): „Die Umfrage zeigt einerseits, dass die Öffentlichkeitsarbeit der NAK verbesserungsfähig ist. Sie zeigt aber auch, dass divergierende Kräfte das Thema Ökumene begleiten. Es wäre ein Trugschluss, jetzt nur die Öffentlichkeitsarbeit verbessern zu wollen. Was fehlt ist eine breitere theologische Arbeit und Reflexion über das neuapostolische Selbstverständnis und über die Möglichkeiten und Grenzen ökumenischer Begegnungen aus Sicht der NAK.“ 
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Orientierung am katholischen Modell
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In einer Sondernummer der „Leitgedanken“ (Nr. 04/2001)
gab die Kirchenleitung den Amtsträgern der Neuapostolischen Kirche einen kirchengeschichtlichen Abriss zur Entwicklung
des Begriffs „Ökumene“ an die Hand. Demnach berief Kaiser Konstantin im Jahr 325 nach Christus das Konzil von Nizäa ein, „um den Leib der ganzen Ökumene zu heilen.“ Der Herrschaft des Kaisers sollte „die eine katholische [allgemeine] Kirche in der Ökumene“ entsprechen. Die in der Reformationszeit im 16. und 17. Jahrhundert mit der Ökumene verbundene Hoffnung, eine universale Christenheit zu erreichen, habe sich nicht erfüllt. Die Erweckungsbewegung des 19. Jahrhunderts hätte jedoch erneut den Prozess der Wiederannäherung gefördert, allerdings ohne offizielle Beteiligung der römisch-katholischen Kirche.
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Seit dieser Zeit sei die Ökumene verstärkt durch den Protestantismus geprägt. Bei der Gründung der Evangelischen Allianz im Jahr 1846 habe die Bewegung einen „ökumenischen Zusammenschluss der wahren Gläubigen über alle konfessionellen und nationalen Grenzen hinweg“ als Zielsetzung ins Auge gefasst. Es sei sehr interessant festzustellen, so führt die Redaktion der „Leitgedanken“ weiter aus, dass parallele Gedankengänge auch in der katholisch-apostolischen Kirche zu finden waren. Zitat: „Erinnert sei an das Testimonium der englischen Apostel aus dem Jahr 1838, das als Empfängerkreis nannte: Den Patriarchen, Erzbischöfen, Bischöfen und andern Vorstehern in der Kirche Christi in allen Landen, den Kaisern, Königen, Fürsten und andern Regenten der Nationen der Getauften. Darin wird unter anderem die Idee entwickelt, dass alle christlichen Kirchen unter Leitung der Apostel gesammelt werden sollen.[01]
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1948 kam es schließlich zur Konstituierung des ÖRK. Als Selbstverständnis sei formuliert worden: „Der Ökumenische
Rat der Kirchen ist eine Gemeinschaft von Kirchen, die unseren Herrn Jesus Christus als Gott und Heiland anerkennen.“
Die römisch-katholische Kirche habe sich aber erst seit 1961
an der ökumenischen Bewegung beteiligt. Bis heute sei sie nicht Mitglied im ÖRK, sondern habe nur einen Beobachterstatus inne. Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–1965)
sei eine gewisse Öffnung im Verhältnis zu anderen Kirchen und Gemeinschaften eingeleitet worden. Seither gestehe der Papst den protestantischen Kirchen zu, dass auch in ihnen durch das gemeinsame Sakrament der Taufe „vielfältige Elemente der Heiligung und der Wahrheit“ zu finden seien. Die Vermittlung völligen Heils fände sich nach Meinung des Vatikans jedoch nur in der römisch-katholischen Kirche. Dies sei im August 2000 erneut durch die von der „Kongregation für die Glaubenslehre“ veröffentlichte Erklärung „Dominus Iesus“ bekräftigt worden.
).
Abschließend stellen die „Leitgedanken“ fest: „Es ist nicht zu verkennen, dass unter Ökumene zeitweise das Bemühen
um Schaffung einer einzigen weltweiten christlichen Kirche unter einer einheitlichen Führung verstanden wurde. Heute geht man nicht mehr von einer solcher Form der Einheit aus, sondern von einer Gemeinschaft der christlichen Kirchen, in der die einzelnen Mitgliedskirchen auf der Basis des Selbstverständnisses des ÖRK ihre Mitglieder ermutigen, gemeinsam dem Evangelium zu folgen und es weiter zu tragen sowie das Verständnis und die Gemeinschaft zwischen den christlichen Kirchen und Gruppierungen zu vertiefen, unter Wahrung der Identität der jeweiligen Kirche.[01]
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Konzentrische Kreise
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Nachdem der Stammapostel eine gewisse Sympathie für die Ökumene-Strategie der römisch-katholischen Kirche geäußert hat (Richard Fehr sagte: „Unser Fernziel, mein Fernziel, ist nicht unbedingt eine Mitgliedschaft in der Ökumene, sondern eine Position, wie sie die katholische Kirche inne hat“) und diese Aussage jetzt öffentlich gemacht wurde [02], bleibt die Frage, welche Vorstellungen der katholischen Position zu den anderen Kirchen der Ökumene zu Grunde liegen.
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Bei einer Vortragsveranstaltung im Oktober 2002 umschrieb der evangelische Konfessionskundler Dr. Walter Schöpsdau die katholischen und evangelisch/protestantischen Sichtweisen. Die katholische Auffassung entspreche dem Modell konzentrischer Kreise (in der Mitte die römisch-katholische Kirche, dann die Orthodoxen und Anglikaner als nächster Kreis, dann die protestantischen Kirchen, gefolgt von den Freikirchen etc.), erläuterte der Referent. Zielvorstellung der katholischen Sicht sei, vereinfacht ausgedrückt, die christlichen Kernvorstellungen der katholischen Kirche auf die anderen Kreise auszudehnen. Die evangelische Sicht könne man hingegen mit einem kopernikanischen Modell vergleichen: Christus als die Sonne im Zentrum, um den die verschiedenen Planeten kreisen.
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Lesen Sie weiter:
Ökumene: Hindernisse und Perspektiven
Vortrag mit interessanten Aspekten für ökumenische Kontakte neuapostolischer Christen (naktuell.de Artikel, 15.11.2002)
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Jens Joachim, Christian Puffe, 22.02.2004
Artikel im Forum kommentieren
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[01] – Leitgedanken zum Gottesdienst, Monatsschrift für die Amtsträger der Neuapostolischen Kirche, Sondernummer 04/2001, Bischoff Verlag
[02] – Zusammenfassung eines Interviews mit Stammapostel Richard Fehr,
zuerst veröffentlicht am 16.02.2004. Quelle: nak.de/news/interview/...
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Bild zum Thema
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Dreharbeiten zum
NRW-Jugendtagsvideo
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Hintergrund
Jugendliche im Gespräch
mit Stammapostel Fehr
und Bezirksapostel Leber,
erster Teil, veröffentlicht
auf der Internetseite der NAK Nordrhein-Westfalen (Stand: 16.02.2004)
jugend-online.info/...
„NAK und ACK bleiben
im Gespräch“ – Bericht
über das gemeinsame Kommuniqué der Arbeits-
gemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) und der
NAK Süddeutschland
naktuell.de/archiv/...
„Lieber zuviel als zu wenig Zeit nehmen“ – Interview
mit Dr. Johannes Ehmann, Geschäftsführer der ACK
in Baden-Württemberg (Stand: 25.10.2002)
naktuell.de/archiv/...
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